Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

Agrargeschichte

1. (Disziplin) Die Agrargeschichte befasst sich als Teilbereich der Geschichtswissenschaften mit der historischen Entwicklung der Landwirtschaft und des Agrarraums. Sie zeigt die geschichtlichen Zusammenhänge auf, die zu den gegenwärtigen Agrarstrukturen und Ausprägungen der Agrarlandschaft geführt haben.

Über enge Verflechtungen mit der allgemeinen Wirtschafts- und Sozialgeschichte, den Agrarwissenschaften sowie der Umwelt-, Politik- und Kulturgeschichte fragt die Agrargeschichte nach den wirtschaftlichen Aktivitäten im Agrarbereich, nach Formen der Produktion, der Entwicklung der Agrartechnik, des Austausches und des Konsums, sowie nach den sozialen Strukturen und Prozessen im ländlichen Raum. Als rechtlicher Aspekt tritt die Beschäftigung mit der Agrarverfassung hinzu. Die Beschäftigung mit der Genese von Flur- und ländlichen Siedlungsformen schafft Berührungspunkte zur Siedlungsgeographie. Nachbarfächer sind Archäologie, Geographie, Ökonomie (Agrarökonomie), Soziologie (Agrarsoziologie) und Ethnologie bzw. Volkskunde. Darüber hinaus versucht die agrargeschichtliche Forschung ökologische, ökonomische, politische, soziale und kulturelle Aspekte der Geschichte ländlicher Gesellschaften darzustellen.

2. (Überblick) Die Agrarwirtschaft gilt als älteste Wurzel der Kulturentwicklung, das lateinische Wort "cultura" hatte ursprünglich die Bedeutung von Anbau und Bodenpflege. Die Geschichte der Landwirtschaft ist eng verflochten mit der allgemeinen Wirtschafts- und Sozialgeschichte, deren Kenntnis zum Verständnis der heutigen agrargeographischen Strukturen und Funktionen notwendig ist.

Die ältesten Wirtschaftsstufen der Wildbeuter, Sammler, Jäger und Fischer umfassen zwar den größten Teil der Menschheitsgeschichte, sie haben aber den Naturraum noch nicht zum Agrarraum umgestaltet. Auf diesen ersten Stufen benötigte jeder Mensch eine Fläche von etwa 20 km², um ausreichend Nahrungsmittel zum Überleben zu beschaffen.

Der entscheidende Übergang von der aneignenden zur produzierenden Landwirtschaft mit Anbau (Züchtung der noch heute wichtigsten Kulturpflanzen) und Nutztierhaltung (Domestizierung von Schaf, Schwein und Rind), die das Seßhaftwerden ermöglichte, erfolgte vermutlich erst nach dem Ende der Würmkaltzeit. Die landwirtschaftliche Weiterentwicklung mit einer bescheidenen Überschussproduktion verschaffte einem Teil der Menschen genügend Zeit für mehr kreative Tätigkeiten, die als Voraussetzung für die Entwicklung von Wissenschaft, Technik und Künsten dienten und die Basis für eine allgemeine kulturelle Weiterentwicklung bildeten.

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