Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

Kartoffel

Nutzpflanze, die ihren Ursprung in Peru und Ecuador hat. Nach der Entdeckung Amerikas kam die Kartoffelpflanze zunächst als Zierpflanze nach Europa. Erst Mitte des 18. Jh. wurde sie, u.a. in Preußen von Friedrich dem Großen, unter Zwang als Kulturpflanze eingeführt. Sie entwickelte sich sehr schnell zu einer der wichtigsten Nutzpflanzen.

Das Wort Kartoffel ist aus dem italienischen Wort „tartuffo“ = Trüffel abgeleitet. In Teilen Deutschlands, Österreichs und der Schweiz wird die Kartoffel auch als Erdapfel (Herdöpfel), Erdbirne oder Grundbirne (Grumbeer) bezeichnet, im restlichen deutschsprachigen Raum unter verschiedenen Regionalnamen bekannt.

Meistens wird von den Kartoffeln (Plural von Kartoffel) gesprochen. Hierunter werden zumeist die im Boden heranwachsenden Knollen verstanden, mit denen die Pflanze sich vegetativ vermehrt.

Botanisch gehört die Kartoffel (Solanum tuberosum) zu den Nachtschattengewächsen (Solanaceae). Das oberirdische Kraut trägt weiße oder lilafarbene Blüten, die Kartoffelknollen wachsen unter der Erde. Aus einer Mutterknolle wachsen Ausläufer, die botanisch gesehen Sprosse sind. Die unterirdischen Sprosse schwellen an und es entstehen neue Kartoffeln. Zum Schutz bildet die Pflanze eine Art Korkgewebe, das wir als Schale kennen. Die Knolle ist das Speicherorgan der Pflanze. Aus den sogenannten Augen der Knollen wachsen nach einer Ruhephase wieder Keime, die sich von der Stärke in den Knollen ernähren.

Die Kartoffel gehört zu den Hackfrüchten, weil sie unkrautanfällig ist und daher früher gehackt werden musste. Die heutigen Sorten sind so gezüchtet worden, dass sie gegen einige Krankheiten resistent sind. Dennoch bedrohen auch heute noch bestimmte Pilzkrankheiten wie Kraut- und Knollenfäule die Bestände. Oft hilft nur eine Behandlung mit Fungiziden.

Nach dem Verwendungszweck können Kartoffeln in zwei Kategorien eingeteilt werden: Speisekartoffeln und Kartoffeln für die Industrie (Wirtschaftssorten). Für die industrielle Verarbeitung sind die Inhaltsstoffe, aber auch die Form der Kartoffel wichtig: Industriekartoffeln haben meist einen höheren Stärkegehalt als Speisekartoffeln. Für lange Pommes frites, braucht man große Knollen, beim industriellen Schälen ist eine glatte Oberfläche wichtig.

Für Verbraucherinnen und Verbraucher ist eher die Unterscheidung in festkochende, vorwiegend festkochende und mehligkochende Sorten wichtig – je nach Verwendungszweck von Kartoffelsalat bis Kartoffelpüree. Zudem unterscheidet man die Kartoffelsorten nach der Reifezeit.

Kartoffelanbau und Ernte

Kartoffeln kommen mit einer Kartoffel-Legemaschine im April oder Mai in die Erde, wenn der Boden nicht mehr zu nass ist. Bei Bodentemperaturen von 8 bis 10 °C keimen sie am besten. Um eine lange Vegetationsperiode bis zur Ernte zu erreichen, müssen die Kartoffeln möglichst früh im Jahr in die Erde. Damit ist aber auch die Gefahr für Frostschäden am größten.

Auf einem Hektar wachsen rund 40.000 Pflanzen für Speisekartoffeln, bei Industriekartoffeln sind es 37.000. Hier pflanzt man weniger, damit die Kartoffeln mehr Platz haben und dicker werden können.
Für Kartoffeln hat sich der Anbau in Dämmen durchgesetzt. So erwärmt sich die Erde leicht, was den wärmeliebenden Kartoffeln guttut, und die meiste Arbeit können Maschinen erledigen. Geerntet wird, wenn die Knollen ausgereift und schalenfest sind. Eine Ausnahme bilden Frühkartoffeln: Sie können grundsätzlich auch mit grünem Laub geerntet werden. Da die Schale dann noch nicht fest ist, sind sie nur kurz lagerfähig.

Geerntet werden Kartoffeln heute mit Rodern, die bis zu vier Kartoffeldämme auf einmal ernten. Dazu wird der gesamte Damm mit Erde, Knollen und Kraut von der Maschine aufgenommen. Die Knollen werden herausgesiebt, Erdkluten, Steine und Kraut aussortiert. Das geschieht meist maschinell, zum Teil aber auch per Hand.

Um mit einer frühen Ernte höhere Preise am Markt zu erzielen, schützen manche Landwirtinnen und Landwirte ihre Kartoffeläcker mit Folie. Das bedeutet viel Handarbeit. Auch das Vorkeimen ist eine Methode, mit der der Erntetermin vorverlegt werden kann. Hierbei versucht man, die Knollen schon im Januar oder Februar durch gezielte Veränderungen von Temperatur und Lichtverhältnissen zum Keimen zu bringen. In der Regel bilden sich pro Knolle vier bis sechs kräftige Keime. Diese Keime geben den Kartoffeln einen Vorsprung von ein bis zwei Wochen bis zur Ernte.

Nach der Ernte gelangen Kartoffeln direkt in den Handel, werden gelagert oder weiterverarbeitet. Dafür werden sie zunächst in einer Sortieranlage der Größe nach sortiert. Meist erfolgt dies mittels einer Rüttelmaschine.

Die Einkellerung von Kartoffeln ist zu einer Seltenheit geworden, weil den meisten Haushalten ein entsprechender durchgehend kühler Lagerraum fehlt.

Wirtschaftliche Aspekte

Im Jahr 2016 wurden in Deutschland auf rund 243.000 Hektar Kartoffeln angebaut. Der Anbauschwerpunkt liegt in Niedersachsen, gefolgt von Bayern und Nordrhein-Westfalen. Die Erntemenge schwankt von Jahr zu Jahr; zum einen wegen der abnehmenden Anbaufläche, zum anderen, weil das Wetter während der Vegetationsperiode einen wesentlichen Einfluss auf das Ernteergebnis hat. Im mehrjährigen Durchschnitt (2010 bis 2015) wurden 435,7 Dezitonnen Kartoffeln je Hektar geerntet. Der allergrößte Teil entfällt auf Speisekartoffeln und ein geringer Teil auf Industriekartoffeln (Stärke- und Alkoholherstellung). Bei der Produktion von Kartoffelstärke fällt Kartoffelpülpe an, sie enthält neben den hochverdaulichen Faseranteilen der Kartoffel auch die technisch nicht gewinnbare Stärke. Aufgrund ihrer Eigenschaften wird sie bereits seit Jahren erfolgreich in der Viehfütterung eingesetzt.

In Deutschland isst heute jeder Bundesbürger im Durchschnitt rund 57 Kilogramm Kartoffeln pro Jahr. Im Jahr 2000 waren es noch rund 70 Kilogramm, 1950 sogar 202 Kilogramm.

Seit dem 2. Weltkrieg hat sich der Kartoffelanbau in Deutschland stark gewandelt, die Anbaufläche ist drastisch zurückgegangen, was nur zum Teil durch steigende Erträge aufgefangen wird. Der Rückgang der Anbaufläche hat viele Ursachen. Seit den 1970er Jahren füttert man Schweine aus Kostengründen mit Getreide und nicht mehr mit Kartoffeln. Auch in der Ernährung nimmt die Bedeutung der Kartoffel ab und Importe tragen ebenfalls zum Sinken der Anbaufläche bei. (BLE)

Die Kartoffel ist nach Reis und Weizen (evtl. auch Mais) die dritt- (oder viert-)wichtigste Nahrungspflanze der Welt. Von der Gesamtproduktion dienten 2013) etwa zwei Drittel direkt als menschliche Nahrung, der Rest wird als Viehfutter oder zur Stärkeproduktion verwendet. Als Grundnahrungsmittel ist die Kartoffel für eine wachsende Bevölkerung besonders gut geeignet. Weltweit beträgt der durchschnittliche Pro-Kopf-Verbrauch 33 kg/Jahr.

Die Schwerpunkte des Anbaus lagen in der Vergangenheit in den nördlichen temperierten Breiten zwischen 45° und 57° N, wo die Kartoffel als Sommerfrucht sowie in den subtropischen, tief gelegenen Gebieten zwischen 23° und 34° N, wo die Kartoffel als Winterfrucht kultiviert wird. Seit den frühen 1990er Jahren hat der Anbau in Europa, Nordamerika und den GUS abgenommen, während die Kartoffelproduktion in den Entwicklungs- und Schwellenländern deutlich gesteigert wurde, sodass sie dort mitlerweile bedeutender ist als in den Industrieländern.

Weltweit wurden 2020 auf 16,5 Mio. ha Kartoffeln angebaut und 359,9 Mio. t Kartoffeln geerntet. Weltweit bedeutendster Kartoffelproduzent ist Asien, darunter vor allem China und Indien. Ein starker Zuwachs des Kartoffelanbaus kann z.B. in Bangladesch, Kasachstan und Nepal beobachtet werden. Die Erzeugung in traditionellen Kartoffelländern wie der Türkei und dem Iran ist stabil. Auch in Afrika war eine Verschiebung hin zum Kartoffelanbau zu verzeichnen. Wurden 1961 noch rund 2,1 Mio. t geerntet, so waren es 2020 bereits 26,2 Mio. t. Die Erntemengen in Afrika liegen seit 10 Jahren stabil zwischen 24 und 28 Mio. t. Algerien, Ägypten, Kenia, Malawi, Marokko, Nigeria, Ruanda, Südafrika und Tansania zählen zu den großen Kartoffelproduzenten Afrikas.

Bei den einzelnen Ländern sind große Unterschiede hinsichtlich der Kartoffelerträge zu beobachten. Ursachen sind neben den klimatischen Unterschieden die technische und wirtschaftliche Entwicklung in den einzelnen Ländern. In der EU, Ozeanien und Nordamerika werden aufgrund des biologisch-technischen Fortschritts hohe bis sehr hohe Erträge erreicht, ebenso in Ländern wie Israel, Ägypten und Argentinien. In weiten Teilen Osteuropas und Chinas sowie in Südamerika sind die Erträge dagegen verbesserungswürdig.

Welterzeugung von Kartoffeln
Welterzeugung von Kartoffeln

Quelle: LEL 2022

Seit 2016 haben Landwirtinnen und Landwirte die Kartoffelanbaufläche in Deutschland kontinuierlich erweitert: Wurden 2016 noch auf rund 243.000 Hektar Kartoffeln angebaut, betrug 2020 die Anbaufläche rund 273.500 Hektar. Damit liegt Deutschland in der EU flächenmäßig zwar weiterhin hinter Polen, mengenmäßig bleibt es aber der größte EU-Kartoffelerzeuger.

Nach Schätzungen des Bundesinformationszentrums Landwirtschaft (BZL) wurden 2020 auf rund 10.200 Hektar (3,7 Prozent) der Kartoffelanbaufläche Bio-Kartoffeln angebaut. Die meisten werden als Frischkartoffeln angeboten. Auf 15 Prozent der ökologisch bewirtschafteten Fläche werden Kartoffeln angebaut, die zu Kartoffelprodukten und -stärke weiterverarbeitet werden.

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