Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

Weinbau

Auch Weinanbau, Vitikultur oder Rebbau (CH); der zu den Sonderkulturen zählende systematische und vorwiegend zu Erwerbszwecken dienende Anbau der Kulturrebe (Edle Weinrebe) zur Gewinnung von Trauben.

Der Weinbau wird vom Winzer (auch als Weinhauer, Weinbauer oder Weingärtner bezeichnet) betrieben. Die Herstellung des Weines erfolgt im Keller (Weinkellereien, Winzereien). Alle Arbeiten und Einrichtungen, die für die Herstellung des Weines erforderlich sind, werden in der Kellerwirtschaft behandelt. Sie wird auch als Önologie bezeichnet.

Als landwirtschaftliche Tätigkeit und auch als Wissenschaft beinhaltet der Begriff Weinbau die Geschichte, die Verbreitung und wirtschaftliche Bedeutung der Rebe, die Organe des Rebstockes, die Rebsorten und Rebenzüchtung, Rebenvermehrung, Neuanlage, Pflanzung, Pflegemaßnahmen (Rebschnitt, Erziehung, Bodenpflege und Düngung) und den Pflanzenschutz (Nützlinge, Krankheiten, Schädlingen, sonstige Schädigungen), Produktionsmethoden im Weinbau, Ausbildungsmöglichkeiten.

Geschichte

Die weiten Gebiete südlich des Kaspischen Meeres und des Zwischenstromlandes (Euphrat, Tigris) bis zum Persischen Golf gelten als Entstehungszentren der Weinrebe und des Weinbaus. Schon 5000 v. Chr. lässt sich im Südkaukasus (heute Georgien), sowie in der vorderasiatischen Landschaft Sumer (heute südlicher Irak) erstmals der Anbau von Weinreben durch Menschenhand nachweisen. Der Weinbau breitete sich von dort im gesamten Nahen Osten aus, und etwa 1700 v. Chr. kultivierten auf Kreta die Minoer Edelreben. Griechische Kolonisten dürften im 7./6. Jhd. v. Chr. erstmals Rebstöcke nach Gallien (Massalia → Marseille) gebracht haben.

Siehe Geschichte des Weinbaus

Anbau

Reben können auf fast allen Böden und unter unterschiedlichen Klimabedingungen angebaut. Für einen wirtschaftlichen Anbau werden Jahresdurchschnittstemperaturen zwischen 12 und 18 °C oder ein günstiges Lokalklima mit hoher Temperatursumme während der Vegetationsperiode sowie eine gute Nährstoffversorgung benötigt.

Die für die Weinherstellung benötigten Beerenfrüchte wachsen in traubenartigen, länglichen Rispen an der Weinrebe (Vitis vinifera). Sie stammen überwiegend von ihrer Unterart ab, der europäischen Edlen Weinrebe Vitis vinifera subsp. vinifera. Da diese zu den nicht reblausresistenten Rebenarten gehört, wird sie zum Schutz vor der Reblaus auf teilresistente Unterlagen (Wurzeln) der wilden Rebarten Vitis riparia, Vitis rupestris, Vitis berlandieri bzw. deren interspezifischen Kreuzungen (Hybridreben) gepfropft.

Geographische Schwerpunkte

Die Rebe stellt bestimmte Klimaansprüche und gedeiht in der gemäßigten und subtropischen Klimazone. Auf der nördlichen Halbkugel liegt die Anbauzone etwa zwischen dem 30. (20 °C-Isotherme) und 50. Breitengrad (10 °C-Isotherme). Auf der südlichen Halbkugel der Erde liegt die Anbauzone zwischen dem 30. und 40. Breitengrad. Zunehmend wird auch in den Tropen Wein angebaut.

Der Weinbau ist eine der ältesten Spezialkulturen. Der Anbau der Rebe prägt die Landschaft und die Wirtschaft ganzer Gebiete. Heute besinnt man sich auf die Natur und die natürlichen Lebensgrundlagen, aber auch auf Tradition und so kommt den Weinbaugebieten als Erholungsraum und dem Betrieb als Arbeitsstätte steigende Bedeutung zu. In den letzten drei Jahrzehnten hat sich die weltweite Weinbaufläche maßgeblich verändert. Eine massive Ausweitung erfolgte in den „neuen Weinbauländern“, Rückgänge in den klassischen Weinbauländern.

Reben gedeihen von sehr heißen (Südkalifornien) bis zu kühlen (England, Luxemburg), von sehr feuchten bis zu sehr trockenen Anbaugebieten (Central Valley in Kalifornien). Reben werden auf steilen Hängen (Moseltal, Wachau, Douro-Tal) und auf ebenen Flächen kultiviert. Die Kultivierung ist in den verschiedenen Gebieten sehr unterschiedlich (Handarbeit, Maschineneinsatz). Auch die Bepflanzungsdichte variiert von 10.000 Reben/ha (Bordeaux, Champagne) bis 600 Reben/ha (Vinho-Verde-Region in Portugal). Insgesamt haben Rebkulturen eine stark landschaftsprägende Wirkung.

Die wichtigsten Weinbauregionen hierzulande stellen Rheinhessen, die Pfalz, die Mosel und Baden dar. Insbesondere der Anbau von Rotweinrebsorten prägt die deutsche Weinbaulandschaft. Zu den typischen Rotweinrebsorten gehören u.a. Spätburgunder, Dornfelder und Portugieser. Bekannte Weißweinrebsorten wiederum sind der Weiße Riesling und Müller-Thurgau.

Die 13 „bestimmten Anbaugebiete” für Qualitätsweine in Deutschland

Die 13 „bestimmten Anbaugebiete” für Qualitätsweine in Deutschland

Eine Folge des seit dem 1. Januar 2016 geltenden neuen Genehmigungsystems für Rebpflanzungen ist eine Ausweitung des deutschen Weinbaugebietes. Neben den festgelegten bestimmten Anbaugebieten und Landweingebieten besteht das deutsche Weinbaugebiet nunmehr auch aus den außerhalb dieser Gebiete liegenden Flächen, für die eine Genehmigung zur Anpflanzung von Reben erteilt wurde.

Quelle: BZL 2018

Produkte

Der größte Teil der globalen Traubenernte wird zu Wein, Schaumwein und Weinbrand verarbeitet. Daneben kommen Tafeltrauben als Frischobst auf den Markt, sowie nach Trocknung der Trauben Rosinen, Sultaninen oder Korinthen. Doch auch für die Herstellung von pharmazeutischen Produkten sind die Rebblätter der Edlen Weinrebe bedeutsam. Geringere Bedeutung besitzt die Herstellung von Traubensaft, Marmeladen, Konfitüren und Traubenkernöl.

Weinmarkt in Deutschland

Die wichtigsten Umsatzmärkte für Wein weltweit bilden die USA, Frankreich und Italien. Aber auch Deutschland ist ein wichtiger Absatz- und Umsatzmarkt. So wurden im Jahr 2018 rund 17 Milliarden US-Dollar in Deutschland im Segment Wein umgesetzt. Kein Wunder, denn Wein gilt als eines der beliebtesten alkoholhaltigen Getränke der Konsumenten in Deutschland – nach Bier. Hierzulande verbraucht eine Durchschnittsperson über 20 Liter Wein pro Jahr. Fast 20 Prozent der Verbraucher in Deutschland gaben an, mindestens mehrmals im Monat Wein zu trinken. Besonders beliebt sind eher liebliche Weine sowie Rot- und Weißwein. Bei den Rebsorten gelten der Riesling, Merlot und Spätburgunder als Lieblinge der Weinkonsumenten.

Auf dem internationalen Weinmarkt spielt Deutschland eine eher untergeordnete Rolle. Die bedeutendsten Weinproduzenten sind Italien, Frankreich und Spanien. In Italien – dem führenden Land in der Produktion von Wein – werden so über 45 Millionen Hektoliter Wein pro Jahr erzeugt. Zum Vergleich: Gut 8 Millionen Hektoliter Wein und damit rund 4,6 Prozent mehr als im Vorjahr wurden 2020 in Deutschland erzeugt. Etwa zwei Drittel davon waren Weißwein, ein Drittel Rotwein.

In der Europäischen Union zeichnet sich für 2022 eine stabile Produktion von Wein und Most ab. Mit geschätzten 157 Millionen Hektolitern wird der Vorjahresstand um 2 Prozent übertroffen. Italien, Frankreich und Spanien sind die drei größten Weinerzeugerländer der Welt. Auf sie entfallen 2021 49 Prozent der gesamten Welt-Weinerzeugung. Auf Platz 4 der Weltrangliste folgen die USA mit 23,1 Millionen Hektolitern. Deutschland liegt 2022 mit 9,5 Millionen Hektolitern auf Platz 9 der Weltrangliste.

Bei der Versorgung mit Wein ist Deutschland auf Importe angewiesen. Im Jahr 2019 importierte Deutschland  14,6 Millionen Tonnen aus dem Ausland. Die wichtigsten Herkunftsländer der Weinimporte stellen Italien, Spanien und Frankreich dar. Trotz des niedrigen Selbstversorgungsgrades Deutschlands mit Wein von knapp 40 Prozent, gibt Deutschland einen Teil seiner Weinproduktion auch in den Export. So hat Deutschland im Jahr 2019 über 380.000 Tonnen Wein und Traubenmost im Wert von über eine Milliarde Euro ins Ausland exportiert. Gemessen an der Exportmenge sind die Niederlande, das Vereinigte Königreich sowie Belgien die wichtigsten Märkte für deutschen Wein und Traubenmost.

Der deutsche Weinmarkt im Jahr 2018
Der deutsche Weinmarkt im Jahr 2018

Quelle: BueL 2021

Entwicklung unter der Globalen Erwärmung

Für viele Weinbauregionen wurde in den letzten 40-50 Jahren ein Temperaturanstieg beobachtet, der vor allem in den vergangenen 30 Jahren stark ausgeprägt war und der anhalten soll. Dadurch wird die Verwendung bestimmter Weinsorten in bestimmten Weinregionen nachhaltig verändert. Mit einer polwärtigen Verschiebung der Weinbauzonen wird gerechnet (Karte in Hofmann et al. 2016).

Neben einem weiteren Anstieg der Temperatur könnten nach den Berichten des Weltklimarats in Mitteleuropa einerseits Hitzewellen und die Dauer von Trockenperioden zunehmen, andererseits die Niederschlagsmengen in Regenphasen ansteigen. Die Variabilität des Klimas würde so größer werden und die Weinbaubetriebe vor neue Herausforderungen stellen, die sich regional durch unterschiedliche Klima- und Standortfaktoren auch verschieden auswirken.

Der Weinbau in Deutschland hat durch die Klimaerwärmung in Bezug auf die Qualität profitiert. Besonders gilt dies für rote Rebsorten, wie den Spätburgunder.

Neue Risiken ergeben sich andererseits bei feucht-warmen Witterungsperioden durch eine erhöhte Fäulnisbildung, die zu gro0en Ernteverlusten führen kann. Daneben hat das Risiko für Trockenstress zugenommen und wird nach den Projektionen regionaler Klimamodelle weiter zunehmen. Vor allem neu angepflanzte Weinberge mit gering ausgeprägtem Wurzelsystem und Weinberge mit geringer Wasserspeicherfähigkeit sind davon betroffen, insbesondere Steillagen. Auch neue Krankheiten und Schädlinge spielen eine zunehmende Rolle. Die Kirschessigfliege, erstmals 2011 in Süddeutschland nachgewiesen, ist 2014 zum ersten Mal als ernstzunehmender Schädling im Weinbau aufgetreten.

Deutscher Wein: wo er wächst - wer in trinkt

Die deutsche Weinmosternte 2022 wurde vom Statistischen Bundesamt Ende Oktober 2022 auf 9,47 Millionen Hektoliter geschätzt. Das sind gegenüber der Lese 2021 0,9 Millionen Hektoliter oder 11 Prozent mehr. Die Ertragssituation gestaltete sich 2022 je nach Niederschlagsverteilung, Rebsortenspiegel und Bodenbeschaffenheit regional unterschiedlich. Die Qualität des neuen Jahrgangs wird insgesamt als hochwertig beurteilt.

Deutschland beheimatet die nördlichsten zusammenhängenden Weinbaugebiete der Welt. Die gesamte bestockte Rebfläche lag 2022 bei 103.400 Hektar. Rund zwei Drittel davon befinden sich in Rheinland-Pfalz. Die meisten der etwa 15.200 Winzer – 6.500 davon im Nebenerwerb – sind in 148 Winzergenossenschaften zusammengeschlossen. Die USA sind unverändert das wichtigste Exportland für deutschen Wein.

Quelle: Deutsches Weininstitut nach DBV Situationsbericht 2023

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