Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

Kollektivierung

Überführung von Privat- in Gemeinschaftseigentum, insbesondere bezüglich landwirtschaftlicher und gewerblicher bzw. industrieller Produktionsmittel in den meisten ehemals kommunistisch-sozialistischen Staaten.

Beispielsweise wurden in der früheren DDR die Agrarbetriebe in landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften (LPG) überführt oder in vergleichbare Strukturen in anderen (ehemals) sozialistischen Staaten. Die Kollektivierung in der DDR bedeutete das weitgehende Ende der Besitzgemengefluren, die mit Ausnahme der kleinflächigen Areale der überwiegend in Ortsnähe gruppierten Persönlichen Hauswirtschaften zum kollektiven Großblock mit großparzellierten Wirtschaftsparzellen umgestaltet wurden. Da die Althöfe in den Dörfern hauptsächlich Wohnzwecken dienten und die Arbeit auf den Ländereien und in den LPG-Zentralen ausgeübt wurde, fehlt die für Verkoppelungen charakteristische Erscheinung der Aussiedlung.

Auch in Südostasien erfolgte ein massiver Umbruch der Agrarverfassung mit der kommunistischen Machtübernahme in Vietnam und Laos, eingeschränkter in Kambodscha. Recht radikal erfolgte mit dem Sieg der Kommunisten in Nordvietnam 1994 und in Südvietnam 1975 eine vollständige Beseitigung agrarischen Privatlandes. Die relativ großen und zahlreichen, auf den Nassreisanbau ausgerichteten Betriebe der (oft stadtsässigen und häufig chinesischen) Großgrundbesitzer im Mekong- und Rote-Fluss-Delta wurden zu Genossenschafts- oder Staatsbetrieb. Die in Südvietnam große Flächen einnehmenden (v.a. Kautschuk-)Plantagen mit überwiegend ausländischen, v.a. französischen Eignern wurden verstaatlicht.

In Laos wurde nach sowjetischem und vietnamesischem Vorbild eine Kollektivierung der Landwirtschaft durchgeführt, die v.a. Nassreisbauern in der Nähe der Städte betraf. In den Kollektiven, in die alle Bauern ihr Land einbringen und auch Landlose Mitglieder werden mussten, blieb die vormalige Subsistenzproduktion erhalten. Jedoch veränderte sich die soziale Organisation der Dörfer, die nun vom Staat gesteuert wurden und nach Planvorgaben für den Binnen- und Auslandsmarkt produzieren sollten, was aber scheiterte.

1986 wurden wie in Vietnam marktwirtschaftliche Reformen eingeleitet, die Kollektivierung wurde rückgängig gemacht. Viele Agrarflächen wurden wieder privatisiert oder den Bauern als Pachtflächen überlassen bzw. wurden ihnen langjährige Nutzungsrechte garantiert. Die marktwirtschaftliche Orientierung machte Vietnam in wenigen Jahren von einem Reisimportland zu einem bedeutenden Reisexporteur, allerdings bei gleichzeitig massiven Eingriffen in die Umwelt. (Vorlaufer 2009)

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