Flächennutzung
Die Inanspruchnahme von Bereichen der Erdoberfläche für unterschiedliche Funktionen bzw. Aufgaben durch den Menschen. Bei speziell land- oder forstwirtschaftlicher Nutzung spricht man auch von Bodennutzung. Teilweise wird auch der Begriff Landnutzung synonym zu Flächennutzung oder Bodennutzung verwendet.
Die verschiedenen Nutzungsarten von Land- und Forstwirtschaft, Industrie, Siedlungswesen, Verkehr, Brachland usw. – die z. B. in Deutschland Anteile von 55 %, 29 %, 11 % und 5 % ausmachen – werden in Form einer schematischen Klassifizierung erfasst, die in Industrieländern relativ genau und aufwendig erfolgt und etwa 20 bis 50 Klassen umfasst, während sich Entwicklungsländer auf etwa 10 bis 15 Nutzungsklassen beschränken.
Schon immer wurde Land von Menschen beeinflusst - durch Tierhaltung und Jagd, Entwaldung zur Schaffung von Ackerflächen, Ressourcenentnahmen und Besiedlung mit entsprechender Infrastruktur. Die Geschwindigkeit und der Umfang der Landnutzungsänderungen sind jedoch seit dem 18. Jahrhundert durch hohes Bevölkerungswachstum und veränderte landwirtschaftliche Praktiken deutlich angestiegen. Seit Mitte des 20 Jahrhunderts kam es durch weiter steigende Bevölkerung, den Wandel von Ernährungsgewohnheiten und die energetische und stoffliche Biomassenutzung zur weiteren Ausdehnung von Ackerflächen (Flächen(nutzungs)konkurrenz).
Die für eine landwirtschaftliche Nutzung weltweit zur Verfügung stehende Fläche ist jedoch begrenzt. Zudem gehen landwirtschaftliche Flächen durch die Ausdehnung von Siedlungs- und Verkehrsfläche, gerade in den Industrienationen und Schwellenländern, sowie durch Bodendegradation verloren. Auf der anderen Seite entstehen in Entwicklungs- und Schwellenländern neue Landwirtschaftsflächen, häufig für eine exportorientierte Agrarproduktion, durch Rodung von Wäldern und die Zerstörung von natürlichen oder naturnahen Ökosystemen. Dies ist jedoch aufgrund der negativen Auswirkungen auf die biologische Vielfalt, die Umwelt und das Klima eine fragwürdige Entwicklung.
Aus diesem Grunde gewinnt der Faktor Fläche unter dem Aspekt einer nachhaltigen und effizienten Flächennutzung im globalen Kontext zunehmend an Bedeutung.
Europa ist einer der am intensivsten genutzten Kontinente der Erde, auf dem der größte Flächenanteil (bis zu 80 %) für Siedlungszwecke, Produktionssysteme (einschließlich Landwirtschaft und Forstwirtschaft) und Infrastruktur genutzt wird. Die widersprüchlichen Bedürfnisse der Landnutzung machen klare Entscheidungen mit strengen Kompromissen erforderlich. Es gibt eine Reihe wichtiger Ursachen für die intensive Landnutzung in Europa: Die steigende Nachfrage nach Wohnraum pro Person und die Verbindung zwischen wirtschaftlicher Aktivität, erhöhter Mobilität sowie zunehmender Verkehrsinfrastruktur führen gewöhnlich zu erhöhtem Flächenbedarf. Land ist jedoch eine begrenzte Ressource: Die Art ihrer Nutzung ist einer der Hauptgründe für Umweltveränderungen mit folgenschweren Auswirkungen auf Lebensqualität und Ökosysteme sowie das Infrastrukturmanagement.
Betrachtet man die Veränderung der Landnutzung und Landbedeckung zwischen den Jahren 2000 und 2006, dann haben in der Gesamtbilanz vor allem die künstlichen Oberflächen zugenommen. Diese Form der Flächenbelegung erfuhr eine Ausdehnung um 0,626 Mio. ha. Das ist eine Zunahme um 3,4 % in sechs Jahren (siehe Abb. „Veränderung der Landbedeckung und Landnutzung in Europa“). Dabei ist zu beachten, dass auch hier die Zunahme der künstlichen Oberflächen tendenziell unterschätzt wird, weil im verwendeten groben Auswerte-Raster neue linienförmige Strukturen wie Straßen sowie kleinflächige Zuwächse von Siedlungen oder Gewerbegebieten nicht erfasst werden. Erst ab einer Größe von 5 ha, wird ein Zuwachs von künstlichen Oberflächen sicher registriert.
Auch bei Gewässern ist in der Gesamtbilanz ein Zuwachs zu verzeichnen. Detaillierte Auswertungen mit direktem Vergleich der Landnutzung im Jahr 2000 und im Jahr 2006 zeigen, dass neue Gewässer bis 2006 vor allem da entstanden sind, wo im Jahr 2000 noch Rohstoffabbau im Tagebau stattgefunden hat.
Landwirtschaftsflächen nahmen hingegen im Zeitraum von 2000 bis 2006 europaweit ab. Hier ist ein Verlust von 0,528 Mio. ha zu verzeichnen, was einer Abnahme um 0,2 % in sechs Jahren entspricht (siehe Abb. „Veränderung der Landbedeckung und Landnutzung in Europa“).
Rückläufig sind europaweit auch Wälder und naturnahe Flächen, die um 0,121 Mio. ha abgenommen haben sowie die aus Sicht des Naturschutzes besonders wertvollen Feuchtgebiete mit 434 km² (Abnahme um 0,4 % in sechs Jahren).
Deutschland
Deutschland hatte im Jahr 2022 eine Fläche von 357.595 Quadratkilometern (km²) (siehe Abb. „Flächennutzung in Deutschland“). Zur Gesamtfläche zählen unter anderem landwirtschaftlich genutzte Flächen, Waldflächen, Flächen für Siedlung und Verkehr, sowie Gewässer wie Seen, Flüsse, Kanäle und nahe Küstengewässer.
Wie Deutschlands Fläche genutzt wird, steht in den Grundstückskatastern, wird aber auch zunehmend durch Luftbilder und Satellitendaten überprüft. Grundlage der Nutzungsdaten ab 2016 sind die Angaben des amtlichen Liegenschaftskatasterinformationssystems (ALKIS) der Länder:
- 50,4 % der Gesamtfläche wurden landwirtschaftlich genutzt.
- Wälder und Gehölze nahmen zusammen 31,0 % der Gesamtfläche ein, davon Wälder 29,9 %.
- Die Fläche für Siedlung und Verkehr (SuV-Fläche) ist die drittgrößte Nutzungsart. Sie nahm Ende 2022 14,5 % der Gesamtfläche in Anspruch. Zur SuV-Fläche zählen neben Flächen für Wohnen, öffentliche Zwecke oder Gewerbe auch Erholungsflächen, Friedhöfe und Verkehrsflächen.
- Seen, Flüsse, Kanäle und nahe Küstengewässer nahmen 2,3 % der deutschen Fläche ein.
- Die restliche Gesamtfläche sind „sonstige Flächen“. Dazu zählen „Abbauland“ wie Kies- oder Braunkohlengruben sowie „Unland“ wie Felsen, ehemaliges Militärgelände oder ehemalige Abraumhalden, und seit 2016 auch ungenutzte Vegetationsflächen wie Heideland, Moore, Sümpfe, Gehölze und Gewässerbegleitflächen.
Landwirtschaftliche Flächennutzung in Deutschland
Rund 70 Prozent der landwirtschaftlich genutzten Fläche waren 2023 Ackerland, rund 29 Prozent waren Dauergrünland und nur gut ein Prozent waren Dauerkulturen.
- Getreide wurde 2023 auf mehr als einem Drittel (36,9 Prozent) der landwirtschaftlichen Fläche angebaut. Wichtigstes Getreide war Weizen mit einem Anteil von 17,5 Prozent an der landwirtschaftlich genutzten Fläche.
- Pflanzen zur Grünernte wurden auf gut 16 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche angebaut. Darunter fallen beispielsweise Silo- und Grünmais, Leguminosen zur Ganzpflanzenernte oder Feldgras. Sie werden als Tierfutter oder für die Energiegewinnung genutzt.
- Handelsgewächse wurden auf 7,9 Prozent der landwirtschaftlich genutzten Fläche angebaut. Auf dem Großteil dieser Flächen wuchs Winterraps. Weitere Handelsgewächse sind Sonnenblumen, Hopfen oder auch Hanf.
- Hackfrüchte wurden auf 4 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche angebaut. Dazu zählen Zuckerrüben und Kartoffeln.
- Hülsenfrüchte, Gemüse, Erdbeeren, andere Gartengewächse sowie sonstige Kulturen auf Ackerland wurden zusammen auf rund 3 Prozent der landwirtschaftlich genutzten Flächen angebaut.
- Stilllegungsflächen und Brachen hatten 2023 einen Anteil von 2,2 Prozent an der landwirtschaftlich genutzten Fläche.
Die landwirtschaftlich genutzte Fläche schrumpft
Von 2016 bis 2022 sank der Anteil landwirtschaftlicher Nutzfläche um 2.430 Quadratkilometer (km²) von 51,1 auf 50,4 % der Gesamtfläche. Seit dem Jahr 2016 werden Heide und Moor nicht mehr bei den Landwirtschaftsflächen ausgewiesen, sondern bei „sonstigen Flächen“, weshalb der Verlust rein statistisch in den vorherigen Jahren noch höher ausfällt. Diese Abnahme erfolgte besonders im Umland städtischer Verdichtungsräume. Der wichtigste Grund dafür ist die Zunahme der Fläche für Siedlung und Verkehr um 2.648 km² im gleichen Zeitraum (ohne Bergbaubetriebe und ohne Tagebau, Grube, Steinbruch). Aber auch die Zunahme der Wälder und Gehölze erfolgt zum Teil zulasten landwirtschaftlicher Flächen. Weitere Landwirtschaftsfläche fällt dem Tagebau zum Opfer und kann Jahrzehnte später nur teilweise durch Rekultivierung zurückgewonnen werden.
Die meisten landwirtschaftlich genutzten Flächenanteile haben die nördlichen und östlichen Bundesländer; Spitzenreiter ist Schleswig-Holstein mit einem Anteil von 68,2 % Landwirtschaftsfläche. Die geringsten Anteile haben Stadtstaaten wie Berlin mit 3,9 % landwirtschaftlich genutzter Fläche (siehe Abb. „Flächennutzung in den Bundesländern“).
Die Art der Flächennutzung beeinflusst die biologische Vielfalt und die Umweltbelastung. Viele Tier- und Pflanzenarten profitieren etwa von einer extensiven Bewirtschaftung von Äckern und Weiden. Intensiv bewirtschaftete landwirtschaftliche Flächen wiederum können die Natur belasten: Sie können Biotope stören, Gewässer im Überfluss mit Nährstoffen anreichern (eutrophieren) sowie Böden und Grundwasser weiteren Belastungen aussetzen. Auch der technische Wandel kann etwa durch große landwirtschaftliche Maschinen zu einer Ausräumung ökologisch wertvoller Landschaftsteile führen, da Knicks, Wälle oder Baumgruppen beseitigt, Gewässer begradigt, Böden verdichtet oder neue landwirtschaftliche Wegenetze angelegt werden.
Zunahme der Waldfläche
Zwischen 2016 und 2022 nahm die als Waldfläche definierte Fläche um 624 Quadratkilometer (km²) zu. Gehölze werden allerdings seit 2016 nicht mehr unter Waldfläche erfasst, sondern unter den „sonstigen Flächen“ wie zum Beispiel auch ehemalige Übungsplätze oder ehemalige Bergbauflächen und Abraumhalden. Rechnet man Gehölze dennoch dazu, so betrug der Zuwachs seit 2016 real 1.481 km². Auch der Anteil der Waldfläche an der Gesamtfläche stieg leicht an, und lag 2022 bei 29,9 % (31,1 % mit Gehölzen).
Überdurchschnittlich hohe Waldflächenanteile finden sich in siedlungsarmen, für eine intensivere Landwirtschaft weniger geeigneten Mittel- und Hochgebirgslagen, etwa dem Harz, dem Thüringer Wald, dem Sauerland, der Eifel, dem Schwarzwald, dem Bayerischen Wald und in den Alpen. In den Zentren großer Verdichtungsräume und in intensiv landwirtschaftlich genutzten Gebieten sind die Waldanteile dagegen geringer.
Mehr Betriebs- und Wohngebäude, Straßen und Fluplätze
Die Fläche für Siedlung und Verkehr (SuV) ist die am dynamischsten wachsende Nutzungsart in Deutschland. Sie wuchs von 2016 bis 2022 um 0,7 %, also um 2.648 Quadratkilometer. Der SuV-Anteil an der Gesamtfläche fällt regional unterschiedlich aus. In den Zentren der Verdichtungsräume erreicht ihr Anteil mehr als 50 %. Neben den Stadtstaaten weisen Nordrhein-Westfalen mit 23,8 % und das Saarland mit 21,8 % besonders hohe Siedlungs- und Verkehrsflächenanteile auf.
Die zunehmende Flächennutzung für Gebäude und Verkehrswege hat viele negative Auswirkungen auf die Umwelt. Nennenswert ist der direkte Verlust der vorher meist landwirtschaftlich genutzten Böden. Hinzu kommt etwa der Rohstoff- und Energieaufwand für Bau und Erhalt neuer Gebäude und Infrastruktur, ein höherer Kraftstoffverbrauch mit einem höheren Ausstoß an Schadstoffen durch mehr Verkehr sowie mehr Lärm und die Zerschneidung und Verinselung der Lebensräume für die wildlebende Flora und Fauna.
Leichte Abnahme der Gewässerfläche
Der Anteil der Gewässer an der deutschen Gesamtfläche blieb vom Jahr 2016 bis zum Jahr 2022 weitgehend konstant und stieg nur leicht um 11 Quadratkilometer ab.
Weitere Informationen:
- Flächennutzung (UBA)
- CORINE Land Cover – CLC (UBA)
- Globale Landflächen und Biomasse (UBA)
- Land Use in Agriculture (Our World in Data)
- Datengrundlagen zur Beobachtung der Flächenentwicklungen in Deutschland (BBSR)
- Flächennutzung und Flächennutzungsansprüche in Deutschland (Thünen Working Paper 224, 2023)