Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

Grundwasser

Unterirdisches Wasser, das Hohlräume der Erdkruste zusammenhängend ausfüllt und dessen Bewegung ausschließlich aus der Schwerkraft und den durch die Bewegung selbst ausgelösten Reibungskräften bestimmt wird. Der Grundwasserleiter (Aquifer, wasserführende Schicht) wird nach unten durch eine undurchlässige Schicht begrenzt (Sohlschicht). Mehrere solche Schichten bilden verschiedene Grundwasserstockwerke. Die obere Begrenzung des Grundwassers heißt Grundwasseroberfläche.

Das in den Boden eindringende Wasser wird von der Bodenmasse als Bodenwasser z.T. adsorbiert, ein Teil versickert, wird von einer dichten Gesteinsschicht, der Grundwassersohle, aufgehalten und sammelt sich über dieser in den Hohlräumen (Spalten, Poren) des Gesteins als Grundwasser. Je nach Gesteinsbeschaffenheit unterscheidet man Poren-, Kluft- oder Karstgrundwasserleiter. Mehrere wechselnde Abfolgen von Grundwasserleitern und Sohlschichten nennt man Grundwasserstockwerke.

Neben der Versickerung von Niederschlag ist für die Neubildung von Grundwasser die seitliche Zufuhr bei Wasserstandsschwankungen aus Seen und Flüssen (unechtes Grundwasser) von Bedeutung. Der dem Grundwasser zukommende Wasseranteil ist die Grundwasserspende. Dieses über der Grundwassersohle stehende, alle Hohlräume ausfüllende Wasser ist das Grundwasser, dessen Menge vom Gesamthohlraum des Gesteins abhängt (Sand und Kies 25 - 40 %, poröser Sandstein 10 - 20 %, fester Sandstein sowie Kalkstein 1 - 5 %, Granit 0,5 - 1 %). Dichte Gesteine mit sehr kleinen Poren enthalten kein Grundwasser, sondern lediglich kapillar festgehaltene Bergfeuchtigkeit.

Das Grundwasser unterliegt im Gegensatz zum adsorbierten Bodenwasser der Schwerkraft, es fließt auf einer geneigten Grundwassersohle zur tieferen Stelle wie das oberirdische Wasser, allerdings mit einer wesentlich geringeren Fließgeschwindigkeit, z.B. in feinen Sanden nur 4 - 5 m/Jahr, in groben Geröllen etwa 15 m/d.

Die Tiefe des Grundwassers hängt vom Gestein und Klima ab. Der Grundwasserspiegel liegt in Mitteleuropa einige Meter, teils einige Zehner Meter tief. Er schwankt in Mitteleuropa im Ablauf des Jahres um 0,5 - 1 m, teils auch mehr, und zwar haben wir im Winter und Frühjahr Hochstand und im Spätherbst Tiefstand.

In landwirtschaftlich genutzten Böden kann der Grundwasserstand unter der Oberfläche in Kies, Grobsand und Torfböden auf 50 bis 70 cm liegen. In Lehmböden sollte er auf 1,2 bis 1,5 m abgesenkt werden, falls Acker- oder Gemüsekulturen angebaut werden, bei Wiesen kann er höher liegen.

Grundwasser kann allerdings auch kapillar aufsteigen, weil das Kapillarwasser unter einer Saugspannung steht, während das Grundwasser tensionsfrei ist. Die kapillare Steighöhe über das Grundwasserniveau hängt von der Feinporigkeit des Bodens ab. In grobporigen Böden erreicht sie höchstens 0,5 m, in feinporigen bis zu 1,5 m. In letzteren ist die geförderte Wassermenge aber nur sehr gering.

Das Grundwasser garantiert den Niedrigwasserabfluß der Flüsse, sichert die Versorgung der Vegetation und wird vom Menschen in vielfältiger Weise genutzt. Im Unterschied zu anderen Lagerstätten ist Grundwasser ein Teilglied (Speicher) des Wasserkreislaufs, dessen Inhalt ständig erneuert wird. In dieser Eigenschaft liegen Vor- und Nachteile. Landwirtschaftliche Nutzung trägt i.d.R. zu stärkerer Grundwasser-Neubildung bei als Waldflächen. So führt beispielsweise in Norddeutschland die Ackernutzung im Schnitt zu einer um 100 mm höheren Grundwasserversickerungsrate als natürlicher Wald.

Die Deckschichten und auch der Grundwasserleiter bilden ein natürliches Filtersystem, das das Grundwasser vor Verunreinigungen weitgehend schützt. Die Filterwirkung ist wesentlich abhängig von der Kornzusammensetzung und -größe. Karst-Grundwasser ist i.d.R. erheblich verschmutzungsempfindlicher als Poren-Grundwasser. Naturbelassenes Grundwasser enthält keine pathogenen Keime oder Schadstoffe, so daß es bevorzugt der Trinkwasserversorgung dient.

Die natürliche Reinigungsleistung von Deckschichten und Grundwasserleiter reicht aber bei massiven anthropogenen Verunreinigungen oft nicht aus. Hinsichtlich der Reduktion von Belastungen aus der Landwirtschaft bietet sich für Wasserwerke die Zusammenarbeit mit extensiv oder mit Methoden des integrierten Landbaus wirtschaftenden Agrarbetrieben an. Als Beispiel gelten das nach der Wende auf ökologischen Landbau umgestellte Gut Canitz östlich von Leipzig, einer Tochter der städtischen Wasserwerke oder die Kooperationslösung zwischen Landwirten und kommunaler Wasserversorgung im hessischen Otzberg.

Grundwasser hat im Landschaftshaushalt eine systemverbindende ökologische Funktion. Grundwasser ist selbst ein Lebensraum. Voraussetzung dafür ist seine Bewegung. Hier finden sich arten- und formenreiche Lebensgemeinschaften, die durch ihren Stoffwechsel einen entscheidenden Beitrag zur qualitativen Grundwasserbeschaffenheit leisten.

In Deutschland nehmen nach der flächigen Verbreitung tertiäre und quartäre Lockersedimente mit rund 44 % Oberflächenanteil für die Grundwasserspeicherung eine hervorragende Stelle ein. Entsprechend den günstigen hydraulischen Eigenschaften von Sanden und Kiesen zählen zu den bekanntesten und wichtigsten Grundwasservorkommen in Deutschland die ausgedehnten Schotterablagerungen des Pleistozäns (z.B. Münchener Ebene, Urstromtäler Norddeutschlands, Ober- und Niederrheingebiet u.w.).

Die umweltpolitische Praxis und die Rechtsprechung betrachtet auf pragmatische Weise alles unterirdische Wasser als Grundwasser.

(s. a. Bewässerung, Bewässerungswirtschaft, Umweltwirkungen)

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