Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

Dreifelderwirtschaft

Auch Dreizelgenwirtschaft; im Mittelalter (Anfänge werden schon auf den Zeitraum 100 n.Chr. datiert, sichere Belege aus dem 8. Jh. aus dem Raum St. Gallen) entwickeltes Fruchtwechselsystem mit einer gemeinsamen und geplanten Verlagerung der einzelnen Elemente. Die Dreifelderwirtschaft löste die Zweifelderwirtschaft ab, die noch auf die Römerzeit zurückging. "Feld" steht dabei nicht für den Acker des einzelnen Bauern, sondern die Gesamtheit aller Äcker einer einheitlich bewirtschafteten Zelge. Jedes Mitglied der dörflichen Gemeinschaft hatte Anteil an jedem Feld und war andererseits bei der Bewirtschaftung engen Grenzen unterworfen (Flurzwang).

Die Dreifelderwirtschaft stellt den Versuch dar, der bei dominierendem Getreidebau entstehenden Bodenmüdigkeit entgegenzuwirken. In der älteren Form (s.u.) diente nach zwei Jahren Winter- und Sommergetreide (Halmfruchtjahre) ein Brachejahr der Bodenerholung und der Mineralisierung der Bodenkrume durch gelegentliches Pflügen, denn das Wort "Brache" kommt von "umbrechen" und bedeutet nicht das bloße Liegenlassen des Bodens.

Es sind zu unterscheiden:

a) Die Alte Dreifelderwirtschaft (8./9. - 18. Jh.)

mit der Fruchtfolge Brache - Winterung - Sommerung. Auf dem Bracheschlag wuchsen Ausfallgetreide und Unkraut, die ein dürftiges (Weide-)Futter boten. Diese eingeschobene Rotationsbrache diente zum einen der Bodenerholung (Düngung durch Exkremente der Weidetiere, Mineralisierung), zum anderen war sie aus arbeitswirtschaftlichen Gründen nötig: die geringen Anspannkräfte erlaubten nicht die Bewirtschaftung der gesamten Ackerflächen.

Die im Herbst bestellte Winterung waren in der Regel Roggen, häufig auch Dinkel, Spelz oder Weizen. In der im Frühjahr bestellten Sommerung standen meist Hafer oder Gerste u.U. gemischt mit ehemaligen Ackerunkräutern Erbsen und Ackerbohnen. Dieses Bodennutzungssystem ging einher mit einer feudal geprägten Landverfassung. Deren Kennzeichen waren die personenrechtliche Bindung des Bauern an den Grundherrn mit beschränkter Freizügigkeit und der Verpflichtung zu Arbeits- und Naturalleistungen sowie die Nutzung des Ackerlandes in verbindlichen Felderfolgen und die gemeinschaftliche Weidenutzung der Allmende, und des Bracheschlages der Äcker, die zu den sogenannten "Gemeinheiten", d.h. den von der ganzen Dorfgemeinschaft genutzten Flächen, gehörten. Auch die Felder wurden nach der Ernte durch Beweidung genutzt.

Weitere Merkmale der Alten Dreifelderwirtschaft waren:

Dieses mittelalterliche Agrarsystem umfaßte auch den Wald, der im 13. Jh. auf eine weit geringere Fläche als heute zurückgedrängt war. Waldweide und vielseitige andere Nutzungen führten zu lichten Waldbeständen, Bodendegradation, Verheidung und Nährstoffverarmung.

b) Die Verbesserte Dreifelderwirtschaft

mit der Fruchtfolge Blattfrucht und/oder Hackfrucht - Wintergetreide - Sommergetreide.
Die Einführung von stickstoffanreichernden Pflanzen (Luzerne seit 1720, Rotklee seit 1750, Lupinen ab 1780) auf die Ackerbrache wird als größte "grüne Revolution" im Ackerbau West- und Mitteleuropas angesehen. Die Eigenschaft von Rotklee, in Symbiose mit Bakterien atmosphärischen Stickstoff zu binden, war in einer Zeit, zu der Stickstoff der am meisten defizitäre Nährstoff war, von höchster Bedeutung. Die Auswirkungen des Rotklees im Zuge der Überwindung der Alten Dreifelderwirtschaft umfassen ferner folgende Punkte:

Neben den Leguminosen, die zur Gründüngung oder als Viehfutter genutzt wurden, diente der Anbau von Hackfrüchten (Topinambur, Runkelrüben ab 1700, Kartoffeln seit dem späten 18. Jh.) direkt der menschlichen Ernährung. Aus einer reinen Getreidewirtschaft war eine Fruchtfolge Getreide-Blattfrucht geworden.

Neu aus Amerika eingeführte Pflanzen (z.B. Kartoffeln), Verbesserungen in der Bodenbearbeitung und planmäßige Düngeranwendung (Mergel, Kalk) ermöglichten diese Veränderungen.

Die Dreifelderwirtschaft besaß neben der Düngerknappheit ein strukturelle Problem. Es bestand darin, dass jeder Bauer in jeder Flur ein oder mehrere Parzellen besitzen musste. Durch Erbteilung wurden die Parzellen immer kleiner und in der Folge die Bewirtschaftung schwieriger. Erst die Agrarreformen der Neuzeit beendete diesen Zustand.

Die Weiterentwicklung der Verbesserten Dreifelderwirtschaft konnte zu einer Mehrfelderwirtschaft führen, in der neben Kartoffeln und Rüben beispielsweise auch Lein und Luzerne auftraten.

Nachdem ab der Mitte des 20. Jahrhunderts verstärkt Verfahren mit hohem Rationalisierungseffekt eingeführt werden mußten, reduzierten sich die Fruchtarten in den relativ kleinen westdeutschen Betrieben. Es entstanden Neue Dreifelderwirtschaften und Neue Zweifelderwirtschaften mit nur wenigen Fruchtarten, die je nach Region und Betriebsausrichtung kombiniert werden.

Pfeil nach linksDreieckshandelHausIndexDreikanthofPfeil nach rechts