Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

shifting cultivation

Auch wandernde Brandrodewirtschaft, oder slash-and-burn Methode; Oberbegriff für eine Vielfalt von Formen tropischen Feldbaus mit Flächenwechsel. Es bestehen auch die Begriffe Anbauflächenwechsel oder Urwechselwirtschaft, letzterer weil shifting cultivation die älteste Form der Landnutzung darstellt. Sie ist heute noch in den feuchten südamerikanischen, südostasiatischen (starker Rückgang) und vor allem afrikanischen Tropen und Subtropen verbreitet. Die Abgrenzung ist nicht eindeutig, da sie mit den anderen Betriebsformen der Tropen vermischt auftritt.

Die Nutzung beruht auf dem Wechsel zwischen mehrjährigem Anbau von Feldfrüchten und langdauernder Brache mit Sekundärvegetation, weshalb Shifting cultivation oft auch als sequentielles Agroforstsystem bezeichnet wird. Somit dehnen sich die Nutzflächen nicht geschlossen aus, sondern verstreut im Übergang zwischen Regenwald und Feuchtsavanne oder inselförmig innerhalb des Waldes. Verstärkt wird in der englischsprachigen Literatur shifting cultivation strikt im Sinne von Wanderfeldbau verwendet und damit von dem Begriff bush fallow (Landwechselwirtschaft) abgegrenzt.

Die Erschließung erfolgt durch Abbrennen der natürlichen Vegetation (Brandrodung). Der meist mit der Hacke auf kleinen Parzellen betriebene Anbau umfaßt Mischkulturen mit Mais, Hirse, Batate, Yams, Taro, Bergreis, Maniok (Cassava), Bananen usw. und dient vorwiegend der Selbstversorgung. In feuchten Gebieten dominieren Knollenfrüchte, in trockeneren Körnerfrüchte. Baumwolle, Erdnüsse, Tabak u.w. gelangen auch zum Verkauf. Zur Bodenbearbeitung werden Pflanzstock, Grabstock und Hacke eingesetzt. Fruchtwechsel und künstliche Düngung fehlen gewöhnlich. Die Nutzfläche zeigt häufig eine ringförmige Anordnung mit intensiv und dauernd bestellten, z.T. auch gedüngten Innenfeldern und extensiv im Wechsel genutzten Außenfeldern. Diese werden jährlich neu verteilt und sind von sekundärem Wald, Busch oder Grasland durchsetzt. Nach zwei bis vier Jahren lässt der Ertrag nach. Erschöpfung und häufig auch Abschwemmungen des Bodens zwingen zur Verlagerung der Anbaufläche und zur Neurodung benachbarter Gebiete.

Der Anbauflächenwechsel kann mit einer Verlegung der Siedlung verbunden sein und wird dann Wanderfeldbau genannt. Bei der Landwechselwirtschaft bleiben die Siedlungen stationär, und nur die Anbauflächen wandern in ihrem Umkreis. Shifting cultivation ist mit Streusiedlung verbunden, da für größere Dörfer der Landvorrat in einer angemessenen Entfernung nicht ausreicht.

Bei genügender Dauer der Brache erbringt die shifting cultivation relativ hohe und sichere Erträge. Sie ist gut geeignet für dünnbesiedelte, kapitalarme Länder mit niedrigem Anspruchsniveau der Bevölkerung. Mit vorwiegender Selbstversorgungswirtschaft liegt die agrare Tragfähigkeit je nach Bodenqualität bei ca. 20-40 Personen/km². Übersteigt die Bevölkerungsdichte diesen Wert oder wird versucht, verstärkt marktorientiert und mit größerer Intensität zu wirtschaften, so gerät das System aus dem Gleichgewicht, die Erträge nehmen ab. Diese Situation einer unangepassten Nutzung ist erreicht im Stadium der Landwechselwirtschaft, die man als eine deformierte Form des Wanderfeldbaus ansehen kann.

Diese Art der Bewirtschaftung ist eine Anpassung an die humus- und nährstoffarmen Böden der Tropen und ermöglicht dem Landwirt regelmäßig auskömmliche Erträge zu erwirtschaften.

Die unterschiedlichen Wachstumsperioden haben den Vorteil, dass die Konkurrenz zwischen Ackerkultur und Gehölzen minimal ist, was sich vor allem positiv auf das Wachstum der jeweilig angebauten Kultur auswirkt. Darüber hinaus kann die Brache durch den gezielten Anbau von besonders geeigneten, den Boden regenerierenden Baumarten verkürzt werden.

Auch unter ökologischen Gesichtspunkten ist die traditionelle shifting cultivation eine angepasste und auf Nachhaltigkeit ausgerichtete Wirtschaftsweise. Dies trifft zu trotz ihres hohen Flächenaufwandes und ihrer verschwenderischen Anbauweise, bei der 300 t Biomasse geopfert werden um 1 t Getreide zu erzeugen. Demgegenüber läßt die Pflanzstocktechnik den empfindlichen Oberboden weitgehend unversehrt, die im Erdboden verbleibenden Baumstümpfe reduzieren die Bodenerosion und gewährleisten durch Stockausschlag einen raschen Wiederaufwuchs eines Sekundärwaldes.

Angaben über die aktuelle Verbreitung der shifting cultivation streuen stark. Sie reichen von der Auffassung als "absolut dominierender Wirtschaftsform in den lateinamerikanischen und afrikanischen Tropen" (Weischet/Caviedes) bis zur Angabe "der Anteil der Wanderfeldbauern an der gesamten Tropenbevölkerung der Erde dürfte somit maximal fünf bis zehn Prozent betragen" (Brauns/Scholz).

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