Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

Agrarreform

Geplante staatliche Maßnahmen zur Veränderung einer Agrarstruktur. Sie umfassen grundlegende Änderungen der (besitz-)rechtlichen, politischen, sozialen, und wirtschaftlichen Ordnung im ländlichen Raum, die nicht nur die Betriebsgröße, sondern auch die agroinstitutionelle Organisation bis hin zu den Vermarktungsbedingungen einbezieht. Ferner sind die Arbeitsverfassung, das Erbrecht, die Eigentumsstruktur u.w. betroffen. Eine Agrarreform soll der Überwindung von Hindernissen dienen, die einer wirtschaftlichen (Produktionssteigerung der Landwirtschaft) und sozialen Entwicklung (z.B. Verbesserung des Lebensstandards der Landbevölkerung) im Wege stehen.

Da Agrarreformen eine stärkere Eingliederung benachteiligter sozialer Gruppen erreichen sollen, treten neben Eigentumsänderungen auch Wandlungen der Produktionsverhältnisse, des Erziehungswesens usw.

Als Unterscheidungskriterium ist z.B. auch die Differenzierung nach kapitalistischen und sozialistischen Prinzipien von Agrarreformen von Bedeutung. Letztere sind beispielsweise in der VR China (ab 1949), in Kuba (ab 1959) und Algerien (ab 1961) angewandt worden. Kapitalistisch ausgerichtete Agrarreformen fanden in Ländern wie Mexiko (ab 1917) mit verschiedenen Phasen und Konzepten, Taiwan (ab 1949), Südkorea und Indien (ab 1950), Ägypten, Bolivien und Guatemala (ab 1952), Irak (ab 1958), Venezuela (ab 1959), Kolumbien (ab 1961), Iran, Costa Rica und Chile (ab 1962), Philippinen und Dominikanische Republik (ab 1963), Ecuador und Peru (ab 1964) statt.

Agrarreformen sind nicht mit agrarpolitischen Reformen zu verwechseln, bei denen es zu einer Schwerpunktverschiebung unter den Instrumenten der Agrarpolitik oder deren Neuausrichtung kommt.

Daneben werden die Begriffe Agrarreform und Agrarrevolution häufig nicht sauber getrennt. Sie unterscheiden sich auch weniger hinsichtlich ihrer Ziele als in der Radikalität und im Tempo ihrer Ausführung. Beide sind bei der Agrarrevolution in stärkerem Maße ausgeprägt, dafür fehlt ihr die Planung und damit viel an politischer Gestaltungsmöglichkeit. Beide Begriffe können distributive wie auch kollektivierende Ziele haben.

(s. a. Agrarpolitik, Agrarsozialreform, Bodenreform)

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