Allmende
1. Auch als Allmanden, Allmat, Gemeine Mark, Gemeinheitsgrund oder Gemeinheit bezeichnet; als landwirtschaftlicher Begriff bezeichnet Allmende gemeinschaftlichen Besitz einer Siedlung oder einer Gruppe von benachbarten Siedlungen abseits der parzellierten (in Fluren aufgeteilten) landwirtschaftlichen Nutzfläche. Allmenden mit ihren Realgütern wie Boden, Weiden oder Wald sind heute noch im Alpenraum, auf der schwedischen Insel Gotland, vereinzelt im Nord- und im Südschwarzwald (Hotzenwald) und in Südbayern, auf der Hallig Gröde, vor allem aber in ländlichen Gebieten der Entwicklungsländer verbreitet. Daran haben entweder alle oder ein Teil ihrer Bewohner Nutzungsrechte.
Es handelt sich um eine weltweit verbreitete Erscheinung, die sich im vorkolumbianischen inkaischen Agrarsystem Südamerikas oder bei den vorspanischen Puebloindianern im südlichen Nordamerika ebenso fand wie in allen Teilen Europas.
Es handelt sich um eine weltweit verbreitete Erscheinung, die sich im vorkolumbianischen inkaischen Agrarsystem Südamerikas oder bei den vorspanischen Puebloindianern im südlichen Nordamerika ebenso fand wie in allen Teilen Europas.
Im Gegensatz zum individuell und intensiv genutzten Wirtschaftsland ist das Allmendland (Weide, Wald, Wasser, auch Feld) nur extensiv genutzt und liegt meist am Rande der Gemarkung. Diese Flächen der Gemarkung sind nicht von Besitz- bzw. Eigentumsgrenzen gegliedert. Bei wechselwirtschaftlicher Nutzung, z. B. durch Feldwald- oder Feldgraswirtschaft, können jedoch Parzellierungen auftreten. Sie sind gewöhnlich nicht dauerhaft, da durch periodisch vorgenommene Verlosungen eine Neuverteilung der Nutzungsberechtigungen und damit auch eine Neuparzellierung erfolgt.
Die große Bandbreite von verfügungsrechtlichen Möglichkeiten landwirtschaftlichen Gemeinschaftsbesitz zu nutzen, umfasst u.a. folgende Varianten:
- ausschließlich gemeinsame Nutzung eines gemeinschaftlichen Besitzes
- teilweise kollektive, teilweise auch individuelle Nutzung (etwa in Form einer temporären Unterteilung in Nutzungsparzellen)
- ständige Individualnutzung bei periodischer Umverteilung des gemeinsamen Landbesitzes
Hinsichtlich der vielfältigen Nutzung von Allmenden sind für Mitteleuropa folgende, vorwiegend historische Möglichkeiten zu nennen:
- Viehweide, z.B. Eicheln- und Eckernmast der Schweine, Waldweide; Sömmerungsgebiete der Alpen (Alm/Alp)
- Deckung des Futterbedarfs, z.B. in Ginsterheiden durch Mähen der Krautschicht, Häckseln und Zerschneiden des abgeschlagenen Ginsters; Mahd von Waldgräsern und Waldkräutern, Laubfutter- und Laubheugewinnung; Riedgräser der Bachauen als Notfutter; Sammeln von Eicheln, Bucheckern und den Wurzelknollen des wilden efeublättrigen Alpenveilchens
- Streugewinnung: sog. Rechstreu, also Laub, Moos, Nadeln sowie Schneitelstreu von Bäumen, Plaggen, Sumpfwiesen (Streuwiesen)
- Mergelgruben zur Gewinnung von sog. Erddung
- Steinbrüche und Sandgruben zur Gewinnung von Baumaterial
- Gewässer zum Fischfang
- Wälder und Gehölze zur Gewinnung von Nutz-, Bau- und Brennholz
- Ginsterheiden zur Gewinnung von Brennmaterial und Reisig für Faschinen und Besen
- Wildbeute: Früchte, Kräuter, Pilze u.ä. zur Ergänzung der menschlichen Nahrung, Wildpflanzenprodukte für technische Zwecke (Wachs bzw. Pech bestimmter Bäume, Bast von Linden zum Verpacken, Binden, Mattenflechten usw.)
- Wasserrechte
- Torfabbau
Im mitteleuropäischen Bereich sind Allmenden nur noch in Relikten erhalten, vornehmlich als Folge der Agrarreformen des 18. - 20. Jahrhunderts. Ihre Nutzung betrifft die Bereiche Weidewirtschaft, Jagd, Fischfang, Holzbeschaffung und Streugewinnung.
Hinsichtlich einer nötigen Intensivierung der Landwirtschaft stellten die u.a. als Anger, Hutung oder Trift auftretenden und gewöhnlich in der Pflege vernachlässigten Allmenden ein großes Hindernis dar.
Die Allmende zählt nicht zur durch Besitzgrenzen gegliederten Flur.
2. In erweiterter Form findet der Begriff auch in den Wirtschafts- und Sozialwissenschaften und der Informatik Verwendung:
- So werden in der Mikroökonomie allgemein bestimmte Güter als Allmendegüter bezeichnet.
- Als Wissensallmende, englisch commons, bezeichnet man gemeinsames Gut der modernen Informationsgesellschaft.
- Die Tragik der Allmende (the tragedy of the commons) führt zur Übernutzung einer Ressource, wenn zu viele Eigner das (faktische) Recht haben, die Ressource zu nutzen, keine wirksamen Nutzungsregeln bestehen und keiner das (faktische) Recht hat, andere von der Nutzung auszuschließen.
- Die Tragik der Anti-Allmende (the tragedy of the anticommons) führt zur Unternutzung einer Ressource, wenn viele Eigentümer das Recht haben, andere von der Nutzung der Ressourcen auszuschließen und keiner ein effektives Nutzungsprivileg hat.
Weitere Informationen:
- Gemeingüter (APuZ 2011)