Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

Dreieckshandel

Der Begriff "atlantischer Dreieckshandel" bezeichnet ein Erklärungsmodell für einen Teil des über den Atlantischen Ozean betriebenen kolonialzeitlichen Handels zwischen Europa, Afrika und Amerika. Die tragende Säule des transatlantischen Handels war der Sklavenhandel, der 1517 seinen Anfang nahm, mit der Aufhebung des Verbotes durch Kaiser Karl V., schwarze Sklaven aus West-Afrika in die spanischen Kolonien der Neuen Welt zu exportieren. Bis Ende des 17. Jahrhunderts blieb der Sklavenhandel ein Vorrecht privilegierter Handelskompanien, danach beteiligten sich auch private Kaufleute mit wachsender Intensität daran. Im 18. Jahrhundert dominierten dann englische Kaufleute den Dreieckshandel. Anfang des 19. Jahrhunderts fand der Sklavenhandel durch entsprechende Gesetzgebung der USA und wichtiger europäischer Staaten offiziell sein Ende.

Transatlantischer Dreieckshandel 17. - 19. Jahrhundert -- Koloniale Herrschaftsgebiete um 1750

Transatlantischer Dreieckshandel 17. - 19. Jahrhundert
Koloniale Herrschaftsgebiete um 1750

Im sogenannten Dreieckshandel fuhren Schiffe mit Waren an die Küste Westafrikas, um sie dort gegen Menschen einzutauschen. Diese wurden versklavt, nach Amerika gebracht und dort verkauft. Von dort aus fuhren Schiffe zurück nach Europa, beladen mit Produkten wie Zucker, Kaffee oder Baumwolle, die durch Sklavenarbeit geerntet oder hergestellt worden waren.

Quelle: BpB

Idealtypisch geht das Modell von drei Stationen des Handels aus, die eine geschlossene Kette bildeten: Von einem Heimathafen in Europa fuhren (im Oktober) die mit Feuerwaffen, Stahl- und Bronzebarren, grobem Tuch, Glasperlen und Manufakturwaren beladenen Segelschiffe an die westafrikanische Küste (Küstenabschnitt zwischen dem heutigen Liberia und Kamerun) bis weiter nach Angola, wo die Güter gegen Sklaven eingetauscht wurden. Danach (ab etwa Anfang Dezember) steuerten die Schiffe Brasilien und die Karibik an, wo die Sklaven verkauft wurden und als billige Arbeitskräfte eine wichtige Voraussetzung für das Aufblühen und die Entwicklung der Plantagenwirtschaft bildeten. Vom Erlös der Sklavenverkäufe wurden landwirtschaftliche Erzeugnisse wie grober Rohrzucker, Rum und Melasse (v. a. Karibik) sowie Baumwolle (ab dem späten 18. Jh. v. a. Nordamerika) erworben. Ab April segelten die Schiffe überwiegend mit Zuckerprodukten beladen in ihre Heimathäfen zurück, um die Fracht auf dem europäischen Markt gewinnbringend zu verkaufen. Die Schiffe kamen im europäischen Frühsommer zu Hause an.

In zeitlicher Anpassung an die sich jahreszeitlich verlagernden Passatzonen wurden bei einem Dreieckshandel die Passatwinde, die Meeresströmungen und die sich ebenfalls verlagernde Westwindzone genutzt. Fahrten im Dreieckshandel dauerten (je nach Gebieten) insgesamt bis zu über 500 Tage.

Dies stellt aber nur das idealtypische Model dar. Viel öfter fuhren Schiffe direkt die Route zwischen Europa und Amerika. Weil der Sklavenhandel sehr einträglich war, pendelten ebenfalls Segelschiffe, die nur zum Transport von Sklaven gebaut worden waren, auf direktem Kurs zwischen Afrika und Amerika.

Transatlantischer Sklavenhandel 1501–1866 - Umfang und Ziele sowie koloniale Herrschaftsgebiete in Amerika um 1750

Transatlantischer Sklavenhandel 1501–1866
Umfang und Ziele sowie koloniale Herrschaftsgebiete in Amerika um 1750

Die angegebenen Zahlen beruhen auf Schätzungen. Die Anzahl der in Afrika versklavten und der in Amerika angekommenen Menschen stimmt aufgrund der hohen Sterblichkeitsrate auf den Sklavenschiffen nicht überein.

Quelle: BpB

Das System des Dreieckshandels entstand mit der Entdeckung Amerikas und nahm im 17. Jahrhundert an Bedeutung zu. Mit dem wirtschaftlichen Aufschwung im Zeitalter des Merkantilkapitalismus ab Mitte des 17. Jahrhunderts stieg auch in den Kolonien der Bedarf an Arbeitskräften, da die klimatischen und natürlichen Gegebenheiten in den Regionen die Produktion sehr gewinnträchtig, aber auch enorm aufwendig machten. Lateinamerika (besonders Brasilien), die karibischen Inseln (Jamaica, Barbados, Haiti) sowie die nordamerikanischen Festlandkolonien boten ideale Anbaubedingungen für Zucker, Tabak, Indigo, Reis und Baumwolle.

Sklaverei gab es im Süden der britischen Kolonien mindestens seit 1619, als eine Gruppe holländischer Händler mit zwanzig Afrikanern in Jamestown ankam. Sie war in Nordamerika bis zu ihrer Abschaffung 1865 in unterschiedlicher räumlicher Verteilung tief verwurzelt.

Ein klassisches Beispiel ist der koloniale Melassehandel. Kaufleute kauften Rohzucker (oft in seiner flüssigen Form, der Melasse) von Plantagen in der Karibik und verschifften ihn nach Neuengland und Europa, wo er an Destillerieunternehmen verkauft wurde, die Rum herstellten. Mit den Gewinnen aus dem Zuckerverkauf wurden in Neuengland Rum, Pelze und Holz gekauft, die die Kaufleute nach Europa transportierten.

Sklaverei und Baumwolle

Sklaverei gab es im Süden der britischen Kolonien mindestens seit 1619, als eine Gruppe holländischer Händler mit zwanzig Afrikanern in Jamestown (Virginia) ankam, um der Tabakproduktion aufzuhelfen. Sie war in Nordamerika bis zu ihrer Abschaffung 1865 in unterschiedlicher räumlicher Verteilung tief verwurzelt.

50 Jahre später war die Sklaverei fest etabliert, doch erreichten ihre Zahlen nie die Größenordnungen der übrigen europäischen Kolonialreiche. Von den rund elf Millionen Afrikanern, die von Sklavenschiffen vom 16. bis frühen 19. Jahrhundert in die neue Welt geschafft wurden, kamen nur 300.000 in das Gebiet, das nach dem Sieg der Siedler über die Armeen des Königs von England 1783 die USA werden sollten.

Dennoch lebten knapp 700.000 afrikanische Sklaven zur Zeit der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung (1776) durch Zuwachs im Gebiet der neuen Nation. Ihr Schicksal wurde den Einzelstaaten überlassen. Die Väter der freiheitlichsten Verfassung, die es bis dahin gegeben hatte, gingen davon aus, dass die wirtschaftliche Entwicklung die Sklavenhaltung in absehbarer Zeit überflüssig machen würde.

Baumwolle war in Nordamerika vor der Gründung der USA unbedeutend. Erst im November 1785 importierte die Liverpooler Firma Peel, Yates & Co. die ersten sieben Ballen amerikanischer Baumwolle, die jemals in Europa ankamen. Vor dieser ungeplanten und eigentlich unerwünschten Lieferung sahen europäische Kaufleute Baumwolle als ein Produkt der kolonialen Karibikinseln Barbados, Saint-Domingue (heute Haiti), Martinique, Kuba und Jamaika. Der amerikanische Süden, obwohl relativ groß und ausgedehnt, war hingegen die Hauptquelle für Reis und vor allem für Tabak.

Erst die Erfindung der Baumwollentkörnungsmaschine (cotton gin, von 'engine') durch Eli Whitney im Jahr 1793 machte den Baumwollanbau rentabel. Vor der cotton gin mussten die Arbeiter die Baumwollsamen von Hand von den Fasern trennen, ein langwieriger und mühsamer Prozess. Da es sich bei den Entkörnungsmaschinen um relativ einfache Maschinen handelte, die viele Firmen herstellen konnten, stieg die Baumwollproduktion im gesamten Süden schnell an. Arbeitskräfte waren frei geworden für die Arbeit auf den Baumwollfeldern, die rasch wuchsen. Die Erfindung der cotton gin erhöhte die Produktivität der Baumwollernte durch Sklaven erheblich. Dies führte zu dramatisch höheren Gewinnen für die Pflanzer, was wiederum zu einem scheinbar unersättlichen Anstieg der Nachfrage nach mehr Sklaven führte, in einem grausamen, brutalen und bösartigen Kreislauf.

Die von Sklaven produzierte Baumwolle brachte den kommerziellen Aufstieg von New York City, war die treibende Kraft für die territoriale Expansion im Alten Südwesten und förderte den Handel zwischen Europa und den Vereinigten Staaten. Tatsächlich blieb die Baumwollproduktivität, zweifellos aufgrund des Sharecropping-System, das die Sklaverei ablöste, für eine sehr lange Zeit zentral für die amerikanische Wirtschaft: Baumwolle war von 1803 bis 1937 der führende amerikanische Exportartikel.

Anders als Zucker oder Tabak waren Stoffe aus Baumwolle keine Luxusgüter, sondern ideale Massenwaren, die bald zum globalen Leitprodukt der Industrialisierung werden sollten. Zwischen 1812 und 1860 steigerten die Pflanzer zwischen North Carolina und Louisiana die Jahresproduktion des „Weißen Goldes“ von weniger als 300.000 auf mehr als vier Millionen Ballen. Das waren gut zwei Drittel der Weltproduktion. Parallel dazu vervielfachte sich der Preis, was sich auch auf dem Sklavenmarkt niederschlug. Hatte ein gesunder schwarzer Sklave von 25 Jahren um 1800 noch 600 Dollar gekostet, waren es 1860 bereits 1600 bis 1800 Dollar.

Hinzu kam, dass der Kongress die Konsequenz aus der britischen Politik zog, die dem transkontinentalen Sklavenhandel den Kampf angesagt hatte. 1808 wurde der Import von Sklaven aus Schwarzafrika verboten, und der Royal Navy gelang es auch, den Schwarzhandel weitgehend zu unterbinden. Amerikanische Plantagenbesitzer waren daher gezwungen, sich neue Arbeitskräfte im Inland zu beschaffen.

Bis 1860 wurden bis zu zwei Millionen Afrikaner, darunter auch freie Schwarze aus dem Norden, in die Baumwollgebiete des Südens verkauft, weit mehr als zuvor jemals eingeführt worden waren. Denn im Gegensatz zu den sklavenhaltenden Gesellschaften in Mittel- und Südamerika wuchs die unfreie Bevölkerung in den USA in außerordentlichen Größenordnungen. Letztlich verlängerte Baumwolle die Zeit der Sklaverei, Amerikas schwerste soziale Tragödie, und gleichermaßen verursachte die von Sklaven produzierte Baumwolle den amerikanischen Bürgerkrieg. (Seewald / Gates)

Als Handelsware hatte Baumwolle den Vorteil, dass sie leicht gelagert und transportiert werden konnte. In den industriellen Textilfabriken in Großbritannien bestand bereits eine Nachfrage danach, und mit der Zeit belieferte ein stetiger Strom von durch Sklaven geernteter amerikanischer Baumwolle auch die Textilfabriken im Norden der USA. Die von amerikanischen Sklaven gepflückte und verarbeitete Südstaaten-Baumwolle trug dazu bei, die industrielle Revolution des 19. Jahrhunderts sowohl in den Vereinigten Staaten als auch in Großbritannien voranzutreiben.

Nach der offiziellen Abschaffung des transatlantischen Sklavenhandels 1808 gewann der nationale Sklavenhandel in den USA an Bedeutung, vor allem durch den Bedarf der Besitzer von Baumwollplantagen. Intern entstand durch den Niedergang des Tabakanbaus ein Überschuss an Sklaven, die über den Sklavenmarkt schließlich auf Baumwollfeldern zum Einsatz kamen.

In den Jahren vor dem Bürgerkrieg produzierte der Süden den größten Teil der weltweiten Baumwollvorräte. Die Sklavenstaaten im Mississippi-Tal wurden zum Epizentrum der Baumwollproduktion, ein Gebiet mit rasanter wirtschaftlicher Aktivität, in dem sich die Landschaft dramatisch veränderte, als das Land von Kiefernwäldern und Sümpfen in Baumwollfelder verwandelt wurde. Die Rentabilität der Baumwolle hing von der Institution der Sklaverei ab, die das Produkt erzeugte, das dann die Gewinne der Baumwollspinnereien im Norden und in Europa ankurbelte.

Quelle: BpB und diverse weitere Quellen

Die Europäer waren beim Kauf von Sklaven in Afrika auf eine enge Kooperation mit arabischen und afrikanischen Zwischenhändlern angewiesen, die ihre „Ware“ im Inneren des Kontinents beschafften, in Depots an der Küste sammelten und dann an ihre europäischen Geschäftspartner verkauften.  Diese besetzten zum Teil feste Küstenplätze (z.B. französisch Gorée im heutigen Senegal oder Groß-Friedrichsburg, zunächst brandenburgisch-preußisch, später dann niederländisch, im heutigen Ghana) oder betrieben den Handel von ihren Schiffen aus. Der Sklavenhandel erlebte im 18. Jahrhundert seinen absoluten Höhepunkt , als jährlich ca. 55.000 Sklaven verfrachtet wurden. Mit dem Niedergang des Sklavenhandels zu Beginn des 19. Jahrhunderts kam auch der traditionelle Dreieckshandel zum Erliegen.

Am Handel waren fast alle europäischen Küstenländer beteiligt, portugiesische, französische, niederländische und englische Handelskompanien, vor allem aber die englische Royal African Company, die den verschiedenen Kolonien Sklaven verkaufte. Die Ende des 17. Jahrhunderts aktive deutsche Brandenburgisch-Afrikanische Compagnie war zu 0,15 bis 0,2 Prozent am rund vierhundertjährigen Dreieckshandel mit Sklaven beteiligt.

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