Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

landwirtschaftlicher Betrieb

Die an einem bestimmten Ort lokalisierte technisch-wirtschaftliche Einheit, die für Rechnung eines Inhabers (des Betriebsinhabers) bewirtschaftet wird, einer einzigen Betriebsführung untersteht, und mit ihrer Hauptproduktionsrichtung landwirtschaftliche Erzeugnisse hervorbringt. Zusätzlich kann der Betrieb auch andere (nichtlandwirtschaftliche) Produkte und Dienstleistungen (Lohnunternehmen, Maschinenringtätigkeiten) generieren.

Im Unterschied zum landwirtschaftlichen Unternehmen enthält ein landwirtschaftlicher Betrieb nur jene dispositiven Funktionen, die unmittelbar mit den exekutiven verknüpft sind. Insofern fehlen die die Selbständigkeit einer Wirtschaftseinheit ausmachenden Führungsfunktionen. Ein Landwirtschaftsbetrieb ist damit Teil einer Landwirtschaftsunternehmung.

Bei den in der Landwirtschaft der meisten Länder vorherrschenden Familienbetrieben fallen im allgemeinen Betriebsleiter und Unternehmer in einer Person zusammen. Deshalb werden die Begriffe landwirtschaftlicher Betrieb und landwirtschaftliches Unternehmen häufig synonym verwendet. Allerdings machen beispielsweise die Unternehmenskonstrukte im Gefolge der deutschen Wiedervereinigung eine Trennung der beiden Begriffe nötig.

Auch liegt in der Landwirtschaft - anders als in anderen Wirtschaftsbereichen - häufig eine enge Verbindung zwischen Unternehmen und Haushalt vor.

Zusammensetzung der Gesamtfläche des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs (Beispiel Österreich)
Zusammensetzung der Gesamtfläche des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs

Quelle: Grüner Bericht 2018

Statistische Probleme

Die agrarische Produktion von Nahrung erfolgt nach Einschätzung der FAO - auf der Basis von nur 30 Ländern! - durch ca. 570 Mio. landwirtschaftliche Einheiten, allerdings unter sehr unterschiedlichen Bedingungen.Dazu gehören die Betriebsgröße (Faktorausstattung), die Betriebsform (Produktionsprogramm), die sozio-ökonomische Situation und die Rechtsform. Hierzu gibt es auf globaler Ebene nur wenige Informationen.

Selbst bei der Erfassung von Betriebsgrößen gibt es beträchtliche Erhebungs- und Interpretationsprobleme. Viele in der Literatur getroffene Aussagen sind bestenfalls grobe Schätzungen. Hinzu kommt, dass es keine klare und einheitliche Terminologie für landwirtschaftliche Betriebe gibt. Die Bezeichnungen variieren nach Sprache und nationalem Kontext.

Aussagen zu agrarischen Großbetrieben (large bzw. large-scale farms, large operations) zu machen ist besonders schwierig. Meist ist nicht definiert, ab wann ein Betrieb als Großbetrieb eingestuft wird, auch nicht in Veröffentlichungen der FAO. In den nationalen Statistiken wird meist als Kriterium die Größe des bewirtschafteten Landes verwendet, es kann aber, wie z. B. in den USA, auch der erzielte Umsatz sein. In der EU gelten Betriebe ab 100 ha als large farms oder nach wirtschaftlicher Größe solche mit einem Standardeinkommen zwischen 25.000 und 100.000 €. In Tansania sind demgegenüber large-scale farms schon Betriebe, die mehr als 20 ha Land kultivieren oder 50 Rinder oder 100 Ziegen/Schafe/Schweine oder 1.000 Hühner halten.

Weltweit beträgt der Anteil der large-scale farms über 50 ha zwar nur 1 %, sie bewirtschaften aber 65 % der agrarischen Fläche (FAO). Viele der agrarischen Großbetriebe haben historische, z. T. weit zurückreichende Wurzeln (Feudalismus, Kolonialzeit, Sozialismus). Die meisten der großen Agrarbetriebe sind heute sogenannte corporate (non-family) farms. Sie sind ein wichtiger Teil des Agribusiness im engeren Sinne und Glieder von komplexen horizontal, aber auch vertikal integrierten Konzernen. Die größten Farmen finden sich heute in Transformations- oder Entwicklungsländern und übertreffen mit ihren Operationseinheiten von mehr als 10.000 ha diejenigen in den USA und Australien.

Auch wenn die corporate farms aufgrund ihrer Flächengröße beeindrucken, so werden sie in ihrer Bedeutung doch deutlich von den Familienbetrieben (family farms) übertroffen. Nach Angaben der FAO (2014) sind von den geschätzten 570 Mio. landwirtschaftlichen Betrieben weltweit ca. 500 Mio. (ca. 88 %) Familienbetriebe und werden von mindestens 1 Mrd. Landwirten und ihren Familienangehörigen betrieben. Familienbetriebe sind sowohl in Industrie- als auch Entwicklungsländern der wichtigste agrarische Betriebstyp, allerdings mit deutlichen regionalen Unterschieden und mit unterproportionalem Zugang zu Land. Familienbetriebe produzieren auf etwa 70 - 80 % des Agrarlandes wertmäßig etwa 80 % der globalen Nahrung.

Allerdings gibt es in verschiedenen Ländern unterschiedliche sprachliche Konnotationen, was unter "Familienbetrieb" zu verstehen ist, wissenschaftliche Publikationen umgehen häufig eine klare Definition. Im Sinne der FAO sind Familienbetriebe Produktionseinheiten, die sich im Eigentum einer Familie befinden und von dieser auch bewirtschaftet werden. Sie sind durch eine starke Beziehung zwischen der wirtschaftlichen Einheit des Betriebs und der sozialen Einheit der Familie charakterisiert, wobei ökonomische, ökologische, reproduktive, soziale und kulturelle Funktionen eng verknüpft sind.

Klein(st)betriebe produzieren Nahrung und andere Produkte in kleinem bis sehr kleinem Maßstab. Die Begriffe family farmers, smallholders oder peasants werden teilweise synonym verwendet, Kleinbetriebe können aber auch als Untergruppe der Familienbetriebe aufgefasst werden. Auch ihre Abgrenzung bzw. Definition ist schwierig. In der Regel wird als Kriterium die bearbeitete Fläche herangezogen, wobei dies nur bedingt aussagekräftig ist, da die Bedeutung von Betriebsgrößen vom jeweiligen agro-ökologischen Kontext (Bodenqualität, Niederschlag u. w.) sowie dem Produktionsprogramm abhängig ist.

Nach Angaben der FAO bewirtschaften 72 % der Agrarbetriebe weltweit weniger als 1 ha Land und damit nur 8 % des Agrarlandes, Betriebe mit 1 bis 2 ha (12 % aller) nur 4 %. Zusammengenommen bearbeiten Kleinbauern, die 84 % aller Betriebe ausmachen, also nur 12 % des Landes. In Kleinbetrieben ist die Ressource Arbeitskraft meist ausreichend oder sogar überschüssig, die übrigen Ressourcen Land Vieh und Kapital sind hingegen knapp. (Schmied 2018)

Die folgende Grafik illustriert die Verteilung der landwirtschaftlichen Betriebe und der landwirtschaftlichen Nutzfläche weltweit (nach Flächengrößenklasse)

Während Betriebe mit weniger als 2 ha Fläche mehr als 80 % aller landwirtschaftlichen Betriebe auf globaler Ebene ausmachen, nehmen sie einen weitaus geringeren Anteil der landwirtschaftlichen Nutzfläche der Welt ein. Daten aus der Landwirtschaftszählung zeigen, dass Betriebe mit mehr als 50 ha zwei Drittel der weltweiten landwirtschaftlichen Nutzfläche belegen, während Betriebe mit bis zu 2 ha nur etwa 12 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche ausmachen. Diese Zahlen spiegeln jedoch vor allem die Situation in Ländern mit hohem und mittlerem Einkommen wider, insbesondere in Lateinamerika. In Ländern mit niedrigem und niedrigem mittleren Einkommen ist die Situation wesentlich anders, da dort kleine Betriebe (bis zu 2 ha) einen großen Anteil der landwirtschaftlichen Nutzfläche einnehmen, der noch größer wird, wenn mittlere Betriebe bis zu 5 ha einbezogen werden. In Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen nehmen Betriebe mit bis zu 2 ha mehr als 30 % der Fläche ein, während Betriebe mit bis zu 5 ha etwa 60 % der Fläche ausmachen. In Ländern mit niedrigem Einkommen nehmen landwirtschaftliche Betriebe bis zu 2 ha etwa 40 % der Fläche ein, in Ländern mit bis zu 5 ha etwa 70 %.

Verteilung der landwirtschaftlichen Betriebe und der landwirtschaftlichen Nutzfläche weltweit (nach Flächengrößenklasse)
Zusammensetzung der Gesamtfläche des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs

Quelle: FAO

Landwirtschaftliche Betriebe in Deutschland

Landwirtschaftliche Betriebe werden in Deutschland nach dem Erwerbscharakter (Haupterwerbsbetriebe, Nebenerwerbsbetriebe) unterschieden.

In der deutschen Agrarstrukturerhebung werden die Daten in landwirtschaftlichen Betrieben gemäß der Definition in §91 des Agrarstatistikgesetzes (AgrStatG) erhoben. Auch die Ergebnisdarstellungen sind auf den landwirtschaftlichen Betrieb bezogen. Eine Definition bzw. Abgrenzung zu landwirtschaftlichen Unternehmen existiert im Erhebungs- und Veröffentlichungskonzept der Agrarstrukturerhebung nicht.

Steuerrechtlich ist ein "landwirtschaftlicher Betrieb" ein Unternehmen, das

  1. Pflanzen und Pflanzenteile mit Hilfe von Naturkräften erzeugt (§ 24 Abs. 2 UStG),
  2. Tierzucht und Tierhaltung betreibt (§ 24 Abs. 2 UStG), soweit die Anzahl der Tiere nicht bestimmte Grenzen überschreitet (§ 13 EStG),
  3. fremde Erzeugnisse mit dem Zweck der Wiederveräußerung nachhaltig nur in Höhe von 30 % des Gesamtumsatzes zukauft (Abschn. 134 (4) EStR),
  4. Einnahmen aus Dienstleistungen nur in Höhe von maximal einem Drittel des Gesamtumsatzes erzielt (Abschn. 134 (6) EStR).

Die Überschreitung einer dieser Grenzen bewirkt die steuerliche Einstufung als Gewerbebetrieb, obwohl land- und forstwirtschaftliche Produkte erzeugt werden. Zu den landwirtschaftlichen Betrieben, aber nicht zur statistischen Kategorie "Landwirtschaft" rechnen der Gartenbau sowie ein Teil der Forstwirtschaft und die Kombinationsbetriebe. Die statistischen Kategorie "landwirtschaftliche Betriebe und Forstbetriebe" wird nach dem Flächenverhältnis zwischen landwirtschaftlich genutzter Fläche und Waldfläche in landwirtschaftliche Betriebe und in Forstbetriebe gegliedert. Beträgt die landwirtschaftlich genutzte Fläche eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes mindestens 10 % seiner Waldfläche, dann ist er ein landwirtschaftlicher Betrieb, ist sie kleiner als 10 %, gilt er als Forstbetrieb.

Bei den landwirtschaftlichen Betrieben unterscheidet man in Deutschland:

In Deutschland gab es 2019 266.600 landwirtschaftliche Betriebe mit mehr als 5 Hektar landwirtschaftlich genutzter Fläche (LF), einschließlich 21.400 Betrieben mit weniger als 5 Hektar LF, die auf Grund ihrer Tierbestände oder von Spezialkulturen zu den berichtspflichtigen Betrieben gehören. Diese Betriebe bewirtschafteten 2019 rund 16,666 Millionen Hektar LF. Die durchschnittliche Flächenausstattung der landwirtschaftlichen Betriebe erreichte 2019 62,5 Hektar LF. Knapp 86 Prozent der Höfe in Deutschland bewirtschaften eine Fläche von maximal 100 Hektar. Nach ersten Ergebnissen der amtlichen Statistik für 2020 ist die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe um knapp 2 Prozent auf 262.000 Betriebe zurückgegangen.

Zuvor hatte die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe zwischen 2007 und 2019 um 55.000 auf 266.600 Betriebe abgenommen. Das sind 17,1 Prozent weniger. Pro Jahr entspricht dies einer Abnahmerate von etwa 1,6 Prozent. Damit scheint sich der landwirtschaftliche Strukturwandel etwas verlangsamt zu haben. Denn in den Jahrzehnten zuvor lag die durchschnittliche jährliche Abnahmerate der Betriebe bei etwa 3 Prozent, was statistisch etwa alle 20 Jahre eine Halbierung der Zahl der Betriebe entspricht.

Auffällig ist, dass sehr große Betriebe von dieser Entwicklung nicht betroffen sind. Ihre Zahl ist sogar gewachsen – besonders stark in der Größenklasse der Betriebe mit einer landwirtschaftlichen Fläche zwischen 200 und 500 Hektar. Derart große Betriebe sind aber noch die Ausnahme.

Anzahl und Größe landwirtschaftlicher Betriebe in Deutschland 2020

Die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe in Deutschland ist in den vergangenen Jahrzehnten stark zurückgegangen. Im Jahr 2020 gab es 263.500 landwirtschaftliche Betriebe in Deutschland. Vor 25 Jahren waren es noch mehr als doppelt so viele. Dieser Trend hat sich zwar verlangsamt, trotzdem ist die Zahl der Betriebe allein in den letzten zehn Jahren um rund 35.600 gesunken.

Auffällig ist, dass sehr große Betriebe von dieser Entwicklung nicht betroffen sind. Ihre Zahl ist sogar gewachsen – besonders stark in der Größenklasse der Betriebe mit einer landwirtschaftlichen Fläche zwischen 200 und 500 Hektar. Derart große Betriebe sind aber noch die Ausnahme.

Knapp 86 Prozent der Höfe in Deutschland bewirtschaften eine Fläche von maximal 100 Hektar. Im Durchschnitt verfügt ein landwirtschaftlicher Betrieb in Deutschland über eine Fläche von rund 63 Hektar.

Quelle: BZL 2021

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