Viehwirtschaft
Komplexe Nutzung von in der Regel domestizierten Tieren. Die Viehwirtschaft ist in vielen Teilen der Erde aufgrund nachteiliger klimatischer Bedingungen die einzig mögliche Form der Bodennutzung (z.B. Weidewirtschaft im Sahel oder in Tundren).
Die Viehwirtschaft kann nach folgenden Kriterien gegliedert werden:
- dem Nutzungsziel: Viehzucht, Arbeitstierhaltung (Zug- und Tragkraft), Kampf- und Sporttierhaltung, Milchtierhaltung, Fleischtierhaltung, Wolltierhaltung, Nutztierhaltung zur Gewinnung von Fellen, Federn, Haaren und Häuten oder von Eiern, Tierhaltung mit außer- und semiökonomischen Zielen (Kult, Religion, Sozialprestige, soziale Kontakte, Daseinssicherung, Freizeitgestaltung),
- der Nutztierart: Rinderhaltung, Pferdehaltung, Maultierhaltung, Eselhaltung, Schweinehaltung, Schafhaltung, Ziegenhaltung, Geflügelhaltung, Rentierhaltung, Pelztierhaltung, Wildtierhaltung, Kaninchenhaltung, Imkerei, Seidenraupenzucht, Reptilienhaltung,
- nach dem Grad der betrieblichen Integration:
- nichtintegrierte Nutztierhaltung, bei der Ackerbau und Viehhaltung keine Verbindung haben
- vollintegrierte Nutztierhaltung (Verbundwirtschaft) mit Ertragsveredelung und Einsatz von Wirtschaftsdünger
- nicht mehr integrierte Nutztierhaltung, d.h. unabhängige Nutztierhaltung auf der Basis des Fremdfutterbezugs; Auflösung der Verbundwirtschaft durch Spezialisierung, - der Größe des Nutztierbestandes, wie Einzeltierhaltung, Herdenhaltung, Massentierhaltung
Zusätzlich bieten die Organisationsformen eine Klassifizierungsmöglichkeit. Sie orientieren sich vornehmlich am Grad der Seßhaftigkeit bzw. der (Weide-)Flächenkonstanz:
- Stationäre Viehwirtschaft
mit regelhafter Viehrotation auf abgezäunten Weiden
mit freiem Weidegang innerhalb der Betriebsfläche - Semistationäre Viehwirtschaft
Almwirtschaft - Mobile Viehwirtschaft
Nomadismus
Transhumanz
Die Viehwirtschaft konzentriert sich auf wenige Tierarten, von denen nur fünf (Rind, Schaf, Ziege, Huhn) eine weltweite Bedeutung haben. An Standorten mit extremen Klimaverhältnissen können hochspezialisierte Tierarten (z.B. Kamel, Büffel, Lama, Yak) eine wesentliche Rolle spielen. Produktivitätsunterschiede erklären, weshalb von der tierischen Nahrungsproduktion der Erde über vier Fünftel auf die gemäßigten Klimazonen und etwa 50 % auf die Industrieländer entfallen, obwohl die Entwicklungsländer über bedeutende Tierpopulationen verfügen. In nahezu allen Industrieländern sind die Verkaufserlöse aus den tierischen Produkten für die Landwirtschaft weit wichtiger als die pflanzlichen Produkte.
Die Bewirtschaftung von Wildtieren (game ranching) ist global noch unbedeutend.
(s. a. Animal feeding operation, bodenunabhängige Viehhaltung, Concentrated animal feeding operation, Feedlot, Massentierhaltung)
Weitere Informationen:
- Der große Strukturwandel (Fleischatlas, Heinrich Böll Stiftung u. a. 2016)
- Nutztierhaltung und Fleischproduktion in Deutschland (BLE, Thünen-Institut)
- Steckbriefe zur Tierhaltung in Deutschland: Ein Überblick (BLE, Thünen-Institut 2019)
- Livestock and the environment (FAO)