Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

Agroforstwirtschaft

Agroforstwirtschaft bezeichnet eine Vielfalt von Landnutzungssystemen, die die Nutzung von Gehölzkulturen mit dem Anbau von Feldfrüchten oder einer Grünlandbewirtschaftung bzw. landwirtschaftlichen Tierhaltung auf derselben Bewirtschaftungseinheit (Schlag oder Parzelle) kombinieren. Diese Elemente können entweder in räumlicher Anordnung oder in zeitlicher Abfolge kombiniert werden. In Agroforstsystemen gibt es normalerweise sowohl ökologische als auch ökonomische Interaktionen zwischen den verschiedenen Komponenten. Landwirtschaftliche Sonderkulturen mit Holz bildenden Pflanzen wie Weinbau zählen nicht zu Agroforstsystemen.

Nach Angaben der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) wird Agroforstwirtschaft von mehr als 1,2 Milliarden Menschen auf rund 1 Milliarde Hektar (ha) Land weltweit praktiziert.

In manchen Agroforstsystemen werden Bäume mit Ackerpflanzen kombiniert (silvoarable Systeme), in anderen mit Viehhaltung (silvopastorale Systeme) oder mit beidem zusammen (agrosilvopastorale Systeme). Die verschiedenen Bewirtschaftungsformen werden so miteinander verbunden, dass sie sich bestmöglich gegenseitig ergänzen.

Agroforstwirtschaft - Weitere Definitionen

Eine knappe Definition des Begriffs gibt die Statistikabteilung der Vereinten Nationen:

"Agroforstwirtschaft ist ein Sammelbegriff für Landnutzungssysteme und Techniken, bei der mehrjährige Holzpflanzen (Bäume, Sträucher, Palmen, Bambus usw.) bewusst auf derselben Fläche genutzt werden, auf der auch landwirtschaftliche Nutzpflanzen angebaut und/oder Tiere gehalten werden, entweder in räumlicher Anordnung oder zeitlicher Abfolge kombiniert." (United Nations 1997)

Eine ausführlichere Definition findet sich im Glossar des Projekts International Assessment of Agricultural Knowledge, Science and Technology for Development (IAASTD):

"Agroforstwirtschaft ist ein dynamisches, umweltgerechtes System der Nutzung natürlicher Ressourcen, das durch die Einbeziehung von Bäumen in landwirtschaftliche Betriebe und in die Landschaft eine breit gefächerte und dauerhafte Produktion sichert, um so den sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Nutzen für alle Beteiligten zu steigern. Der Schwerpunkt der Agroforstwirtschaft liegt auf den vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten von Bäumen, die in bäuerlichen Betrieben und ländlichen Landschaften angepflanzt werden. Hierzu zählen so genannte fertilizer trees, die Pflanzennährstoffe nachliefern (aus tieferen Bodenschichten, Stickstofffixierung) und damit der Regeneration von Flächen, der Bodenfruchtbarkeit und der Ernährungssicherung dienen; Obstbäume als Nahrungsquelle; Futterbäume, die die kleinbäuerliche Tierproduktion verbessern; Nutz- und Brennhölzer für Hausbau und Energieerzeugung; Bäume, die Wirkstoffe zur Bekämpfung von Krankheiten liefern und Bäume, aus denen Naturgummi, Harze und Latex gewonnen wird. Viele dieser Bäume dienen mehreren Zwecken; daher besitzen sie etliche soziale, wirtschaftliche und ökologische Vorteile." (IAASTD 2009)

"Agroforestry is a collective name for land-use systems and technologies where woody perennials (trees, shrubs, palms, bamboos, etc.) are deliberately used on the same land-management units as agricultural crops and/or animals, in some form of spatial arrangement or temporal sequence. In agroforestry systems there are both ecological and economical interactions between the different components. Agroforestry can also be defined as a dynamic, ecologically based, natural resource management system that, through the integration of trees on farms and in the agricultural landscape, diversifies and sustains production for increased social, economic and environmental benefits for land users at all levels. In particular, agroforestry is crucial to smallholder farmers and other rural people because it can enhance their food supply, income and health.Agroforestry systems are multifunctional systems that can provide a wide range of economic, sociocultural, and environmental benefits." (FAO)

Weltweit werden Bäume schon seit langer Zeit in Ackerbau und Viehhaltung integriert. So werden im westindischen Bezirk Kodagu seit dem 19. Jahrhundert Kaffeeplantagen unter einheimischen Bäumen angelegt. Auch in Europa haben Agroforstsysteme eine lange Geschichte. In Spanien etwa werden seit mindestens 4.500 Jahren Rinder, Schweine und Schafe auf Weiden unter Eichen gehalten, deren Blätter und Eicheln nahrhaftes Futter liefern. Die Agroforstwirtschaft rückte allerdings erst in den späten 1970er Jahren in den Fokus internationaler Institutionen, wie der Landwirtschafts- und Ernährungsorganisation der Vereinten Nationen (FAO), als nachhaltige Alternativen zu chemie-intensiven Praktiken der sogenannten Grünen Revolution gesucht wurden.

Agroforstwirtschaft ist global sehr vielgestaltig und wird angewendet in Regionen, die so verschieden sind wie Mitteleuropa, die USA oder Subsahara-Afrika. Sie stellt ein historisches Beispiel dar für Landnutzungssysteme, die keinen Einsatz zusätzlicher Düngemittel und Pestizide erfordern und über integrierte Schädlingskontrolle verfügen. Diese Aspekte sind besonders wichtig in Regionen, in denen kein Zugang zu chemischen Produkten besteht oder die Böden arm sind wie in vielen Bereichen der Tropen. Weltweit betreiben rund 1,2 Milliarden Menschen Agroforstwirtschaft auf einer Fläche von insgesamt mehr als zehn Millionen Quadratkilometern – das entspricht einer Fläche so groß wie die USA.

Integriertes Agroforstsystem auf der Kakaofarm El Cacao (Nicaragua)

Integriertes Agroforstsystem auf der Kakaofarm El Cacao (Nicaragua)

Das Nebeneinander unterschiedlicher Pflanzen auf El Cacao sorgt für Artenvielfalt und Bodenfruchtbarkeit, sowie für teils dauerhaften (Mahagoni), teils temporären (Banane) Schatten.
Die Ziele des Projektes sind die Förderung der Produktion und der Export von nachhaltig angebautem und zertifiziertem Kakao hoher Qualität durch nicaraguanische Kooperativen. Über das Projekt werden Kleinbauern beim nachhaltigen Anbau von Kakao unterstützt und Kakaobohnen zu fairen Preisen angekauft. Ein weiteres Ziel des Projektes ist es, Know-how an die Bauernfamilien weiterzugeben und durch ein diversifiziertes Agroforstsystem das Abholzen von Waldflächen zu vermeiden.

Weltweit gibt es auf einer Fläche von 7,8 Mio. ha Kakao-Agroforstsysteme, in denenKakao unter einem Blätterdach produziert wird.

Quelle: Ritter Sport Blog

Agroforstwirtschaft in den Tropen

Der Begriff "Agroforstwirtschaft" ist relativ neu, der damit beschriebene Nutzungstyp jedoch sehr alt. Die traditionellen Agrarökosysteme der feuchten Tropen sind häufig durch eine enge Verbindung von Bäumen mit mehr- und einjährigen Pflanzen charakterisiert.

Der Begriff bezieht sich hier üblicherweise auf eine meist kleinräumige Nutzungsmischung mit stockwerkartigem, die Naturvegetation nachahmendem Aufbau in Waldgebieten vornehmlich der Feuchttropen als nachhaltiges, ökologisch und sozial angepasstes Agrarsystem.

Im globalen Süden werden viele landwirtschaftliche Produkte wie Kaffee, Kakao oder Kautschuk in Agroforstsystemen angebaut.

Das intensivste agroforstwirtschaftliche System ist das der "Kandy-Gärten" Sri Lankas. Dies sind kleine Farmen, die auf einer engen Verbindung zwischen Kokos-, Kitril- und Betelpalmen basieren. Zudem wachsen dort Gewürznelken-, Zimt-, Muskatnuss-, Zitrus-, Mango-, Rambutan- und Brotfruchtbäume, es gibt eine niedrigere Schicht mit Bananen und kletternden Pfefferpflanzen sowie am Rand eine bodennahe Schicht aus Mais, Maniok, Bohnen und Ananas.

Gut funktionierende Agroforstsysteme sind auch aus Nord-Kamerun und aus Yucatán bekannt. In Kamerun liegt dies an den fruchtbaren Basaltböden, in Yucatán, wo Kalk als Ausgangsgestein der Böden ansteht, an dem Reichtum an basisch wirkenden Kationen.

Zu den Erscheinungsformen der Agroforstwirtschaft zählt der in den humiden Tropen auftretende und manchmal bis zu 2 ha große Hausgarten oder Waldgarten (home garden, forest garden, mixed garden). Bei ihm werden bestimmte Nutzpflanzen in natürliche Baumbestände integriert. Varianten treten überall in den Tropen und Subtropen auf, vor allem aber in Südostasien. Dort dienen sie z.B. dem Anbau von Fruchtbäumen, Rattanpalmen, Heilpflanzen und Gemüse.

Tropische Systeme der Agroforstwirtschaft - Überblick
Systembezeichnung Beschreibung
Systeme in Hanglage

Ein gut untersuchtes Beispiel für ein Agroforstsystem in Hanglage ist das Quesungual Slash and Mulch Agroforestry System (QSMAS) im Department Lempira, Honduras. Diese Region wurde historisch für Brandrodung und Subsistenzlandwirtschaft genutzt. Aufgrund schwerer saisonaler Regenfälle wurde der freiliegende Boden weggeschwemmt, so dass in der Trockenzeit unfruchtbarer, karger Boden übrig blieb. Die bewirtschafteten Hanglagen mussten nach einigen Jahren aufgegeben werden und neuer Wald wurde verbrannt. Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) half bei der Einführung eines Systems, das das lokale Wissen einbezieht und aus folgenden Schritten besteht:

  1. Ausdünnen und Beschneiden von Sekundärwald in Hanglage, wobei einzelne nützliche Bäume, insbesondere stickstoffbindende Bäume, belassen werden. Sie tragen dazu bei, die Bodenerosion zu verringern, die Bodenfeuchtigkeit zu erhalten, Schatten zu spenden und stickstoffreiches organisches Material in Form von Streu zu liefern.
  2. Maispflanzen in Reihen; Mai ist eine traditionelle lokale Kulturpflanze.
  3. Maisernte von der getrockneten Pflanze und pflanzen von Bohnen. Die Maisstängel bieten eine ideale Stütze für die kletternden Bohnenpflanzen. Die Bohne ist eine stickstofffixierende Pflanze und hilft daher, mehr Stickstoff einzubringen.
  4. Kürbis kann während dieser Zeit gepflanzt werden. Seine großen Blätter und sein horizontaler Wuchs sorgen für zusätzlichen Schatten und Feuchtigkeitsspeicherung. Er konkurriert nicht mit den Bohnen um Sonnenlicht, da letztere vertikal an den Stängeln wachsen.
  5. Alle paar Nutzungsperioden Graswuchs zulassen und Beweidung mit Rindern, damit dem Boden organische Substanz und Nährstoffe (Dung) zugeführt werden. Die Rinder verhindern eine vollständige Wiederaufforstung, indem sie um die Bäume herum weiden.
  6. Wiederholung des Zyklus
Schattenkulturen Bei Schattenanwendungen werden die Pflanzen absichtlich unter Baumkronen in der schattigen Umgebung angebaut. Die Pflanzen im Unterwuchs sind schattentolerant oder die Bäume im Oberwuchs haben ein relativ offenes Blätterdach. Ein auffälliges Beispiel ist der Anbau von Kaffee im Schatten. Diese Praxis reduziert die Kosten für die Unkrautbekämpfung und verbessert die Qualität und den Geschmack des Kaffees.

Frucht-über-Gehölz-Systeme
(Crop-over-tree systems)

Bei Crop-over-tree Systemen werden mehrjährige Gehölze zum Bodenschutz eingesetzt. Hierfür werden kleine Sträucher oder Bäume verwendet, die in Bodennähe beschnitten werden. Ziel ist es, den Nährstoffgehalt im Boden zu erhöhen und/oder die Bodenerosion zu verringern.

Dokumentierte Beispiele sind Kochbananen über Flemingia und Jackfruit über Calliandra calothyrsus oder Acacaia Angustissima.

Mischkulturen und Alley-Cropping Beim Alley-Cropping wechseln sich Anbaustreifen von Feldfrüchten mit Reihen von dicht stehenden Baum- oder Heckenarten ab. Normalerweise werden die Bäume vor dem Anpflanzen der Kulturpflanze beschnitten. Das abgeschnittene Blattmaterial wird über die Anbaufläche verteilt, um Nährstoffe zu liefern. Zusätzlich zu den Nährstoffen dienen die Hecken auch als Windschutz und verringern die Erosion.
In den tropischen Gebieten Nord- und Südamerikas werden verschiedene Inga-Arten wie I. edulis und I. oerstediana für den Alley-Cropping-Anbau verwendet.
In Afrika sind Mischkulturen vorteilhaft, vor allem in Bezug auf die Verbesserung der Maiserträge in der Sub-Sahara-Region. Die Nutzung stützt sich auf die stickstofffixierenden Baumarten Sesbania sesban, Tephrosia vogelii, Gliricidia sepium und Faidherbia albida. In einem Beispiel zeigte ein zehnjähriges Experiment in Malawi, dass durch den Einsatz des Düngebaums Gliricidia (Gliricidia sepium) auf Flächen, auf denen kein Mineraldünger ausgebracht wurde, die Maiserträge im Durchschnitt 3,3 Tonnen pro Hektar betrugen, im Vergleich zu einer Tonne pro Hektar in Parzellen ohne Düngebaum oder Mineraldünger.
Taungya Taungya ist ein System, das seinen Ursprung in Burma hat. In der ersten Zeit eines Obstgartens oder einer Baumplantage stehen die Bäume klein und in großen Abständen. Der freie Raum zwischen den neu gepflanzten Bäumen wird für eine saisonale Kultur genutzt. Anstelle von aufwändigem Unkrautjäten liefert die nicht ausgelastete Fläche einen zusätzlichen Ertrag und ein Einkommen. Komplexere Taungyas nutzen den Platz zwischen den Bäumen für unterschiedliche Feldfrüchte. Die Pflanzen werden schattentoleranter, wenn die Baumkronen wachsen und die Menge an Sonnenlicht, die den Boden erreicht, abnimmt. Durch Ausdünnen kann die Sonneneinstrahlung aufrechterhalten werden.
Itteri Agroforstwirtschaft Itteri Agroforstsysteme sind ein traditionell entwickeltes System in Tamil Nadu (S-Indien), die seit undenklichen Zeiten bestehen. Es beinhaltet die bewusste Bewirtschaftung von vielseitig einsetzbaren Bäumen und Sträuchern, die in enger Verbindung mit krautigen Arten angebaut werden. Es kommt oft entlang der Dorf-/Farmstraßen, kleinen Rinnsalen und auch entlang der Grenzen von landwirtschaftlichen Feldern vor.

Agroforstsysteme gemäßigter Breiten

Traditionell weit verbreitet waren in Europa die silvopastoralen Systeme, bei denen die Gehölzkultur mit Viehhaltung kombiniert ist. Beispiele sind die Waldweide, die Streunutzung oder die Eichelmast. Ein altes Agroforstsystem in landwirtschaftlich geprägten Landschaften Mittel- und Nordwesteuropas waren die Heckensysteme. Als weiteres traditionelles Agroforstsystem, wenngleich noch relativ jung, sind die Streuobstbestände zu nennen.

Traditionelle Systeme haben sich häufig zu naturschutzfachlich besonders wertvollen Lebensräumen entwickelt (z.B. Hutewälder und Streuobstwiesen).

Agroforstprojekt mit Lavendel und Walnussbäumen bei Chatillon en Diois (Dep. Drôme, Rég. Auvergne-Rhône-Alpes)

Agroforstprojekt mit Lavendel und Walnussbäumen bei Chatillon en Diois (Dep. Drôme, Rég. Auvergne-Rhône-Alpes)

Die veredelten, frostharten Walnussbäume der alten französischen Varietät Franquette dienen der Walnussproduktion, der Lavendel der Parfümherstellung.

Quelle: Climate ADAPT, pers. Mitteilung

Wie in den Tropen ist auch in unseren Breiten die sehr große Bandbreite von möglichen Baum-, Nutzpflanzen- und Nutztierkonstellationen ein besonderes Merkmal der Agroforstwirtschaft. Beispiele sind Schafe, die unter Korkeichen weiden (in Montados und Dehesas in bestimmten Teilen Portugals und Spaniens), oder hohe Obstbäume, unter denen Getreide angebaut oder Vieh geweidet wird (Streuobst in Mitteleuropa), oder Rentierhaltung in den borealen Wäldern. Auch die möglichen Produkte für den Verkauf sind vielfältig: Oliven, Früchte, Nüsse, Beeren, Samen, Blätter, Knollen, essbare Blumen, Biomasse, Hackschnitzel, Bauholz, Brennholz, Fleisch, Eier, Milch, Honig usw. Systeme, die Apfelanlagen, Olivenhaine, Kastanienwälder oder Walnusspflanzungen umfassen, werden als hHochwertige Baumsysteme angesehen.

Mit der Modernisierung und Intensivierung der land- und forstwirtschaftlichen Produktion in der EU in den 1960er Jahren, sind viele traditionelle Agroforstsysteme, die bis dahin praktiziert wurden, inzwischen verschwunden. Zum Beispiel Bocages (Weideland mit einem Netzwerk von Hecken), die über Jahrhunderte hinweg angelegt wurden, sind großen Feldern gewichen, da Hecken entfernt wurden.
Heute sind die multifunktionale Rolle von Hecken und ihr Wert für die Umwelt besser verstanden: Schutz der Biodiversität, bessere Bodenqualität, Regulierung von Abfluss und Erosion, etc. Es gibt jetzt ein neues Interesse an der Integration von Bäumen in die landwirtschaftliche Nutzung.

Aktuell gibt es Systeme, die jüngeren Datums sind und vor allem aus einer naturschutzfachlichen Perspektive heraus entwickelt wurden (halboffene Weidelandschaften).

Moderne, produktionsorientierte Agroforstsysteme orientieren sich im Gegensatz zu vielen traditionellen Systemen in ihrer Gestaltung maßgeblich an den Erfordernissen heutiger Produktionstechnik in der Landwirtschaft. Eine maschinelle Bewirtschaftung soll möglichst uneingeschränkt möglich sein, um eine ökonomisch konkurrenzfähige Produktion von landwirtschaftlichen und forstwirtschaftlichen Produkten zu ermöglichen.

Agroforstsysteme gemäßigter Breiten - Überblick
Systembezeichnung Beschreibung
Alley cropping und Strip cropping Alley-Cropping (siehe oben) kann auch in gemäßigten Klimazonen eingesetzt werden. Strip Cropping ähnelt dem Alley Cropping insofern, als dass sich Bäume mit Feldfrüchten abwechseln. Der Unterschied besteht darin, dass beim Alley-Cropping die Bäume in einer einzigen Reihe stehen. Beim Strip-Cropping werden die Bäume oder Sträucher in einem breiten Streifen gepflanzt. Der Zweck kann, wie beim Alley Cropping, darin bestehen, Nährstoffe in Form von Blättern für die Pflanzen bereitzustellen. Beim Strip-Cropping können die Bäume eine rein produktive Funktion haben, indem sie Früchte, Nüsse usw. liefern und gleichzeitig die benachbarten Kulturen vor Bodenerosion und schädlichen Winden schützen.
Fauna-basierte Systeme

Bäume können der Tierwelt zugute kommen. Die häufigsten Beispiele sind Waldweiden, auf denen Rinder, Ziegen oder Schafe das unter Bäumen wachsende Gras fressen. In heißen Klimazonen sind die Tiere weniger gestresst und nehmen schneller zu, wenn sie in einer kühleren, schattigen Umgebung grasen. Auch die Blätter von Bäumen oder Sträuchern können als Futter dienen.

Ähnliche Systeme unterstützen auch andere Tierarten. Rehe und Schweine nehmen zu, wenn sie in einem Waldökosystem leben und fressen, besonders wenn das Baumfutter sie nährt. In der Aquaforstwirtschaft beschatten Bäume Fischteiche. In vielen Fällen fressen die Fische die Blätter oder Früchte der Bäume.

Das Dehesa- oder Montado-System der Waldwirtschaft ist ein Beispiel für die extensive Haltung von Schweinen und Stieren in Spanien und Portugal.

Systeme entlang von Grenzen

Ein lebender Zaun kann eine dichte Hecke oder ein an lebenden Bäumen aufgereihter Zaundraht sein. Lebende Zäune schränken nicht nur die Bewegungsfreiheit von Menschen und Tieren ein, sondern bieten auch Lebensraum für insektenfressende Vögel und verlangsamen im Falle einer Grenzhecke die Bodenerosion.

Uferpuffer sind Streifen mit dauerhafter Vegetation, die sich entlang oder in der Nähe von aktiven Wasserläufen oder in Gräben befinden, in denen sich der Wasserabfluss konzentriert. Sie sollen verhindern, dass Nährstoffe und Erde das Wasser verunreinigen.

Windschutzstreifen reduzieren die Windgeschwindigkeit über und um die Pflanzen. Dies steigert die Erträge durch ein geringeres Austrocknen der Ernte und/oder durch das Verhindern des Umkippens der Feldfrüchte bei starken Windböen.

Effekte agroforstwirtschaftlicher Systeme

In agroforstwirtschaftlichen Systemen erfüllen die meist ausdauernden Gehölze je nach Artenwahl und räumlicher Anordnung verschiedene Funktionen. Dazu zählen z.B. Produktionsfunktionen Nahrung, Tierfutter oder Brenn- und Bauholz sowie Schutzfunktionen (Windschutz, Erosionsschutz und Bodenschutz, Beschattung). Zusätzlich erhöhen Agroforstsysteme die Kohlenstoffbindung und die Biodiversität in der Landschaft.

Die agrare Tragfähigkeit erhöht sich mit Agroforstwirtschaft von ca. 20 Personen/km² auf über 40. Das System ist relativ arbeitsintensiv und kapitalextensiv (low input system) und demnach den Bedingungen der autochthonen Bevölkerung entsprechend. So ist diese Sonderform von Agrarökosystemen vor allem in den kleinbäuerlichen Betrieben der Tropen und Subtropen zu finden.

Agroforstwirtschaft mit ihren vielfältigen Erscheinungsformen (u.a. Alley Cropping, Stockwerkkultur, Taungya-System, Waldweide) ermöglicht in Tropengebieten die Verdoppelung bis Vervierfachung der Flächenerträge gegenüber traditioneller shifting cultivation und erlaubt den Schritt zu permanentem Landbau.

Vor der landwirtschaftlichen Industrialisierung waren sie auch in Europa und damit auch in Deutschland weit verbreitet. Bekannte Beispiele sind Streuobstwiesen, Waldweidenutzung, Waldfeldbau und Windschutzhecken. Erst in den letzten 15 Jahren wurden in Europa moderne Systeme eingeführt, die dem aktuellen Mechanisierungsgrad der Landwirtschaft angepasst sind. Dabei werden die Gehölze nicht mehr verstreut auf den landwirtschaftlichen Flächen verteilt, sondern in Reihen angepflanzt.

Idealerweise werden in Agroforstsystemen verschiedene ökologische Funktionen besser erfüllt als in reinen Ackerbausystemen. Gehölzpflanzen schützen den Boden besser vor Wind- und Wassererosion als annuelle Pflanzen und erhöhen die Artenvielfalt des Systems. Ihr Wurzelsystem erreicht größere Tiefen als das der meisten Ackerkulturpflanzen, sodass Wasser und Nährstoffe aus diesen Bodenbereichen genutzt werden. Durch die anfallende Streu gelangt organisches Material auf die Bodenoberfläche, und ihr Abbau durch Bodenorganismen macht die aus dieser "Nährstoffpumpe" stammenden anorganischen Substanzen für Pflanzen verfügbar. Dies führt zu einem geringeren Bedarf an externen Düngemitteln. Die Durchwurzelung durch Gehölzpflanzen nimmt auch Einfluss auf die Bodenstruktur und damit auf die Infiltrationsrate von Niederschlagswasser. (Martin und Sauerborn 2006)

Weitere Informationen:

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