Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

Kautschukbaum

Auch Parakautschukbaum (Hevea brasiliensis), engl. Pará rubber tree, franz. l’hévéa; eine aus Südamerika stammende Pflanzenart aus der Familie der Wolfsmilchgewächse (Euphorbiaceae), die den Naturkautschuk, einen gummiartiger Stoff in ihrem Milchsaft (Latex) liefert.

Merkmale und Eigenschaften

Der Kautschukbaum erreicht Wuchshöhen von etwa 20 bis 40 m und in Plantagen Stammdurchmesser von ungefähr 35 cm. Das Kern- und das Splintholz ist gelblich und riecht in frischem Zustand unangenehm. Die Borke ist hellgrau. Im weichen Bast des Stammes verlaufen Milchröhren (Milchsaftgefäße), durch die der Milchsaft fließt. Dieser besteht zu 55–70 % aus Wasser und 30–40 % aus Kautschuk. Die restlichen Stoffe sind Zucker, Eiweiße, Harze und Wachse, die jeweils nur 0,5–2 % ausmachen.

Geschichte

Ursprünglich war das Vorkommen auf das tropische Amazonasbecken beschränkt. Die Indianer nannten die Pflanze auch „ca-hu-chu“, was so viel wie „weinendes Holz“ bedeutet. Im 15. Jahrhundert berichteten die Portugiesen als erste von Latex und erkannten die positiven Eigenschaften, wie zum Beispiel die Möglichkeit, wasserdichte Kleidung durch Beschichtung mit dem dickflüssigen Saft herzustellen, ähnlich dem Tapa-Rindenbaststoff aus Polynesien.

Nach der Entdeckung des Herstellungsverfahrens von Gummi (durch Vulkanisation des Kautschuks) im Jahr 1839 erhöhte sich die Nachfrage enorm und führte in der Amazonasregion um Manaus und Belém zu einem Kautschukboom. Brasilien hielt das Weltmonopol über Jahrzehnte, auch nachdem in den afrikanischen Tropen Naturkautschuk gewonnen wurde. Nach mehreren missglückten Versuchen anderer gelang es 1876 dem Abenteurer Henry Wickham im Auftrag des britischen India Office und der Royal Botanic Gardens, Kew (bei London), Kautschukbaumsamen außer Landes zu bringen. In den ostasiatischen Gebieten der Straits Settlements (malayische Halbinsel) entstanden nach verschiedenen Rückschlägen in den 1890er Jahren die ersten Plantagen, die ihre Produkte ab 1905 auf den Weltmarkt brachten. Bald verdrängte britischer Kautschuk aus Malaya den brasilianischen vom Weltmarkt, und Großbritannien übte eine Monopolstellung über den weltweiten Kautschukhandel aus.

Ansprüche

Der Kautschukbaum gedeiht bestens auf gut drainierten Böden, d. h. bevorzugt auf Hügeln und an Berghängen. Feuchte oder sumpfige Böden sind für ihn ungeeignet. An Flachküsten, Flüssen und Seen ist er daher selten verbreitet.

Im feuchten Äquatorialklima entwickeln sich ganzjährig neue Blätter, so dass der Baum sehr anfällig für Infektionen ist. In durch Jahreszeiten geprägten Regionen hat der Pilz dagegen weniger Möglichkeiten für einen Befall. Dies ist z. B. in dem durch kühlere und trockenere Winter geprägten Bundesstaat São Paulo der Fall, so dass heute etwa 60 % des brasilianischen Kautschuks dort produziert wird.

Anbau

Aktuell wird der Baum vor allem im sogenannten Kautschukgürtel (ungefähr 30° nördlicher Breite bis 30° südlicher Breite) mit Schwerpunkt SO-Asien angepflanzt.

Nach etwa fünf bis sechs Jahren ist die Nutzpflanze alt genug für die Gewinnung des Milchsafts. Über eine Nutzungsdauer von ca. 30 Jahren schneidet man dazu mit einem Messer in die Rinde ein. Die Milchröhren laufen entgegen dem Uhrzeigersinn in einem Winkel von 3,5° zur vertikalen Richtung. Daher erfolgt der Zapfschnitt spiralig mit einem speziellen Messer von links oben nach rechts unten in einem Winkel von 30° zur horizontalen Richtung. Die Methoden sind unterschiedlich.

Beim Schnitt darf das unter den Milchröhren gelegene Kambium auf keinen Fall zerstört werden, da sonst keine Regeneration der Rinde und damit der Milchröhren möglich ist. Der Milchsaft tritt aus und wird in kleinen Eimern aufgefangen. Der Schnitt erfolgt nur über die Hälfte des Baumumfanges, damit ein Lebendstreifen die Wasser- und Nährstoffversorgung sichert.

Der Anbau von Kautschukbäumen findet überwiegend in kleinbäuerlicher Produktion statt. Der Kautschukbaum speichert vergleichsweise viel des klimawirksamen Treibhausgases Kohlendioxid (CO2) und wird Naturkautschuk nachhaltig angebaut, schafft der Anbau nicht nur technologischen und wirtschaftlichen Fortschritt und Arbeitsplätze, sondern auch Lebensräume für Tiere und Pflanzen. Dennoch ist der Kautschukanbau mit verschiedenen sozialen und ökologischen Auswirkungen verbunden.

Wirtschaftliche Bedeutung

Kautschuk und Ölpalmen sind heute die bei Weitem wichtigsten Plantagenkulturen, die auch von Kleinbauern in großem Umfang angebaut werden.

Der Kautschukbaum hat eine große wirtschaftliche Bedeutung, da sein als Naturkautschuk (Kautschuk) oder Naturlatex (Latex) bezeichneter Milchsaft die wichtigste natürliche Quelle dieses nachwachsenden Rohstoffs für die Gummiherstellung ist. Durch diese intensive Nutzung wurde der Kautschukbaum weit verbreitet und wird vor allem in Plantagen in Asien und anderen Bereichen des sogenannten Kautschukgürtels angebaut. Gleichzeitig wird ein großer Teil des Bedarfs durch petrochemisch erzeugten Synthesekautschuk gedeckt. Seit etwa 1900 gibt es diesen Synthesekautschuk, der heute etwas mehr als die Hälfte des weltweiten Kautschukbedarfs deckt. Trotzdem spielt Naturkautschuk aufgrund der speziellen Eigenschaften vor allem in puncto Elastizität bis heute eine entscheidende Rolle in der Industrie, und man rechnet mit einer Zunahme des Bedarfs nach Naturkautschuk. Daher ist mit einer deutlichen Ausweitung der Anbauflächen zu rechnen.

Die drei größten Produktionsländer waren im Jahr 2005 Thailand (3.030.000 t), Indonesien (1792.000 t) und Malaysia (1.000.000 t). Auch in Afrika weiten sich die Anbaugebiete aus. Die brasilianischen Bestände sind dagegen aktuell stark von der Südamerikanischen Blattfallkrankheit bedroht, deren Auslöser der parasitären Pilz Microcyclus ulei ist.

Nutzung

Rund 70 Prozent des Naturkautschuks gehen an die Automobilindustrie zur Produktion von Autoreifen. Bindemittel sind ein weiteres wichtiges Produktfeld. Weitere Produkte sind:  Dichtungsringe, Schwämme, Matratzen, Porengummi, Kühlschläuche, Scheibenwischer, Dachisolierung, Latexkleidung, Handschuhe, Kondome und Luftballons.

Im Alter von etwa 25 Jahren stellt der Baum die Produktion von Latex ein, so dass er in der Plantagenwirtschaft gefällt und durch neue Pflanzen ersetzt wird. Das dabei anfallende Holz, sogenanntes Rubberwood, ca. 50 Mio. m³ pro Jahr, liegt mit seinem hellen, warmen Farbton im Trend und wird dank seiner hohen Härte von ca. 6,2 nach der Brinell-Härteprüfung, und damit deutlich härter als zum Beispiel Buche (ca. 4,1), Ahorn (ca. 4,7) oder Eiche (ca. 4,3) und seiner Unempfindlichkeit gegen Feuchtigkeitsschwankungen mehr und mehr auch für den Möbelbau eingesetzt. Die in Monokultur angebauten Pflanzen machen in manchen Ländern, wie zum Beispiel Malaysia, schon einen Großteil des Möbelholzes aus. Auch in Europa wird es vermehrt für den Innenausbau eingesetzt. Das Holz wird auch zu Spielzeug verarbeitet und findet außerdem im Musikinstrumentenbau Verwendung.

Weitere Informationen:

Pfeil nach linksKationenaustauschkapazität (KAK)HausIndexKazikePfeil nach rechts