Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

Bergbaufolgelandschaft

Bezeichnung für die in großräumigen Gebieten des Bergbaus sowohl während des Abbaus als auch nach dessen Ende entstehende oder entwickelte, multifunktionale Kulturlandschaft. Gemäß fachlicher Definition handelt es sich um eine aus der Bergaufsicht entlassene Bergbaulandschaft, unabhängig davon, ob und wie viele technische Maßnahmen zur Wiederherstellung von land- und forstwirtschaftlichen Flächen, naturnahen Lebensräumen (Renaturierung), sowie von Siedlungsbereichen und Infrastrukturen stattgefunden haben.

Der in diesem Kontext häufig verwendete Begriff Rekultivierung bezeichnet die Wiederherstellung einer neuen Kulturlandschaft mit allen notwendigen Aktivitäten, die dem forstlichen, land- und wirtschaftlichen Gefüge einer Kulturlandschaft dienen.

Die oft für lange Zeit anfallenden gesellschaftlichen Kosten für Bergbaufolgelandschaften werden als Ewigkeitslasten bezeichnet.

Tagebaugebiete

Die Gewinnung beispielsweise von Braunkohle im Tagebau bedeutet den Verlust der über den abzubauenden Lagerstätten in Jahrhunderten gewachsenen Kulturlandschaft. Nicht nur die gewohnte Oberflächengestalt und die Kulturböden, auch das in geologischen Zeiträumen entstandene Gestein wird bis in größere Tiefen abgebaggert. Die Grundwasserverhältnisse werden gestört oder verändern sich vollkommen. Die für die Landschaft des Abbaugebietes typischen Pflanzen und Pflanzengemeinschaften verlieren ihre Lebensgrundlagen, ebenso die wildlebenden Tiere, soweit sie nicht ausweichen können.

Tagebaugebiete sind u. a. gekennzeichnet durch KippenHaldenRestlöcherBöschungen und Bergbauseen, die nach abgeschlossener Wiedernutzbarmachung oder Renaturierung als Elemente der technogenen Naturraumeinheiten das Bild und wesentliche Funktionen der Landschaft bestimmen.

Beispielsweise haben die Lausitzer Tagebaue bis heute knapp 900 km² devastiert. Es ist rund die Hälfte der bundesweit durch den Braunkohlenabbau zerstörten Landschaft – eine Fläche wie Berlin. Seit dem Jahr 1924 sind in der Region 135 Gemeinden bzw. Ortsteile verschwunden, wurden „abgebaggert“ und ihre Bewohner, zumeist der sorbischen Minderheit angehörend, umgesiedelt.

Vom 'Raubbau' an Natur und Landschaft ...

Ab den 1950er-Jahren führt die Intensivierung der Kohleförderung zu einem regelrechten 'Raubbau' an Natur und Landschaft. Die Braunkohle wird wichtigster Energieträger der DDR, um so unabhängig von in Devisen zu bezahlenden Energieimporten an Öl und Erdgas zu sein. Ende der 1980er-Jahre deckt sie rund 70 % des Bedarfs an Primärenergie. Zwischen Hoyerswerda und Spremberg entsteht mitten in Kiefernwäldern ab 1955 das Gaskombinat Schwarze Pumpe. Es wird zum größten Braunkohlenveredlungsbetrieb der Welt ausgebaut. Bis zu 15.000 Werkstätige erzeugen u. a. Koks, Stadtgas, elektrische Energie, Fernwärme, Dampfkraft, Teer und Briketts.

Im Lausitzer Revier fördern zu dieser Zeit 16 Tagebaue knapp 200 Mio. t Rohbraunkohle pro Jahr, und das bei einem zunehmend ungünstigeren Kohle- / Abraum-verhältnis. Waren zu Beginn der industriellen Braunkohlenförderung nur durchschnittlich 35 m Deckgebirge als Abraum zu beseitigen, liegt das wirtschaftlich bedeutende zweite Lausitzer Kohleflöz bis zu 120 m tief.

Die jährliche Flächeninanspruchnahme steigert sich in den 1980er-Jahren auf über 3.000 ha. Gleichzeitig verschleißen die ohnehin ungenügenden Ressourcen zur Wiederurbarmachung. Der Investitionsstau und die allgemeine Materialknappheit sind ein Spiegelbild der schwierigen volkswirtschaftlichen Gesamtsituation. Es kommtzu immer größeren Rekultivierungsdefiziten, und die Umweltsituation spitzt sich zu. [...] Unbegrünte und brachliegende Rohkippen bestimmen vielerorts das Landschaftsbild. Der ehemalige Bezirk Cottbus, welcher weitgehend das Lausitzer Braunkohlenrevier umfasst, weist insgesamt 181.388 ha als Bergbauschutzgebiet aus, davon 57.247 ha Landwirtschaftsfläche und 93.540 ha Wald. Hier hat der Braunkohlenbergbau Vorrang vor allen anderen Nutzungen. Planungen sehen die Förderung bis in das Jahr 2075 vor.

Tagebau Welzow-Süd - Förderbrücke F 60

Tagebau Welzow-Süd - Förderbrücke F 60

Von links: Vorschnitt im Deckgebirge – freigelegtes Kohleflöz – tertiäre Abraumkippe, es erfolgt eine spätere Überdeckung mit „kulturfreundlichem“ Substrat.

Foto: P. Radke (LMBV)

... zum Sanierungsbergbau mit 'neuen Landschaften'

Nach der deutschen Wiedervereinigung im Jahr 1990 findet eine Neuordnung des Energiesektors statt. Innerhalb weniger Jahre kommt es zur Schließung der meisten, nun unrentablen Betriebsstätten. Damit verringern sich die jährlichen Flächenverluste im Lausitzer Revier schlagartig auf unter 1/4 der früheren Inanspruchnahme. Heute im Jahr 2021 fördern die vier Großtagebaue Welzow-Süd und Jänschwalde in Brandenburg, Nochten und Reichwalde für den sächsischen Teil des Lausitzer Reviers. Sie beliefern vorrangig die Großkraftwerke Boxberg, Schwarze Pumpe und Jänschwalde. Zur Bewältigung der Altlasten des Braunkohlenbergbaus wird Ende 1992 ein Verwaltungsabkommen zwischen dem Bund und den betroffenen Ländern Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen geschlossen. Die Braunkohlensanierung ist das größte zusammenhängende Umweltprojekt in Deutschland. Mit den Fortschritten des Sanierungsbergbaus überwiegt seitdem die Wiedernutzbarmachung entsprechend Bundesberggesetz und auf Basis der Landesplanung. Der Sanierungsbergbau wird bis Mitte der 2030er Jahre allein 150 km² Wasserfläche mit einem Volumen von 2,3 Mrd. m³ fertigstellen, darunter 32 ausgedehnte Bergbaufolgeseen. Doch auch der aktive Bergbau leistet seinen Beitrag. So entsteht im Verantwortungsbereich der Lausitz Energie Bergbau AG (LE-B) seit dem Jahr 2019 die Cottbusser Ostsee – mit 19 km² Deutschlands größte künstliche Wasserfläche. Das im Revier entstehende Lausitzer Seenland ist Europas größte künstlich geschaffene Wasserlandschaft.

Den flächenmäßig bedeutsamsten Anteil nehmen aber die rekultivierten Innenkippen und Außenhalden ein, wovon jedoch noch große Flächen geotechnisch gesichert werden müssen. Diese umgelagerten Massen sind Extremstandorte und auch eine Herausforderung für die vegetative und faunistische Wiederbesiedlung. Bisher sind rund 585 km² der ehemaligen Tagebaue in eine reguläre Folgenutzung überführt worden. Mit 31.500 ha entwickeln sich 53 % der bislang wiedernutzbargemachten Flächen in neue Wälder. Die öffentlich festgelegte Planung aus Anfang und Mitte der 1990er-Jahre sieht die Wiederherstellung der entzogenen Waldfläche von 47.000 ha vor. Ein Teil der in den 1970er und 1980er-Jahren gekippten und wiederaufgeforsteten Flächen muss im Revier nach dem großräumigen Grundwasserwiederanstieg jedoch für geotechnische Sicherungen noch einmal in Anspruch genommen werden. In aller Regel dauert es heute von der Flächeninanspruchnahme bis zur Wiederbegrünung der Abraumkippen weniger als 15 Jahre. „Mondlandschaften“ nach dem Bergbau gehören längst der Vergangenheit an.

Quelle: J. Schlenstedt, U. Steinhuber, D. Knoche; AFZ 17/2021

Grundsätzlich müssen zerstörte Flächen auf die gleiche Art genutzt werden können wie vor Beginn des Abbaus. Gleichfalls ist in den Auflagen, die Bergbautreibende erfüllen müssen, festgelegt, wie viel Fläche wieder für Land- oder Forstwirtschaft nutzbar sein soll. Gesetzliche Vorgaben schränken allerdings die Umsetzung durch den Passus „sofern gewünscht und zumutbar“ ein, sodass in der Praxis die Restlöcher oft mit Wasser gefüllt werden, da dies die einfachste Form der Nachnutzung ist.  In den Restlöchern älterer Tagebaue breiten sich heute Seen aus; große Gewässer sind unter anderem wegen des zu erwartenden Massendefizits nach Kohleabbau auch in den Restlöchern heutiger Tagebaue geplant, bzw. schon entstanden. (Die neuen Seen der Lausitz)

Die Beseitigung von Gefahren hat für die Entlassung der Flächen aus der Bergaufsicht höchste Priorität. Zu diesem Zweck werden Maßnahmen zur Böschungssicherung, Bodenverbesserung, Erosionsminderung und Bodenverdichtung ergriffen.

Ein Neustart der Bodenentwicklung

Frisch aufgetragenes Bodenmaterial für eine landwirtschaftliche oder forstliche Folgenutzung oder auch für eine naturbelassene Besiedlung durch Pflanzen, Tiere und Mikroorganismen beginnt seine Entwicklung als Rohboden, als Lockersyrosem mit initialer Humusbildung. Erstes abgestorbenes Pflanzenmaterial oder auch zugeführte organische Düngung wird zerkleinert, zersetzt, humifiziert und mineralisiert. Dabei entstehen Humus und Pflanzennährstoffe, die Voraussetzungen für das Wachstum höherer Pflanzen. Allmählich entwickelt sich ein durchgehender humoser Oberboden, bei landwirtschaftlicher Nutzung eine Ackerkrume. Aus dem rohen Lockersyrosem entsteht bei kalkfreiem Bodenmaterial ein Kipp-Regosol und bei kalkhaltigem Kippmaterial eine Kipp-Rendzina. Erst im Verlauf von Jahrhunderten entwickeln sich diese Böden durch Entkalkung, Verwitterung und Gefügebildung in unserem atlantischen bis subkontinentalen Klima zu Braunerden, Parabraunerde oder unter Kiefer auf stark saurem Substrat zu Podsolen.

Landwirtschaftliche Rekultivierung (Deutschland)

Die Rekultivierung einer Bergbaufolgelandschaft als landwirtschaftliche Nutzfläche ist mit erheblichen Folgekosten verbunden. Neulandböden erreichen nur selten das landwirtschaftliche und ökologische Potenzial ihrer Vorgänger. Ökologischer Landbau ist für lange Zeit vollkommen unmöglich. Die Erträge auf den rekultivierten Ackerflächen erreichen trotz aller Bemühungen erst nach 60 bis 80 Jahren das Niveau gewachsener Böden aus ähnlichen Substraten. Bis dahin können diese Felder nur mit großen Mengen an Mineral- und Wirtschaftsdünger, sowie an Kalk fruchtbar gehalten werden.

Ziel der Rekultivierung zur landwirtschaftlichen Nutzung sollten abwechslungsreich strukturierte Folgelandschaften mit nicht zu groß dimensionierten Ackerflächen sein, die sowohl der landwirtschaftlichen Nutzung als auch der biologischen Vielfalt Rechnung tragen und so einem Rückgang an Insekten, Vögeln und Pflanzen entgegenwirken können.

Im Idealfall sollte der durch Abbaumaßnahmen anfallende Oberboden nach Schichten und Horizonten getrennt gelagert und bei der anschließenden Flächenrekultivierung wiederverwendet werden. Jedoch hat die belebte Bodenschicht nur eine Dicke von 20 bis 30 Zentimetern, ein Abraumbagger aber eine Abtragstiefe von drei Metern. Beim Ab- und Wiederauftragen werden deshalb belebter Oberboden und unbelebter Unterboden vermischt. Auf den rekultivierten Standorten befindet sich sodann unter der rund einen Meter dicken künstlichen Oberbodenschicht eine etwa 100 Meter mächtige Zone aus aufgeschüttetem Abraum, in dem sämtliche Grundwasserleiter zerstört sind. Weil die Agrarflächen nunmehr aus Bodenteilchen bestehen, die nicht zusammenhalten, ist das ganze Gefüge instabil und für bis zu 30 Jahre nur eingeschränkt beanspruchbar.

Rheinisches Revier

Das Rheinische Braunkohlenrevier liegt linksrheinisch im südlichen Teil der Niederrheinischen Bucht. Diese ist ein tektonisches Einbruchsfeld das im Wesentlichen in der Zeit des Tertiärs entstanden ist. Während des Tertiärs herrschten in verschiedenen Phasen Bedingungen vor, die das Entstehen von z.T. mächtigen Torfmooren begünstigte, aus denen später die heutigen Braunkohlenflöze entstanden. (Geologie)

Im Rheinischen Revier zwischen den Städten Köln, Aachen und Mönchengladbach steht ausreichend kulturfreundliches Bodenmaterial als Deckschicht der (geplanten) Tagebaue an. In der Regel wird Material, das auf der einen Seite des Tagebaus gewonnen wird, direkt auf der anderen Seite mit dem Absetzer aufgebracht. Dabei werden humushaltiges Oberbodenmaterial, karbonatfreier Lösslehm und der mehrere Meter mächtige karbonathaltige Löß verschnitten und zum Aufbau des neuen landwirtschaftlich genutzten Bodens verwendet. Teilweise wird der Löss jedoch auch zwischen den Tagebauen transportiert oder für längere Zeit zwischengelagert. (Historie und Rekultivierung)

Bandanlage zum Lösstransport

Bandanlage zum Lösstransport

Über Bandanlagen wird das Substrat für die Bodenherstellung durch den Tagebau transportiert.

Quelle: RWE

Eine wichtige Rolle für die Funktionalität der Standorte spielt auch die sogenannte Rohkippe. Diese unter dem aufgekippten Löss liegende Schicht muss aus wasserdurchlässigen Kiesen und Sanden bestehen, damit Niederschlagswasser aus dem Lösskörper in die tieferen Bodenschichten gelangen kann. Dies ist für die Wassermengen notwendig, die weder durch Verdunstung, Pflanzenwachstum, oder Speicherung im Lösskörper gebunden werden können.

Je nach Nutzungsziel werden Löss, Sand und Kies für die Rekultivierungsböden als oberste Bodenschicht mit großen Absetzern rippenförmig abgekippt und im Anschluss planiert. Für eine landwirtschaftliche Folgenutzung wird mindestens 2 Meter kalkhaltiger Löss über wasserdurchlässigem Sand und Kies aufgetragen.

Während einer in der Regel siebenjährigen Zwischenbewirtschaftung durch einen eigenen Betrieb des Tagebaubetreibers RWE Power AG werden die Flächen optimal nutzbar gemacht und anschließend an die Landwirte zurückgegeben. Bei der Zwischenbewirtschaftung erfolgt in den ersten drei Jahren ein Anbau von Luzerne mit dem Ziel einer weiteren Bodenverbesserung. Die Luzerne als Tiefwurzler vermag das Porengefüge der Böden anzureichern und somit auch das Edaphon nachhaltig zu fördern. Ebenso kann der Stickstoffgehalt der Böden und der Humusanteil angereichert werden. Der Luzerneanbau mit seinem Blütenangebot für Insekten stellt gleichzeitig eine sehr großflächige Naturschutzmaßnahme dar.

In den folgenden vier Jahren wird die Zwischenbewirtschaftung in der Regel mit Getreideanbau fortgeführt. Hierbei handelt es sich um eine primär bodenschonende Bewirtschaftungsweise, welche gleichzeitig auch als guter Zeiger der Bodenqualität ggf. noch vorhandenen Nachbesserungsbedarf aufzeigt.

In einem zwischen Eigentümer und Bergbautreibendem geschlossenem bergbaulichen Überlassungsvertrag werden im Vorfeld der Inanspruchnahme des Grundstücks die Modalitäten der Entschädigung bzw. die Rückgabe in Form von rekultiviertem Neuland geregelt. Die Landrückgabe erfolgt im Rahmen eines Flurbereinigungsverfahrens durch eine öffentliche Behörde.

Dabei werden die für bergbauliche Zwecke genutzten Ackerflächen gegen neu hergestelltes rekultiviertes Ackerland getauscht. Das Tauschverhältnis bei der Rückgabe der Flächen nach Beendigung der bergbaulichen Nutzung wird auf Basis der Ackerzahlen (Bonität) für das Altland und das Neuland ermittelt. Dazu erfolgt nach Abschluss der Rekultivierung eine Neubewertung (Bonitierung) der hergestellten Neulandböden durch einen unabhängigen Schätzungsrat (Delegation von Gutachtern). Die dabei festgelegte Bonitierung der Neulandböden ist maßgeblich für das Tauschverhältnis. 

Früher angewandtes Spülverfahren zum Lössauftrag
Verteilung des Rekultivierungssubstrats mit dem Absetzer
optimaler Ausgangszustand
Planierarbeiten

Bereitstellung des Materials zur Bodenrekultivierung

Das bis in die 1980er Jahre durchgeführte Spülverfahren, die Verteilung des Rekultivierungssubstrats mit dem Absetzer, der optimale Ausgangszustand für die Planierung der Kipprippen nach der Verkippung und der Einsatz von Planierraupen, die möglichst geringen Druck auf den Boden ausüben.

Quelle: RWE

Die Rekultivierungssubstrate im Rheinischen Revier bilden die Basis für zahlreiche Nutzungen. Neben der klassischen ackerbaulichen Nutzung, sind die neu angelegten Flächen u. a. auch Standorte für Obstwiesen oder Weiden – meist in Kombination mit Zielen des Natur- und Kulturlandschaftsschutzes. So konnten in der Rekultivierung zahlreiche alte Obstsorten wieder angepflanzt werden. Darüber hinaus sind versuchsweise Anpflanzungen von Gemüse sowie Heil- und Gewürzpflanzen vorgenommen und testweise Weinhänge angelegt worden.

Die rheinischen Tagebaue haben bisher rund 290 Quadratkilometer Land in Anspruch genommen (Stand 2021). Davon sind bis heute etwa 200 Quadratkilometer wieder nutzbar gemacht worden. Gut 103 Quadratkilometer sind Ackerland, 77 Quadratkilometer Waldflächen und 20 Quadratkilometer Wasser- und sonstige Flächen.

Verlegte Indeaue umgeben von rekultivierten Agrarflächen

Verlegte Inde, umgeben von rekultivierten Agrarflächen

Im Jahr 2005 erreichte der Tagebau den früheren Verlauf der Inde. Ein 5 km langer Teilabschnitt des Flusses musste daher umverlegt werden. Der vormals begradigte Fluss erhielt dabei wieder einen natürlichen, auf einer Länge von 12 km frei mäandrierenden Verlauf innerhalb einer 300 m breiten Aue. Innerhalb der mit 400 000 Bäumen und Sträuchern bepflanzten Flussaue, kann die Inde nun natürlich über die Ufer treten und schafft mit ihrer Dynamik ständig neuen Lebensraum in Form von Kiesbänken, Inseln, Tümpeln und Steilufern für viele Arten der Fluss- und Auenlandschaften.

Quelle: RWE

Ostdeutsche Reviere

Im Lausitzer Revier in den Ländern Brandenburg und Sachsen hat die Braunkohleförderung eine lange Tradition. Vor allem bis 1989 wurden hier große Mengen des „braunen Goldes“ abgebaut, denn die Energieversorgung der DDR stützte sich vorwiegend auf diesen umweltbelastenden Energieträger.

Die früher praktizierte Technologie der Verkippung der Böden, überwiegend ohne gesonderte Gewinnung und Lagerung des Oberbodens, führte zu einer Mischung der verschiedenen geologischen Schichten. Substrate, die über Jahrmillionen tief im Untergrund lagerten, gelangten an die Oberfläche. Ihre Eigenschaften bestimmen jedoch die Richtung und Geschwindigkeit der Bodenentwicklung sowie das Ertragspotenzial der Kippböden.

Schema eines Förderbrückentagebaues im Lausitzer Revier
Schema eines Förderbrückentagebaues im Lausitzer Revier

Quelle: SMUL

In den Lausitzer und Mitteldeutschen Braunkohlerevieren besteht die mit Humus angereicherte oberste Bodenschicht überwiegend aus quartären Substraten. Diese setzen sich aus Schmelzwasser- / Talwassersanden sowie Geschiebedecksanden der Eiszeiten (Pleistozän) zusammen. Darunter folgen mächtige tertiäre Beckensedimente aus kohle-/ schwefelhaltigen Sanden, Schluffen und Tonen. Die Lausitzer Tagebauhalden und -kippen bestehen zu 90 Prozent aus Sanden und Lehmsanden, während im mitteldeutschen Revier die hochwertigen pleistozänen Substrate, Sandlöß und Löß sowie Lößlehm, Auenlehme und Auenschluffe große Flächen einnehmen. Sie werden zur Herstellung von Landwirtschaftsflächen verwendet. (Geologie und Landschaft Lausitzer Revier)

Im Lausitzer Revier weisen die tertiären Substrate sowie Mischsubstrate tertiärer und quartärer Herkunft, die auf etwa 60 Prozent der Kippenflächen die oberste Schicht bilden, deutlich schlechtere Eigenschaften auf. Dies führt zu Schwierigkeiten vor allem bei der Herrichtung für eine landwirtschaftliche Nutzung.

Eine Besonderheit stellen die in der Nähe von Kraftwerken auf circa 1.100 Hektar verkippten oder verspülten Kraftwerksaschen dar. Quartäre sandige Böden, wie sie in der Lausitz vorherrschen, besitzen wegen ihres hohen Grobporenvolumens eine gute Durchlüftung und Wasserleitfähigkeit. Sie entwässern jedoch schnell und können Nährstoffe nur schlecht binden. Ihre pH-Werte sind neutral bis schwach sauer. Die quartären bindigen Substrate Mitteldeutschlands sind durch hohe Mineral- und Nährstoffvorräte, günstige pH-Werte und eine hohe Wasserspeicherkapazität gekennzeichnet.

Die tertiären Kippsubstrate hingegen enthalten Kohlebestandteile sowie Eisendisulfide (Pyrit, Markasit), die bei Luftzutritt und Wasserzufuhr zu einer extremen Versauerung (pH-Wert < 2,5) und zu einer hohen Salzkonzentration im Bodenwasser führen. Charakteristisch für vom Tagebau beeinflusste Böden sind die Humus- und Nährstoffarmut, fehlende oder geringe bodenbiologische Aktivität als auch häufig die fehlende Fähigkeit der Wasserspeicherung. So zeigt sich eine äußerst ungünstige Ausgangslage für das Wachsen neuer Landschaften.

Das Forschungsinstitut für Bergbaufolgelandschaften e.V. (FIB) unterstützt mit seiner Forschungstätigkeit verschiedenste Rekultivierungsoptionen. Beispielsweise prüft das FIB seit mehr als zwei Jahrzehnten den Anbau nachwachsender Rohstoffe und neuer Kulturen auf marginalen Standorten im südlichen Brandenburg. Im Ergebnis der Anbauversuche zeigen sich besonders vielversprechende Ansätze für die landwirtschaftliche Nutzung von Lavendel, Robinienholz im Kurzumtrieb und Sorghum-Dualhybriden. Auch sind beispielsweise trockenheitstolerante Färber-, Heil-, Ölpflanzen eine ökologisch vorteilhafte Anbaualternative zu konventionellen Acker-Fruchtfolgen.

Angesichts des ertragsbegrenzenden Wasserangebots im nordostdeutschen Tiefland besteht ein weiterer Forschungsschwerpunkt in der Weiterentwicklung von Modellen zur Bewässerungssteuerung hin zu einer bedarfsgerechten Teilflächenbewässerung (“Precision Irrigation”). Daneben bietet das FIB e.V. verschiedene Dienstleistungen für die Anwender, etwa indem die Bewässerungsgaben tagesaktuell berechnet werden.

Forstliche Rekultivierung (Deutschland)

Rheinisches Revier

Für eine forstliche Folgenutzung wird bereits beim Abräumen der Deckschicht in den Tagebauen des Rheinlandes eine Mischung aus Kies und Sand mit einem Anteil von rd. 25 % Löss gemischt und als 4 m starke „Forstkiesschicht“ auf dem Kippenkörper aufgetragen. Das lockere Bodenmaterial kann ausreichend Wasser speichern und wird – häufig ohne weitere Vorbereitung – gleich im Anschluss mit Endbestandsholzarten bepflanzt.

Das Forstkiesgemisch wird direkt im obersten Schnitt der Tagebaue mit den Schaufelradbaggern gewonnen, wo entsprechende Löss- und Kiesverhältnisse vorliegen. Ohne künstlichen Mischvorgang wird der Forstkies dann mittels Absetzer in einer Mächtigkeit von etwa zwei bis vier Metern auf die zur Rekultivierung anstehenden Flächen verkippt. Das bewirkt ein unsortiertes Schüttgut, das dadurch charakterisiert ist, das kleine und große Bestandteile mit einem hohen Hohlraumvolumen verkippt werden. Damit sind eine gute Bodendurchlüftung und Durchwurzelbarkeit sichergestellt. 

Bepflanzung nach dem Substratauftrag

Bepflanzung nach dem Substratauftrag

Von besonderer Bedeutung ist auch der Zeitpunkt der Rekultivierung. Dabei hat sich als besonders günstig herausgestellt, die Bepflanzung dem Bodenauftrag bzw. der Wiederherstellung der Flächen unmittelbar folgen zu lassen. So nutzt man die guten bodenphysikalischen Verhältnisse des frisch verkippten Bodenmaterials aus.

Quelle: K. Görgen (RWE)

Die für die forstliche Rekultivierung verkippten Flächen werden heutzutage nicht mehr planiert. So bleibt der Boden optimal locker und bietet dem neuen Wald beste Voraussetzungen. Diese neue raue Oberfläche hat sich als ökologisch sehr vielfältig erwiesen: Schon auf kleineren Flächen finden Kleintiere und Pflanzen trockene, warme Bereiche einerseits und kühle, feuchte Mulden andererseits. Allerdings sind diese Flächen so uneben, dass man sie zur Pflege kaum betreten kann. Deswegen werden heute im Abstand von etwa zwanzig Metern Raupenspuren einplaniert. Zwischen zwei Raupen wird dann ein Seil mit Stahlplatten über den Boden gezogen, das die gröbsten Unebenheiten bricht ('Kettenabzugsverfahren'). Die Raupenspuren dienen dann im Weiteren als sogenannte Rückelinien: von hier aus wird der Wald bodenschonend bewirtschaftet und gepflegt.

Bei der Entwicklung von Waldbiotopen erfolgt in der Regel eine Bepflanzung. Hierbei werden selbstverpflichtend fast ausschließlich Baumarten der potenziell natürlichen Vegetation verwendet. Nur rund 10 % der zur Verwendung kommenden Jungbäume stellen nicht standortheimische Arten dar und dienen der Belebung des Landschaftsbildes sowie der Förderung der Artenvielfalt.

Entsprechend der Braunkohlenplanverpflichtungen erfolgte in den Tagebauen Garzweiler und Inden eine weitgehende Rekultivierung für die Landwirtschaft, während für den Tagebau Hambach aufgrund der Vorfeldsituation vorwiegend Wald rekultiviert wird. Seit 1978 entsteht hier die sogenannte Sophienhöhe, auf der inzwischen bereits rd. 1500 ha große Waldgebiete entstanden sind.

Baumartenverteilung auf der Sophienhöhe
Baumartenverteilung auf der Sophienhöhe

Quelle: RWE

Aus Naturschutzgründen werden auch Sonderstandorte zur Erhöhung der Biodiversität hergestellt. Dazu werden Substrate wie z.B. Ton, tertiärer Sand und Kies aus dem geologischen Untergrund der Abbauseite verwendet und als Oberfläche verkippt oder im Sonderbetrieb zusätzlich geschaffen. Darüber hinaus kann auch durch die Ausformung eines z. B. besonders steilen Reliefs kleinräumig die Gestaltung solcher Sonderstandorte initiiert werden.

Ein Sonderthema stellen ökologische Ausgleichsflächen dar, die sich auch außerhalb der Rekultivierung befinden. So wurden im Umfeld des Tagebaus Hambach u.a. halboffene Parklandschaften in einer Größenordnung von rd. 600 ha angelegt, die großflächig durch alte Rinderrassen beweidet werden. Diese Landschaftsstrukturen sind über Leitstrukturen bestehend aus tunnelartigen „Eichenhochstamm- und Strauchreihen“ sowie Grünbrücken miteinander und mit angrenzenden Altwäldern vernetzt und dienen als (Teil-)Lebensraum zahlreichen Vogel-, Amphibien- oder Säugetierarten wie z.B. der Bechsteinfledermaus.

Ostdeutsche Reviere

Das gemeinsame Leitbild und waldbauliche Ziel in den ostdeutschen Revieren sind sich selbsterhaltende, möglichst „naturnahe“ Mischwälder. Auf forstlichen Rekultivierungsflächen dominieren speicherarme Kipp-Sande bis Anlehmsande der quartären und tertiären Schichtenfolge. Die vollständige Umlagerung des Deckgebirges führt zu einer außerordentlichen Substratvielfalt mit stark kontrastierenden pflanzenbaulichen Eigenschaften. Es lassen sich über 200 Kippbodenformen kartieren – von quartären Reinsanden geringer Nährkraft bis zu Kohletonen und mehrschichtigen Substratgemengen. Zwar erschwert das kleinräumige Standortmosaik die spätere Rekultivierung, etwa was die Abgrenzung von forstlichen Standort- und Bewirtschaftungseinheiten oder notwendige Meliorations- bzw. Düngungsmaßnahmen betrifft. Zugleich eröffnen sich aus der standörtlichen Differenzierung heraus aber auch landschaftsgestalterische Optionen für Wirtschaftswälder, Sukzessionsbereiche und mit dem Wald verbundene Sonderbiotope.

Ein nachhaltiger Erfolg der forstlichen Rekultivierung erfordert zunächst eine zielgerichtete, tiefgründige Melioration der Kippsubstrate. In den „Bodengeologischen Gutachten“ finden sich parzellenscharfe Bestockungsempfehlungen und Maßnahmen zur Flächenvorbereitung bzw. Nachsorge (Kalkmelioration, NPK-Grund- bzw. NPK-Startdüngung, Schutzpflanzendecke).

Dazu werden Kalk- und Nährstoffgaben in den Boden eingearbeitet. Da häufig stark saure Kippsubstrate an der Oberfläche vorliegen, sind mitunter sehr hohe Kalkgaben als kohlesaurer Kalk bis in 100 cm Tiefe erforderlich. Diese werden mit der Tiefspatenfräse eingearbeitet. Die verabreichten Hauptnährstoffe werden bis 30 cm tief eingefräst.

Die als standortgerecht bewerteten forstlichen „Zielbaumarten“, wie Trauben-/Stieleiche, Gemeine Kiefer, Gemeine Birke und andere gebietsheimische Laubgehölze, werden ohne Vorwaldschirm gepflanzt – in üblichen Baumschulsortimenten und Pflanzverbänden. Sich selbst ansamende Birken, Aspen oder Weiden sind aus ökologischen Gründen willkommen. Das festgelegte Bestockungsziel wird dadurch in aller Regel nicht gefährdet.

Über die Wiederbewaldung hinaus muss die Forstwirtschaft auf Bergbauflächen heute vor allem landeskulturellen Ansprüchen genügen. Als Kompensation für den Eingriff erfüllen Kippenwälder auf Dauer wichtige Ausgleichsfunktionen im Landschaftshaushalt. Aspekte des Bodenschutzes und der Biodiversitätssicherung spielen eine herausragende Rolle.

Kippenböden als Startpunkt abwechslungsreicher Naturschutzgebiete

Auf ausgedehnten Flächen sind in der Bergbaufolgelandschaft der Lausitz und Mitteldeutschlands, wie auch in der Ville zwischen Köln und Grevenbroich im Rheinland Areale entstanden, auf denen sich Kippsubstrate kleinflächig stark unterscheiden und die meist trocken und nährstoffarm sind, mitunter auch kohle- und schwefelhaltig oder vernässt. Solche Flächen sind kaum für eine land- und forstwirtschaftliche Nutzung geeignet. Vielmehr eignen sie sich als Vorrangflächen für den Naturschutz und bilden mitunter ausgedehnte Offenlandflächen. Häufig bleiben diese Areale für größere Zeitspannen sich selbst überlassen. Für viele seltene und häufig stark spezialisierte Pflanzen und Tiere bieten sie Lebensraum.

Nicht zuletzt die gewaltigen Folgekosten des Raubbaus an der Natur waren z. B. für die Deutsche Umwelthilfe (DUH) ausschlaggebend, sich mit Alternativen zu befassen. Beispielsweise versprechen Wildnisgebiete gleich mehrfachen Nutzen: Zum einen lassen sich Sanierungskosten einsparen und zum anderen das enorme Entwicklungspotenzial der Landschaft bewahren. Wildnisgebiete bedürfen keiner Nutzungsstandards, so dass keine flächenhafte und aufwändige Sanierung notwendig ist. Deshalb setzt sich die DUH dafür ein, nicht alle gesperrten Flächen zu sanieren, sondern die Natur sich selbst zu überlassen. Es sind bereits Suchräume identifiziert, die ein entsprechendes naturschutzfachliches Potential aufweisen.

Probleme bei der Rekultivierung

Heute gehen Rekultivierungsmaßnahmen zeitgleich mit der Braunkohlenförderung einher, beispielsweise in den ausgekohlten Gebieten des Lausitzer Reviers. Ein Problem bei der Verfüllung der riesigen Tagebauflächen ist das Setzungsfließen. Werden die tiefen Restlöcher mit Abraum wieder verfüllt, ist es problematisch, den Abraum optimal zu verfestigen. Wenn der Grundwasserspiegel wieder ansteigt, dringt das Wasser in den lockeren Sand, so dass durch den Auftrieb die Körner ihren Kontakt verlieren und instabile Lagerungsverhältnisse entstehen. Bei leichten Erschütterungen kann es dann zum Setzungsfließen kommen, ähnlich wie beiTreibsand. Um dies zu verhindern, wird das Setzungsfließen durch Sprengungen kontrolliert ausgelöst, dabei kann das Porenwasser entweichen und der lockere Sandkörper wird verfestigt.

Knapp zwei Drittel aller oberflächennahen Kippenflächen im Lausitzer Revier bestehen aus Substraten der tertiären Schichtenfolge – das sind rund 600 km². Zu ihren meist feinverteilten kohligen Beimengungen kommen hohe Gehalte an Pyrit bzw. Markasit (Eisen(II)-Disulfid, Schwefelkies, „Katzengold“). Bisweilen beträgt der Schwefelgehalt über 1,5 Masseprozent) – eine große Herausforderung für die land- und forstwirtschaftliche Rekultivierung. So führt die Belüftung zu einer langanhaltenden und vollständigen Verwitterung, wobei Schwefelsäure entsteht. Spätestens mit der Verkippung fallen die pH-Werte in den extrem sauren Reaktionsbereich, und das bei wenig gepufferten Substraten binnen weniger Monate.

Werden kohle- und disulfidhaltige Kippenflächen nicht mit ausreichend hohen Mengen an Kalk gegen die Auswirkungen der einsetzenden Disulfidoxidation gewappnet, so ist nach wenigen Jahren mit einer starken Versauerung zu rechnen, mit hohen, löslichen Gehalten an Sulfatsalzen und damit einhergehend mit hohen Stofffrachten, die die Böden in Richtung Grundwasser verlassen. Vorsorgend werden solche Substrate, meist nach eingehender Untersuchung, mit entsprechend hohen Kalkgaben gedüngt.

Stark schwefelsaure Substrate bleiben trotz der hohen Stoffausträge (Entsalzung) auf Jahrzehnte hinaus bewuchsfeindlich. Ohne eine vorherige Aufkalkung ist ihre pflanzenbauliche Nutzung unmöglich.

Einarbeitung vom Kalkmergel mittels Imants-Tiefspatenfräse im rückwärtigen Sanierungsbereich

Einarbeitung vom Kalkmergel mittels Imants-Tiefspatenfräse im rückwärtigen Sanierungsbereich

Da häufig stark saure Kippsubstrate an der Oberfläche vorliegen, sind mitunter sehr hohe Kalkgaben als kohlesaurer Kalk bis 100 cm Tiefe erforderlich. Diese werden mit der Tiefspatenfräse eingearbeitet. Die verabreichten Hauptnährstoffe werden bis 30 cm tief eingefräst.

Foto: J. Schlenstedt (LMBV)

Bindige Kippsubstrate neigen zur Dichtlagerung. Geringe Luftkapazität, geringe Wasserleitfähigkeit, verschlechterte Bearbeitbarkeit, herabgesetzte Durchwurzelbarkeit und erhöhte Erosionsneigung sind die Folge. Die Verdichtungsgefährdung bindiger Kipp-Regosole erfordert eine behutsame Bodenbearbeitung und den Verzicht auf Bearbeitung und Befahrung bei nassem Zustand. Humusfördernde und tiefwurzelnde Fruchtfolgen, Anregung des Bodenlebens und aktive Unterstützung der Gefügebildung können die Verdichtungsgefährdung bindiger Kippenböden verringern.

Tagebaurestlöcher werden alternativ nicht mit Abraum verfüllt, sondern geflutet und als Element "Seen" in die Landschaft integriert. Damit sind jedoch weitere Probleme verbunden, vor allem die Versauerung der Seen aufgrund des niedrigen pH-Wertes des Grundwassers.

Für die Flutung der Restlöcher gibt es verschiedene Möglichkeiten. Zum einen kann man die Natur sich selbst überlassen, so dass das Restloch mit dem Anstieg des Grundwassers geflutet wird. Dabei kommt es in den Seen jedoch zur oben angesprochenen Versauerung. Um dies zu verhindern ist es möglich, Kalkpulver in Verbindung mit Kohlensäure hinzu zugeben. Ein weiteres Problem sind durch den relativ langsamen Grundwasseranstieg bedingte Erosionen, die das Wegsacken der Böschungsränder begünstigen.

Eine zweite Möglichkeit für die Rekultivierung der Restlöcher ist die Flutung mit Fremdwasser, beispielsweise aus Flussläufen. Das Fremdwasser z. B. für den Senftenberger See wird über Kanäle aus der Schwarzen Elster entnommen.
Hierbei wird die Versauerung der Seen durch Grundwasser weitestgehend verhindert. Bei einer schnellen Flutung werden auch die Böschungsränder stabilisiert, so dass die Erosion durch die Brandung nicht greifen kann.

Zu weiteren Bewirtschaftungshindernissen führt, dass nach Abschluss der Bergbauarbeiten das Wasser auf den ehemaligen Tagebauflächen meist höher als ursprünglich steht. Durch den Anstieg des Grundwassers vernässen die Flächen. Ein Beispiel dafür ist die Tiefkippe Schlaitz. Der hier nach Beendigung der Rekultivierungsmaßnahmen erfolgte Wasseranstieg führte dazu, dass die zur landwirtschaftlichen Nutzung angelegten Flächen aufgegeben werden mussten. Das teuer rekultivierte Gelände wurde anschließend zum Naturschutzgebiet erklärt und sich selbst überlassen.

Die Rückkehr des Grundwassers verursacht nicht nur Stabilitätsprobleme. Steigt es – was die Regel ist – über das ursprüngliche Niveau an, muss mittels Pumpen das Wasser über Kanäle in Bäche und Flüsse abgeleitet werden. Ein derartiges Pumpensystem kostet beispielsweise in Hoyerswerda allein im Unterhalt jährlich etwa eine halbe Million Euro.

Durch das in Kanäle abgepumpte oder in rekultivierten Ackerflächen aufsteigende Grundwasser gelangen Eisen- und Sulfatkonzentrationen in die Flüsse. Besonders betroffen davon ist Mitteldeutschland. In der Lausitz stellt die Verockerung der Spree nicht nur eine ernsthafte Gefahr für die Tourismusregion Spreewald, sondern mittlerweile sogar für die Trinkwasserversorgung von Berlin dar. Insgesamt haben die Tagebaue in Sachsen, Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Thüringen 41 Grundwasserkörper beschädigt. Davon sind zwölf so erheblich zerstört, dass sie die EU-Vorgaben nicht erreichen. Daran wird sich auf unabsehbare Zeit auch nichts ändern. Allein für die Sanierung der Bergbaufolgelandschaften im Lausitzer- und Mitteldeutschen Braunkohlerevier haben Bund und Länder zwischen den Jahren 1992 und 2016 bereits 10,2 Milliarden Euro investiert. Für die Jahre 2018 bis 2022 sind weitere 1,2 Milliarden Euro eingeplant.

Eisenocker in der Spree

Eisenocker in der Spree

Durch die Flutung der ersten Tagebauseen ab 2000 und durch die Hochwasser der Spree wurden die bergbaubedingten Eisenhydroxid-Einträge in die Spree massiv sichtbar. Es wurde festgestellt, dass ab Spreewitz die Spree ca. 6 t/d Eisenhydroxid führt und weitertransportiert. Auch die Spreewaldzuflüsse aus deren nahegelegenen Tagebauseen führten Eisenhydroxid in den Spreewald.  Die bergbaubedingten Einträge von Eisenhydroxid und mittlerweile auch Sulfat schädigen das Spreewasser direkt.

Die LMBV hat ein Barrierekonzept sowohl für den Spreewald, als auch für den Südraum aufgestellt, ist dabei dieses umzusetzen und entsprechend aktueller Ergebnisse zu konkretisieren.

Quelle: NABU

Untertagebergbau

Untertagebergbau zeigt sich oberflächlich durch hohe, tafelberg- oder kegelförmige Abraumhalden sowie durch z.T. versumpfte oder wassergefüllte Bergsenkungen. Früher wurden die Bergbaugebiete der natürlichen Sukzession überlassen, die manchmal Bereiche mit hohem Naturschutzwert (Renaturierung), sonst aber auch Ödland hervorbrachte. Neuere Bergbaufolgelandschaften sind als Folgenutzungen aus geplanter Rekultivierung zugunsten von Land- oder Forstwirtschaft (dann oft mit Einebnung von Halden und Auffüllung von Gruben und Senkungen), aber auch für Freizeit- und Erholungsnutzung oder zugunsten des Naturschutzes hervorgegangen.

Extrem ist die Situation im Ruhrgebiet, wo die Ewigkeitskosten pro Jahr bei rund 220 Millionen Euro liegen. Davon entfallen etwa 30 Prozent auf Grundwasserniederhaltungsanlagen, da andernfalls fast ein Fünftel der Region unter Wasser stünde, wenn nicht gepumpt würde. Betroffen ist vor allem das Kernrevier, wo auch die meisten Menschen wohnen. Über eine Milliarde Kubikmeter Grundwasser müssen hier rund 180 Pumpen jedes Jahr bewegen, damit das Gebiet künstlich trockengehalten werden kann. Diese Pumpen müssen ewig laufen, sonst wäre das Ruhrgebiet innerhalb weniger Jahre eine Seenplatte.

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