Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

Löß

Auch Löss; flächenhaft abgelagertes äolisches Staubsediment von gelber bis gelbgrauer Farbe, dessen Kornstruktur durch Karbonat schwach verfestigt wurde. Löß wird durch den Wind aus Räumen geringer Vegetation und bedeutender mechanischer Verwitterung ausgeweht. Die in Mitteleuropa maximal mehrere Zehner von Metern mächtigen kaltzeitlichen Ablagerungen entstammen den Sandern, Schottern und den Frostschuttzonen des damaligen Periglazialraumes. Unter den rezenten Bedingungen semiarider Regionen, z.B. der Trockengebiete Chinas bilden sich Lößdecken weiterhin. Der aus den innerasiatischen Wüsten stammende Staub ließ mehrere hundert Meter mächtige Lockersedimente entstehen.

Löß ist sehr standfest; durch anthropogen-erosive Einflüsse werden Lößhohlwege (Kaiserstuhl) und Lößschluchten gebildet.

Fluviatile Erosions- und Sedimentationsvorgänge vermögen den Fluglöß (i.d.R. ungeschichtet) zu Schwemmlöß (geschichtet) umzulagern.

Unverwitterter Löß besteht im mitteleuropäischen Raum vorherrschend aus den Korngrößen Grob- und Mittelschluff (63 bis 6,3 µm), die bis über 80 Gewichtsprozente betragen können. Der Rest ist zum größeren Teil Ton, zu einem sehr geringen Anteil Sand. In den Körnungsanalysen sind meist nicht die karbonatischen Bestandteile berücksichtigt, die im Mittel um 15 Gewichtsprozent betragen. Der Mineralbestand hängt von dem des Auswehungsgebietes ab, setzt sich aber vorwiegend aus Quarz, Feldspat, Glimmern und Calcit zusammen. Unverwitterter Löß ist relativ unfruchtbar.

Kohlendioxidhaltige Sickerwässer lösen den Kalk und führen ihn in den Unterboden ab. Entkalkung und Tonmineralneubildung lassen den zu Rutschungen neigenden Lößlehm entstehen, dessen Mineralgehalt von den Pflanzenwurzeln aufgeschlossen werden kann.

Typische Böden aus Löß sind Schwarzerden (Chernozems) und bei zunehmender Humidität Parabraunerden (Luvisols). Diese lößbürtigen Böden gehören zu den wertvollsten Kulturböden der Erde.

In tieferen Teilen des Lößprofils wird der Kalk häufig in Konkretionen, den Lößkindel wieder ausgefällt.

Karte der Lössvorkommen in Europa
Einflussgrößen ländlicher Siedlungsformen

Quelle: UFZ 2007

In Europa zieht sich ein nördlicher Lößgürtel von Nordfrankreich über Belgien, den Nordsaum der deutschen Mittelgebirge nach Südpolen und in die Ukraine, um sich im Wolgagebiet bis auf 1.000 km Breite auszudehnen. Ein südlicher Gürtel geht mit weiten Ausstrahlungen nach Osten von der Oberrheinebene aus, setzt sich entlang der Donau nach Niederösterreich, Mähren, Ungarn und Rumänien fort und vereinigt sich am Schwarzen Meer mit dem nördlichen Lößgürtel. Schwerpunkte in Deutschland sind die Börden, die Senken des Niedersächsischen und Hessischen Berglandes im Leinetalgraben, die süddeutschen Gäulandschaften sowie der Raum des Rhein-, Donau- und Elbetales. Der Löß erreicht hier eine Mächtigkeit zwischen einigen Dezimetern und Dutzenden von Metern. Weitere großflächige Lößgebiete liegen in China, Argentinien und den Prärien der USA.

Löss ist das Ausgangssubstrat für die ackerbaulich günstigsten Böden weltweit. Lössböden sind sehr fruchtbar und in Mitteleuropa seit der Steinzeit besiedelt. Hier fanden vermutlich die ersten großflächigen Waldrodungen statt und Kultursteppen für eine ackerbauliche Nutzung sowie Weideland entstanden. Der Porenreichtum des Lösses, seine ausreichende Durchlüftung sowie seine guten Eigenschaften als Wasser- und Nährstoffspeicher erleichtern die Lössverwitterung und Bodenbildung.

Auf Löss entwickeln sich tiefgründige, leicht zu bearbeitende und enorm leistungsfähige Pararendzinen, Braunerden, Parabraunerden und Schwarzerden. Diese Böden sind für die Agrarwirtschaft besonders wichtig: Auf Lössböden wächst weltweit schätzungsweise etwa 80 Prozent des Getreides. In Deutschland werden sie auch zum Anbau von Zuckerrüben und Mais genutzt. In Gebieten höchster Fruchtbarkeit (Schwarzerdevorkommen) dominieren Weizen und Zuckerrüben, bei zusätzlicher Klimagunst und/oder Marktnähe entwickelten sich Sonderkulturen, so der Obst- und Gemüseanbau der Ville bei Köln/Bonn oder der Weinbau in SW-Deutschland (Rheingau, Rheinhessen, Pfalz, Kaiserstuhl). Darüber hinaus sind sie ertragsstarke Standorte für Wälder wie Flattergras-Buchenwälder auf Parabraunerden und Stieleichen-Hainbuchenwälder auf Pseudogleyen (Stauwasserböden).

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