Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

Humus

Die organische Substanz des Bodens ohne das Edaphon, gelegentlich auch die Bezeichnung für den oberen, humosen Horizont des Bodens.

Unter natürlichen Bedingungen entstammen die pflanzenwichtigen Mineralstoffe im Boden aus zwei Quellen:

  1. Aus dem Verwitterungsprozess des anstehenden Gesteins. Sie sind in Ionenform im Bodenwasser sofort für die Pflanzen zugänglich, sofern sie nicht an Huminstoffe adsorbiert, an Tonkolloide gebunden (längerfristige Verfügbarkeit) oder durch Auswaschungsvorgänge nach unten verlagert werden.
  2. Aus dem Abbau organischer Rückstände. Dieser sogenannte Bestandesabfall erfährt durch Bodentiere und die Bodenmikroflora (Pilze, Bakterien, Strahlenpilze) einen Um- und Abbau, bis hin zur vollständigen Mineralisierung.

Die Zufuhr von Pflanzenresten (Streu) ist bei Waldböden besonders groß. Bis zu 50 % des jährlich photosynthetisch eingebauten Kohlenstoffs gelangen in den Boden. So beträgt die jährliche Zufuhr von Pflanzenstoffen in unseren Waldgesellschaften 4,5 - 15 t/ha, in tropischen Regenwäldern 100 - 200 t/ha, auf alpinen Wiesengesellschaften 1,1 - 1,3 t/ha. Diese kaum zersetzten organischen Rückstände werden als Nährhumusbezeichnet.

Kulturflächen, denen regelmäßig Pflanzensubstanz entnommen wird, weisen einen geringen Nährhumusanteil auf, sofern die noch vorhandenen Quellen, wie Stoppeln, Stroh und Wurzeln, nicht durch organische Dünger ergänzt werden. Während der Nährhumusanteil von der augenblicklichen Zufuhr an organischem Material abhängig ist, stellt der Dauerhumus den gegen mikrobiellen Abbau widerstandsfähigen Teil dar. Die Bildung von Dauerhumusformen hängt von der Nährhumuszufuhr ab.

Die Huminstoffe des Dauerhumus bestehen aus hochpolymeren organischen Verbindungen von dunkler Farbe. Die Widerstandsfähigkeit gegen raschen mikrobiellen Abbau führt zur Anreicherung dieser Stoffe im Boden. Dieser Vorgang erklärt die dunkle Färbung der oberen Bodenschichten.

Ein nährstoffreicher, rein mineralischer Boden ist für die landwirtschaftliche Nutzung nur bedingt geeignet, da bestimmte Funktionen, die von der Zufuhr an organischem Material und der Aktivität der Bodenorganismen abhängen, nicht oder nur unzureichend erfüllt werden. Eine Schlüsselrolle spielt dabei der Humus, der in Ackerböden aus den Ernterückständen (Wurzeln, Stroh, Blätter) und ggf. organischen Düngern (Gründünger, Stallmist, Gülle, Kompost) entsteht und eine wichtige Komponente der Bodenfruchtbarkeit darstellt.

Die Bedeutung und Wirkung von Humus:

  1. Physikalische Bodenverbesserung: Humose Böden sind gut durchlüftet. Die günstige Krümelstrukur kommt durch die Tätigkeit der Bodentiere und durch die Lebendverbauung der Mikroflora zustande. Pilzhyphen, Bakterien- und Algenausscheidungen verbinden und verkitten einzelne Bodenteilchen zu größeren Krümeln. Humus erhöht die Wasserkapazität. Er bindet das Drei- bis Fünffache des Eigengewichts. Dadurch können die Pflanzen auch bei hohen Temperaturen und niedriger Luftfeuchtigkeit kontinuierlich Wasser aufnehmen und wachsen. Dieses durch den Humus bewirkte Phänomen nennt man Welkeresistenz. Die Dunkelfärbung der humosen Schichten führt zu verstärkter Wärmeadsorption.
  2. Biochemische Bodenbeeinflussung: Mineralische Nährstoffe werden an den Dauerhumus gebunden. 30 % bis 70 % werden in Form von austauschbaren Kationen gespeichert. Wurzelatmung und Mikroorganismen mobilisieren Austausch-Kationen; sie stellen dazu H+- und HCO-3-Austauschionen bereit.
    Huminsäuren, Aminosäuren und Peptide können als Chelatbildner auftreten. Dies ist der Fall, wenn sie eine Verbindung mit Erdalkali- oder Schwermetallionen eingehen. Diese Komplexbildungen treten in bestimmten pH-Bereichen wasserlöslich auf und spielen somit bei der Spurenelementversorgung der Pflanzen und bei Bodenbildungen eine große Rolle. Daneben ist Humus neben Karbonaten, Tonmineralen und Metalloxiden ein wichtiges Pufferungssystem gegenüber eingetragenen Säuren.
    Die Zersetzung von Humus liefert CO2, NH4+, NO3-, PO43- sowie SO42- und stellt somit selbst eine Nährstoffquelle dar.

Direkte Auswirkungen von Humusstoffen auf Pflanzen: Unbestritten ist der Einfluss von Humusstoffen auf bestimmte Enzymsysteme, auf die Plasmapermeabilität, auf Spross- und Wurzelwachstum. So werden z.B. Stickstoffraten verfügbar, die bei geringem Humusgehalt ertragsunwirksam wären. Die Adsorptionsfähigkeit des Humus gilt auch für Pestizide. Humusadsorptionskomplexe stellen somit nicht nur ständig fließende Mineralstoffquellen dar. Auch Giftstoffe gelangen über die Wurzeln in die Pflanze und von da in die weitere Nahrungskette.

Wichtige landwirtschaftliche Maßnahmen zur Erhaltung und Förderung des Humusgehaltes von Ackerböden sind:

Weitere Informationen:

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