Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

Trockene Mittelbreiten

Die Zone der Trockenen Mittelbreiten ist eine der neun weltumspannenden Ökozonen nach J. Schultz (2016). Sie reichen in einigen Gebieten unmittelbar an die Tropisch/subtropischen Trockengebiete heran, polwärts erstrecken sie sich bis ca. 55°. Ihre größten Vorkommen liegen im kontinentalen Eurasien und Mittleren Westen von Nordamerika. Heute nehmen sie etwa 11,1 % der Landoberfläche ein. Anfang des 21. Jahrhunderts sind davon noch etwa 40 % in einem weitgehend naturnahen Zustand.

Sie umfasst die Gebiete in der kühlgemäßigten Klimazone, die ein arides Klima aufweisen. Nach der vorherrschenden Vegetation kann sie in die Landschaftstypen Grassteppe, Strauchsteppe, Trockensteppe, Winterkalte Halbwüste und Wüste untergliedert werden. Die Grenzen der Trockenen Mittelbreiten sind in der Realität fließend, so dass eine exakte Ausdehnung faktisch nicht festgelegt werden kann.

Wie die Feuchten Mittelbreiten liegen auch die Trockenen Mittelbreiten in der außertropischen Westwindzone. Im Unterschied zu jenen besitzen sie jedoch eine ausgesprochene Leelage oder kontinentale Lage, mit der sich eine längere Sonnenscheindauer und höhere Globalstrahlung sowie geringere Niederschläge und größere Temperaturamplituden verbinden.

Die zonalen Bodentypen sind (von subhumid bis semiarid) Phaeozeme, Chernozeme und Kastanozeme. Es sind A-C-Böden mit hohem Kalk- und Humusgehalt (Mull), hoher KAK und Basensättigung sowie günstigen Gefügemerkmalen (hohe Wasserkapazität). Die Bodenfruchtbarkeit ist größer als bei allen übrigen zonalen Böden. Auf staunassen oder grundwassernahen Standorten entwickeln sich Solonchake und Solonetze.

Nutzung

Eigentlich sind Trockengebiete landwirtschaftlich unergiebig und dementsprechend dünn besiedelt. Die einzige Ausnahme sind die Steppen, die zwar eine dünne Besiedlung aufweisen, aber seit langem fast vollständig agrarisch genutzt werden. Die Formen, in denen dies geschieht, sind bei hohem Kapitaleinsatz großbetrieblich und flächenintensiv. Angebaut wird Getreide, sonst handelt es sich um Ranching. Der Getreidebau überwiegt in den früheren Langgrassteppen und in den Übergangsräumen zu den früheren Kurzgrassteppen. Das Ranching herrscht in den Kurzgras- und Wüstensteppen vor. Dazwischen liegt die agronomische Trockengrenze, die Grenze, bis zu der die Regenmengen einen Getreideanbau gerade noch erlauben.

Großbetriebliche Getreidewirtschaft

Wichtigste Marktfrucht ist der Weizen. Der Anbau erfolgt in Großbetrieben auf sehr großen Schlägen unter Einsatz von Großmaschinen mit minimalem Arbeitseinsatz (d.h. kapitalintensive, arbeitsextensive Bewirtschaftung. Mit dieser Bewirtschaftungsform konnten die Erzeugungskosten des Weizens so weit gesenkt werden, dass sich der Getreidebau im Wettbewerb mit der früher in den Steppen und Prärien viel häufigeren extensiven Weidewirtschaft weithin durchsetzen konnte.

Der heute in den Steppengebieten, teilweise auch in den Subtropen erzeugte Weizen leistet einen großen Beitrag zur Ernährung der Menschheit, auch weit abgelegener Erdteile. Möglich wurde dies durch einige natürliche Gunstfaktoren, nämlich die hohe Bodenfruchtbarkeit, die hohe Sonneneinstrahlung und das weithin flache Gelände, das den Großmaschineneinsatz und damit die großbetriebliche Bewirtschaftung begünstigt.

In den Grenzgebieten des Regenfeldbaus muss allerdings, sofern nicht auf trockentolerante Nutzpflanzen wie Hirse, Erdnüsse, Kichererbsen oder Sesam ausgewichen wird, das Dry-Farming-System angewendet oder künstlich bewässert werden.

Extensive stationäre Weidewirtschaft

Extensive Weidewirtschaften werden in den Trockengebieten der Erde in Form einer (halb-)nomadischen Viehhaltung oder eines stationären Ranching betrieben. Die erstere ist die traditionelle Nutzung altweltlicher Trockengebiete von den Wüsten bis zu den Steppen bzw. Savannen. Ihre Hauptverbreitung liegt heute in den Tropisch/subtropischen Trockengebieten.

Das Ranching ist hingegen die moderne, vollständig kommerziell ausgerichtete Form einer extensiven Weidewirtschaft, die von europäischen Siedlern in Amerika und Australien entwickelt und von dort in einige Gebiete der Alten Welt (z.B. südliches Afrika) übertragen wurde. Die Verbreitungsschwerpunkte liegen in den Kurzgrassteppen der mittleren Breiten und der Subtropen.

Das Ranching steht, wie der Nomadismus, in Konkurrenz mit dem Ackerbau und ist dabei, ähnlich wie jener, meist unterlegen gewesen und in immer trockenere Räume abgedrängt worden. Ackerbau wird gewöhnlich wettbewerbsfähiger, sobald die jährlichen Niederschläge für eine Produktion an Grünmasse (Weideertrag, pasture yield) ausreichen, die eine mittlere Besatzdichte (Viehbesatz, mean stocking density) von 30 bis 40 GVE pro ha Weidefläche zulassen würde. (Schultz 2016)

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