Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

Hirse

Sammelbezeichnung für kleinfrüchtiges Spelzgetreide mit 10–12 Gattungen. Sie gehören zur Familie der Süßgräser (Poaceae). Hirse diente bereits vor 8000 Jahren dazu, ungesäuertes Fladenbrot herzustellen. In China wird Rispenhirse seit mindestens 4000 Jahren landwirtschaftlich genutzt. Die Rispenhirse oder Echte Hirse (Panicum miliaceum) wurde früher auch in Europa als Nahrungsmittel angebaut.

Alle Hirsearten können nach der Beschaffenheit der Körner in zwei Hauptgruppen eingeteilt werden, die Sorghumhirsen und die Millethirsen.

Sorghumhirsen

Sorghumhirsen (Sorghum) besitzen deutlich größere Körner und damit auch höhere Hektarerträge (14–17 dt/ha).

Zu den wichtigsten Hirsearten der Gattung Sorghum zählt die Mohrenhirse (Sorghum bicolor). Das einjährige Gras kann eine Höhe von 5 m erreichen. In ihrem Wuchs erinnert die Mohrenhirse stark an Mais. Die markerfüllten Halme tragen bandförmige zweizeilige Blätter. An den terminalen Enden der Pflanzen sitzen aufrechte, lockere Rispen von 10–60 cm Länge, deren Ästchen jeweils 2 Ährchen tragen. Die unbespelzten Körner zählen zu den Karyopsen und haben einen Durchmesser von 4-8 mm. Je nach der Sorte können sie weiß, gelb oder rot sein.

Die Mohrenhirse ist frostempfindlich, licht- und wärmebedürftig. Mit ihren bescheidenen Wasseransprüchen ist sie äußerst dürreresistent. Bei starker Trockenheit kann sie unter Wachstumsstillstand in eine Trockenstarre übergehen, aus der sie erst nach einsetzenden Regenfällen erwacht. Zu den verschiedenen agronomischen Typen der Mohrenhirse zählen Sudangrastyp, Zuckertyp, Fasertyp, Futtertyp und Körnertyp.

Die Mohrenhirse ist ernährungsphysiologisch äußerst wertvoll. Sie besteht zu 60-75 % aus Kohlenhydraten, zu 8-13 % aus Proteinen von guter biologischer Wertigkeit und zu 4-6 % aus Fett. Eines der Ziele der Forschung ist es, den Nährstoffgehalt der Mohrenhirse in Hinblick auf ihren Gehalt an Vitamin A, Zink, Eisen und essentielle Aminosäure weiter zu verbessern.

Ursprünglich stammt die Mohrenhirse aus Äquatorialafrika. Afrikanische Sklaven brachten sie Anfang des 17. Jahrhunderts in die USA. Heute wird sie in allen warmen, tropischen und subtropischen Gebieten der Erde angebaut.

In Entwicklungsländern ist die Mohrenhirse ein wichtiges Grundnahrungsmittel. Die Körner sind in ihrer Verwendung ähnlich dem Reis. Aus dem ganzen Korn werden Brei, Grütze und Fladen hergestellt und ebenso Bier gebraut. Zum Backen von Brot ist Hirse wenig geeignet.

Die Mohrenhirse gilt aufgrund der großen und kohlenhydratreichen Biomasse als aussichtsreiche Energiepflanze zur Biogaserzeugung, vor allem in trockenen Lagen.

Daneben wird Hirse vom Fasertyp traditionelle zur Herstellung von Besen, zur Nutzung als Baumaterial oder zur Papierherstellung angebaut. Blätter und Stroh der Mohrenhirse dienen als Viehfutter.

Die Zuckerhirse wird zur Herstellung von Melasse, Grünfutter und Silage verwendet. In Entwicklungsländern dient sie ebenfalls als Brennstoff und Baumaterial.

Insbesondere in den Industrienationen gewinnt die Hirse zunehmend an Bedeutung als nachwachsende Energie- und Rohstoffpflanze. In den USA wird Zuckerhirse verstärkt zur Herstellung von Bioethanol genutzt, wobei der Zucker zur Ethanolherstellung aus den Sprossachsen der Pflanze gewonnen wird. In Deutschland wird Zuckerhirse versuchsweise zur Verwendung als Biogassubstrat angebaut, da sich ähnliche Methanausbeuten wie bei der Vergärung von Maissilage erzielen lassen.

Die Faserhirse, die auf einen besonders hohen Gehalt an Cellulose aufweist, wird ebenfalls zur energetischen Nutzung angebaut.

Millethirsen

Millethirsen (Paniceae, auch Echte Hirsen oder Kleine Hirsen genannt). Zu diesen gehören die meisten Gattungen, z.B. Rispenhirse (Panicum), Kolbenhirse (Setaria), Perlhirse (Pennisetum), Fingerhirse (Eleusine) und Teff (Eragrostis). Die Körner dieser Gattungen sind recht klein, die Erträge entsprechend gering (ca. 7–9 dt/ha). Der Begriff „Millet“ wird überwiegend in der englischen und französischen Sprache verwendet. In Afrika spricht man häufig auch von Milo oder Milocorn.

Weltweit wurden im Jahr 2013 laut FAO insgesamt 91,3 Mio. t Hirse produziert. Davon entfielen 61,4 Mio. t auf Sorghumhirsen und 29,9 Mio. t auf Millethirsen. Die produzierte Hirse wurde hauptsächlich zu Breinahrung und Futtermittel verarbeitet. Der Hektarertrag ist mit durchschnittlich 11,8 dt/ha (Millet: 9,1 dt/ha, Sorghum: 14,6 dt/ha) von allen Getreidearten der geringste. Dies ist einer der Gründe, weshalb der wesentlich ertragreichere Mais in den traditionellen Hirseanbaugebieten immer populärer wird. Allerdings hat Hirse gegenüber Mais den großen Vorteil, dass die Ernte selbst bei sehr schlechtem Wetter fast nie komplett ausfällt.

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