Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

Wüste

Gebiet der Erde, das durch geringe bis fehlende Pflanzendecke gekennzeichnet ist. Ursache für Wüsten sind entweder fehlende Wärme (Kältewüste, Hochgebirgswüste), Eisschildbedeckung  (Eiswüste), edaphische Faktoren (z.B. hoher Salzgehalt), Überweidung oder Wassermangel (TrockenwüsteHitzewüste). Wüsten zählen zur Anökumene.

Wüstentypen und Verbreitung

Je nach Grad der Vegetationsbedeckung wird von der Voll- oder Halbwüste gesprochen. Weiterhin können nach den Substrattypen Lehmwüste, Salzwüste, Sandwüste und Serir (Geröllwüste) sowie Hammada (Steinpflaster) unterschieden werden. Charakteristisch ist die Lebensfeindlichkeit der Wüste, die nur Spezialisten unter den Tieren und Pflanzen ein Überleben ermöglicht. Wüsten finden sich im Innern der Kontinente (Sahara in Nordafrika, Gobi und Taklamakan in Ost- und Zentralasien) oder an der Westküste südhemisphärischer Kontinente (Nebelwüsten Namib im südlichen Afrika und Atacama in Südamerika). Wüsten sind überwiegend natürlich und großklimatisch bedingt. Durch Übernutzung sind aber auch zusätzliche Gebiete mit Wüstencharakter entstanden (Desertifikation).

Ursachen der Wüstenentstehung
Nach den vorwiegenden Ursachen der Aridität werden unterschieden (hier beschränkt auf BW):

a) Passat- bzw. Wendekreiswüsten mit ganzjährigen Hochdruckzellen, polseitig mit winterlichen Westwindregen, äquatorseitig mit sommerlichen Monsunregen (z.B. australische Wüste, südafrikanische Kalahari);

b) die Sahara als tropische Ostjet-Wüste, wobei der absteigende Ast der Querzirkulation des im Sommerhalbjahr vom West-Pazifik zum Ost-Atlantik wehenden Strahlstroms die Konvektion und Nordverlagerung der Monsunzone nahezu unterbindet und so den Hochdruckzelleneffekt der Passatwüste verstärkt;

c) Küsten- und zugleich Nebelwüsten durch niederschlagsverhindernde Inversionsbildung über einer durch Auftriebswasser kalten Meeresströmung (Atacama, Namib und westafrikanische Küste durch Humboldt-, Benguela- und Kanarenstrom), allerdings verstärkt durch Passatinversion (durch den Kalifornienstrom in Baja California nur BS-Klima);

d) winterkalte Binnen- bzw. orographische Wüsten Innerasiens (BWk) als Folge extremer Kontinentalität bzw. Meeresferne, bis 50°N;

e) Regenschattenwüsten im Westwind-Lee von Sierra Nevada, Basin Ranges und Sierra Madre Occidental im Südwesten der USA und in Nord-Mexiko sowie im Lee der südlichen Anden;

f) Hochgebirgswüsten (Hochplateaus der Anden und Tibets, in Kombination von Höhe, Kälte, Regenschatten und Kontinentalität;

g) polare Trockenwüsten (kanadische arktische Inseln) im Unterschied zu nur durch Kälte vegetationsarmen Polargebieten und h) Eiswüsten (Antarktis, Grönland). Die vegetationslose inner-isländische Wüste ist edaphisch, d.h. trotz humiden Klimas durch die hohe Wasserdurchlässigkeit vulkanischer Aschen, bedingt.

Der Lebensraum des Menschen in der Wüste hat sich in zunehmender Anpassung an die Aridisierung während der letzten ca. 4000 Jahre aus paläolithischer Jagd- und neolithischer Hirtenkultur zu einer auf Bewässerungswirtschaft basierenden agraren und, besonders in der Halbwüste, zunehmend städtischen Oasenkultur entwickelt, meist in Verbindung mit Halb- oder Vollnomaden, die die Verkehrswege und den Handel durch die nie als absolute Barrieren wirkenden Wüsten beherrsch(t)en. Wichtigstes Produktions- und Handelsgut der altweltlichen Wüsten war das Salz.

Die zehn größten Wüsten der Erde (Fläche in km²)

Die zehn größten Wüsten der Erde (Fläche in km²)

Die Antarktis ist mit einer Fläche von 14 Millionen km² die größte Wüste der Welt. Wüsten sind extrem trockene Gebiete, die aufgrund der Trockenheit keine oder nur eine sehr geringe Vegetation aufweisen. Es handelt sich somit um äußerst lebensfeindliche Regionen. Auch die Antarktis zeichnet sich durch extrem geringe Niederschlagsmengen aus, die zudem meist in gefrorener Form - als Schnee - den Erdboden erreichen und somit nicht von Pflanzen aufgenommen werden können. Genau wie die Antarktis ist auch die Arktis, die zweitgrößte Wüste der Welt, eine Polar- bzw. Eiswüste. Neben Polarwüsten gibt es noch Subtropische Wüsten (z. B. die Sahara), Binnenwüsten (z. B. die Gobi Wüste) oder kalte Küstenwüsten (z. B. die Patagonische Steppe).

Quelle: CIA nach Statista 2022

Landwirtschaftliche Nutzung

Traditionelle landwirtschaftliche Systeme in der Wüste sind in Nordafrika seit langem etabliert, wobei die Bewässerung der Schlüssel zum Erfolg in einem Gebiet ist, in dem Wasserstress ein limitierender Faktor für das Wachstum ist. Zu den möglichen Techniken gehören die Tröpfchenbewässerung, die Verwendung organischer Rückstände oder tierischer Düngemittel und andere traditionelle landwirtschaftliche Bewirtschaftungsmethoden. Ist die Fruchtbarkeit erst einmal aufgebaut, wird der Boden durch den weiteren Anbau von Pflanzen vor der Zerstörung durch Wind und andere Formen der Erosion bewahrt. Es wurde festgestellt, dass pflanzenwachstumsfördernde Bakterien eine Rolle bei der Erhöhung der Widerstandsfähigkeit von Pflanzen gegenüber Stressbedingungen spielen, und diese Rhizobakterien-Suspensionen könnten in den Boden in der Nähe der Pflanzen eingeimpft werden. Eine Studie über diese Mikroben ergab, dass die Landwirtschaft in der Wüste die Wüstenbildung aufhält, indem sie Inseln der Fruchtbarkeit schafft, die es den Landwirten ermöglichen, trotz der widrigen Umweltbedingungen höhere Erträge zu erzielen. Ein Feldversuch in der Sonora-Wüste, bei dem die Wurzeln verschiedener Baumarten Rhizobakterien und dem stickstofffixierenden Bakterium Azospirillum brasilense ausgesetzt wurden, um degradierte Böden wiederherzustellen, war nur teilweise erfolgreich.

Die Judäische Wüste wurde im 7. Jahrhundert v. Chr. während der Eisenzeit bewirtschaftet, um Nahrungsmittel für Wüstenfestungen zu liefern. Die amerikanischen Ureinwohner im Südwesten der Vereinigten Staaten wurden um 600 n. Chr. zu Landwirten, als Saatgut und Technologien aus Mexiko verfügbar wurden. Sie setzten Terrassierungstechniken ein und bauten Gärten neben Quellen, in feuchten Gebieten am Fuße von Dünen, in der Nähe von Bächen, die für die Bewässerung sorgten, und in Gebieten, die durch speziell angelegte Kanäle bewässert wurden. Der Hohokam-Stamm baute über 800 km große Kanäle und unterhielt sie über Jahrhunderte hinweg - eine beeindruckende technische Leistung. Sie bauten Mais, Bohnen, Kürbis und Paprika an.

Ein modernes Beispiel für Wüstenlandwirtschaft ist das Imperial Valley in Kalifornien, wo hohe Temperaturen herrschen und durchschnittlich nur 76 mm Niederschlag pro Jahr fallen. Die Wirtschaft basiert in hohem Maße auf der Landwirtschaft, und das Land wird durch ein Netz von Kanälen und Rohrleitungen bewässert, die vollständig vom Colorado River über den All-American Canal gespeist werden. Der Boden ist tief und fruchtbar, da er zu den Überschwemmungsgebieten des Flusses gehört, und was sonst eine Wüste wäre, hat sich in eine der produktivsten landwirtschaftlichen Regionen Kaliforniens verwandelt. Weiteres Wasser aus dem Fluss wird über Pipelines in städtische Gemeinden geleitet, aber all dies geht auf Kosten des Flusses, der unterhalb der Entnahmestellen die meiste Zeit des Jahres keinen oberirdischen Wasserabfluss mehr hat. Ein weiteres Problem bei dieser Art des Anbaus ist die Versalzung des Bodens durch die Verdunstung des Flusswassers. Die Begrünung der Wüste ist nach wie vor ein Ziel und wurde einst als zukünftiges Mittel zur Steigerung der Nahrungsmittelproduktion für die wachsende Weltbevölkerung angesehen. Diese Aussicht hat sich als falsch erwiesen, da dabei die Umweltschäden außer Acht gelassen wurden, die andernorts durch die Umleitung von Wasser für die Bewässerung von Wüstenprojekten verursacht werden.

Weitere Informationen:

Pfeil nach linksWurzelknöllchenHausIndexWüstenbildung in der EUPfeil nach rechts