Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

Futtermittel

Alle Produkte pflanzlicher oder tierischer Herkunft, deren organische und anorganische Inhaltsstoffe durch von Menschen gehaltenen Tiere, wie landwirtschaftliche Nutztiere, Sport- oder Heimtiere ohne Risiko für ihre Gesundheit verwertet werden können.

Futtermittel sind heute spezifisch auf die jeweilige Tierart und den Verwendungszweck zugeschnitten und unterliegen in vielen Staaten staatlicher Kontrolle und Zulassungskriterien.

Das deutsche Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuch von 2005 bezieht sich bei der Abgrenzung auf EU-Recht: "Futtermittel sind Futtermittel im Sinne des Artikels 3 Nummer 4 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002". Danach bezeichnet der Ausdruck "[...] Stoffe oder Erzeugnisse, auch Zusatzstoffe, verarbeitet, teilweise verarbeitet oder unverarbeitet, die zur oralen Tierfütterung bestimmt sind". Weitere rechtliche Festlegungen gibt es in der ebenfalls auf EU-Recht basierenden Futtermittelverordnung.

In der Regel wird unter dem Begriff Futtermittel die Nahrung für landwirtschaftliche Nutztiere verstanden. Hier ist die Zusammensetzung entscheidend für die Deckung des Nährstoffbedarfs und damit für die Gesundheit und Leistung der Tiere. Nahrung für im Haus gehaltene Kleintiere wird auch als Heimtierfutter bezeichnet. Dieses soll ebenso wie das Nutztierfutter bedarfsgerecht und altersgemäß sein und den Tieren schmecken.

Man unterscheidet vereinfachend nichtmarktgängige Futtermittel (Gras, Heu, Silage), die hauptsächlich an Wiederkäuer verfüttert werden, von marktfähigen Futtermitteln (Getreide, Getreidesubstitute, Ölkuchen, Mischfutter usw.), die an alle Tiere verfüttert werden können. Diese Trennung ist nicht problemlos, da im landwirtschaftlichen Betrieb erzeugte Futtermittel sowohl den Status von wirtschaftseigenen Futtermitteln als auch von Handelsfuttermitteln (z.B. Getreide, Knollen und Wurzeln, Heu, Stroh, Maissilage) einnehmen.

Mögliche Einteilung verschiedener Futtermittel
Futtermittel - Schema

Quelle: DVT

Gebrauchswert- und einsatzorientierten Aspekten folgt die Einteilung in Grobfutter (relativ reich an Gerüstsubstanzen) und Konzentrate (hoher Energie- und/oder Proteingehalt). Zum Grobfutter zählen vor allem Grünfutter, Grünfutterkonservate (Silagen, Heu, Trockengrünfutter) und Stroh mit ihrem überwiegenden Einsatz in der Wiederkäuerfütterung. Die Konzentrate bilden vorrangig oder ausschließlich die Komponenten von Futterrationen bzw. -mischungen für Schweine und Geflügel.

Daneben dienen Konsistenz und Wassergehalt (u.a. Raufutter, Saftfutter, Trockenfutter), Hauptinhaltsstoffe (energiereiche Futtermittel, eiweißreiche Futtermittel, Mineralfutter) Komponentenzahl (Einzelfuttermittel, Mischfuttermittel) und Verwendungszweck (Alleinfutter, Ergänzungsfutter) zur Einteilung bzw. Bildung von Futtermittelgruppen.

Die einzelnen Futtermittel besitzen eine unterschiedliche regionale Bedeutung. Während in den Industrieländern am Anfang der neunziger Jahre ca. 60 % der Getreideproduktion verfüttert wurde, betrug dieser Anteil in den Entwicklungsländern nur ca. 16 %, aber mit schnell steigendem Anteil. Das bedeutet, dass immer mehr vom Menschen direkt nutzbare pflanzliche Produkte an Nutztiere (auch aquatische Tiere) verfüttert werden.

Auch zwischen den Kulturarten bestehen global große Unterschiede. Von der Gerste dienten ca. 87 % zur Verfütterung, vom Mais 68 %, vom Sorghum 50 %, vom Weizen ca. 23 %, bei Berücksichtigung seiner Nebenprodukte (z.B. Kleie) ca. 32 % und beim Reis nur ca. 8 %. Der wertmäßige Anteil der Futtermittel an den Vorleistungen der Landwirtschaft stieg von 17,1 % (1953/54, aBl) auf 27,0 % (1995/96, D).

Insgesamt dienen fast drei Viertel der landwirtschaftlichen Nutzfläche der EU der Erzeugung von Futtermitteln. In der EU basiert die Fütterung überwiegend auf den im Binnenmarkt landwirtschaftlich erzeugten Futtermitteln sowie den Rückständen der Ölmühlen (eiweißreiche Beiprodukte aus Ölfrüchten, wie z.B. Sojaschrot) der Getreideverarbeitung (Kleie), der Zuckerfabriken (Trockenschnitzel) und der Getränkeherstellung (Biertreber, Schlempe, Trester). Der Import von Getreidesubstituten in die EU, wie z.B. Tapioka, spielt mengenmäßig eine untergeordnete Rolle, obwohl derartige Importe die Preisbildung innerhalb der EU erheblich beeinflussen können.

Die Futtermittelindustrie ist durch eine zunehmende vertikale Integration entlang der landwirtschaftlichen Wertschöpfungskette geprägt. Die größten Futtermittelhersteller beschränken sich nicht nur auf die Futterproduktion, sondern integrieren auch den internationalen Handel mit den wichtigsten Rohstoffen, seien es Getreide, Ölpflanzen oder Mineralstoffe. So finden sich in der Liste der größten Mischfutterhersteller der Welt zugleich einige der wichtigsten Getreidehändler, etwa Cargill, ADM (Archer Daniels Midland) oder die chinesische COFCO (China National Cereals, Oils and Foodstuffs Corporation).

Diese Unternehmen besitzen ein weltweites Netz von Lagerhäusern, Getreidemühlen, Hafenanlagen und Frachtflotten. So betreiben die US-Unternehmen Cargill und ADM einerseits eigene Silos und Umschlagsanlagen in den großen Sojaanbauzentren Argentiniens und Brasiliens, anderseits Getreidespeicher und Ölmühlen in Deutschland.

Größte Mischfutterhersteller 2010
Größte Mischfutterhersteller 2010

Quelle: Best / Brot für die Welt

Viele der Mischfutterfabrikanten gehören zudem zu den größten Viehhaltern und Fleischerzeugern, darunter Tyson, Cargill, Smithfield, Brasil Foods und Charoen Pokphand (CP). Das US-Unternehmen Tyson Foods ist der zweitgrößte Fleischerzeuger der Welt und betreibt eigene Hühner- und Schweinefarmen. Cargill unterhält Feedlots für die Rindermast und seine eigenen Schlachthäuser. Smithfield Foods gehört zu den bedeutendsten Schweinemästern und expandiert nun auch in Europa. Brasil Foods ist das zweitgrößte brasilianische Lebensmittelunternehmen und produziert Hühner- und Schweinefleisch. Auch der größte thailändische Nahrungsmittelkonzern Charoen Pokphand (CP) verwendet beträchtliche Teile seines selbst erzeugten Mischfutters in den eigenen Hühner-, Hähnchen- und Schweineställen. CP ist auch in der Aquakultur tätig, vor allem der Garnelenaufzucht. Die Firma betreibt auch die gastronomische Vermarktung in Form einer eigenen Restaurantkette. All diese Unternehmen integrieren Futtermittelproduktion, Tiermast, Schlachtung und Fleischverarbeitung im eigenen Konzernverbund.

(s. a. BfdW, Veredelung)

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