Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

Erdbeeren

Die Erdbeeren (Fragaria), engl. strawberry, fr. fraise, gehören zur Familie der Rosengewächse (Rosaceae). Botanisch gesehen gehört die Erdbeere demnach zur gleichen Familie wie Apfel, Birne und Pflaume. Zur Gattung Fragaria gehören ungefähr zwanzig Arten, meistens in den gemäßigten Zonen der Nordhalbkugel vorkommend, und verschiedene Unterarten; daneben gibt es viele hybride Formen mit zahlreichen Kultursorten.

Die Erdbeere zählt zu den kalorienärmsten heimischen Früchten. Bedeutend sind ihre Gehalte an Vitamin C, Folsäure und Eisen.

Trotz des Namens handelt es sich bei Erdbeeren nicht um echte Beeren, sondern um Sammelnussfrüchte. Als Staude überdauert sie den Winter, dabei sterben die Blätter weitgehend ab und entstehen im nächsten Frühjahr erneut. Meist sind sie weich oder seidig behaart, mit dickem, schwach holzigem, fadenförmige Ausläufer treibendem „Wurzelstock“.

Erdbeeren spielen mindestens seit der Steinzeit eine Rolle in der menschlichen Ernährung. Die europäischen Wald-Erdbeeren (Fragaria vesca) wurden während des Mittelalters auch flächig angebaut. Erst im 17. bzw. 18. Jahrhundert gelangten die beiden großfrüchtigen amerikanischen Arten – die Scharlach-Erdbeere (Fragaria virginiana) und die Chile-Erdbeere (Fragaria chiloensis) – nach Europa. Aus deren Kreuzung entstand um 1750 in der Bretagne die Urform der Gartenerdbeere (Fragaria × ananassa), von der die meisten heute kultivierten Sorten abstammen. Bereits im 18. Jahrhundert war diese Erdbeere in ganz Europa verbreitet. Heute findet man sie in allen Erdteilen. Die uns heute bekannten Erdbeersorten sind demnach keine Züchtung aus der Walderdbeere.

Sorten

Heute gibt es über 2.000 Erdbeersorten. Sie unterscheiden sich in Form und Farbe, Größe, Geschmack, Erntezeit und vielem mehr. Dabei schmecken die größten und schönsten Früchte längst nicht immer am besten. In Deutschland wird überwiegend die mittelfrühe Sorte 'Elsanta' angebaut, sie ist "die" Frischmarktsorte Mitteleuropas. Sie vereint viele Anforderungen von Produktion und Handel mit einem Geschmack, der als mittel bis gut gilt.

Erdbeeren werden hinsichtlich des Blühbeginns und der Fruchtreife in sehr frühe bis sehr späte Sorten unterteilt. Für den Anbau ist ein weiterer Unterschied wichtig: es gibt einmal- und zweimaltragende Sorten. Einmaltragende Sorten (zum Beispiel Bogota, Elvira, Fratina, Gorella oder Havelland) entwickeln ihre Blüten nur im Frühjahr, solange die Tage noch kurz sind. Zwei- oder mehrmals tragende Sorten (zum Beispiel Machern, Ostara) setzen dagegen auch während der längeren Sommertage noch Blüten an.

Anbau

Der erwerbsmäßige Anbau von Erdbeeren existiert in Deutschland erst seit 1840.

Die Erdbeerpflanze ist winterfest, aber empfindlich gegen Austrocknung in rauen, windigen oder allzu heißen Lagen. Erdbeeren verlangen einen tiefgründigen, humosen Lehmboden beziehungsweise lehmigen Sandboden. Der sollte gut mit Nährstoffen versorgt sein, einen ausreichenden Humusgehalt aufweisen und durchlässig sein.

Erdbeeren sind mehrjährige Pflanzen. Die Frucht bildet sich aus der fleischig werdenden Blütenachse und wird als „Scheinfrucht“ bezeichnet. Die eigentlichen Früchte sind die vielen Samen auf dem Fruchtfleisch. Die heutigen Kultursorten besitzen in der Regel zwittrige Blüten und sind selbstfruchtbar. Die Vermehrung erfolgt über Wurzelausläufer.

Erdbeeren werden als landwirtschaftliche Kulturpflanze großflächig und weitgehend mit Maschineneinsatz angebaut. Dennoch verbleibt ein vergleichsweise hoher Anteil an Handarbeit. Sie können in Flachkultur oder auf Dämmen angebaut werden. Letzteres mindert den Krankheitsdruck durch Wurzelkrankheiten. Meist werden auf einem Damm zwei Reihen gepflanzt.

Zur Pflanzung bereiten Landwirtinnen und Landwirte einen tiefgründig gelockerten und vor allem unkrautfreien Boden vor, auf dem sie Pflanzreihen von bis zu 50 Meter Länge anlegen. Es werden entweder Grünpflanzen oder Frigopflanzen gesetzt. Letztere sind laublos und bis kurz vor der Pflanzung eingefroren. Je nach Pflanzsystem, Maschinenpark und Wüchsigkeit der gepflanzten Erdbeersorte wird ein Reihenabstand von 80 bis 100 Zentimetern und ein Abstand in der Reihe von 20 bis 35 Zentimetern gewählt.

Im ökologischen Landbau ist der Abstand der Pflanzen größer. Der luftigere Stand schützt die Pflanzen vor zu großer Bodennässe. Das reduziert den Befallsdruck mit Pilzkrankheiten, verringert aber auch den Flächenertrag. Es werden in der Regel weniger empfindliche Sorten angebaut und bei der Fruchtfolge wird auf einen häufigen Flächenwechsel geachtet, um den Krankheitsdruck der Pflanzen gering zu halten.

Ein Erdbeerfeld wird ein oder meist zwei Jahre beerntet, dann steigt der Krankheitsdruck der Pflanzen und die Fruchtqualität nimmt ab. Zur Vermeidung von Krankheiten ist es erst drei bis vier Jahre später sinnvoll auf dem gleichen Feld wieder Erdbeeren anzubauen.

Ernte

Eine reife Erdbeere ist voll ausgefärbt und ohne weiße Schulter oder Spitze. Nur in diesem Zustand hat sie ihr volles Aroma entwickelt. Gepflückt wird sie mit den grünen Kelchblättern, um das "Auslaufen" von Saft und den vorzeitigen Verderb zu verhindern.

Die Ernte beginnt früh morgens und am besten bei Trockenheit, denn nasse Früchte verlieren ihr Aroma schnell. Die Ernte endet spätestens mit der Mittagshitze, die den empfindlichen Früchten schadet.

Geerntet wird per Hand und meist von vielen Arbeitskräften. Es gibt aber auch Felder für Selbstpflücker, vor allem gegen Saisonende. Reife Früchte aus dem Freiland gibt es meist von Anfang Mai bis Ende Juli je nach Witterungsverlauf. Die empfindlichen Erdbeeren müssen rasch in den Handel oder nach Hause gebracht und am besten frisch gegessen oder zumindest kühl und luftig gelagert werden.

Wirtschaftliche Aspekte

Im Jahr 2021 wurden in Deutschland im Freiland auf 10.643 Hektar mehr als 96.000 Tonnen Erdbeeren geerntet. Geschützten Anbau unter Schutzabdeckungen oder im Gewächshaus gab es auf rund 1.860 Hektar. Dort erntete man im Jahr 2021 rund 34.580 Tonnen Erdbeeren. Im geschützten Anbau liegen die Erträge mit 18,6 Tonnen je Hektar deutlich über denen im Freiland mit neun Tonnen je Hektar.

Der jährliche Pro-Kopf-Verbrauch von frischen Erdbeeren (einschließlich Verarbeitungserzeugnisse) lag 2020/21 in Deutschland bei 3,7 Kilogramm. Zum Vergleich: Jede:r Bundesbürger:in verzehrte in der gleichen Zeit insgesamt 72,1 Kilogramm frisches Obst, davon 24,4 Kilogramm Äpfel.

Damit übertrifft die Nachfrage die Erzeugung bei weitem, sodass 2020 weitere gut 120.000 Tonnen Erdbeeren importiert werden mussten. Diese werden aus Ländern Europas, insbesondere Spanien, den Niederlanden, Griechenland, Italien und Belgien importiert. In den Monaten November bis Februar bezieht Deutschland außerdem Früchte aus Ägypten und von Januar bis März aus Marokko.

Spanien ist für Deutschland das mit Abstand wichtigste Lieferland für Erdbeeren, gefolgt von Griechenland und den Niederlanden.

Erdbeeren außerhalb der Saison

Auch außerhalb der heimischen Freiland-Saison sind Erdbeeren im Handel erhältlich. Deutsche Ware ist in deutlich kleineren Mengen noch bis Mitte Dezember aus geschütztem Anbau erhältlich. Die meisten Erdbeeren werden jedoch aus dem sonnigen Süden importiert, häufig aus Südeuropa oder Nordafrika. Dort werden sie in großen Monokulturen auf kargen Böden produziert. Der Wasserverbrauch und der Düngereinsatz sind hoch. Für die dortigen klimatischen Bedingungen wurden Sorten entwickelt, die festfleischiger sind, um den Transport unbeschadet zu überstehen. Drei bis zehn Tage liegen zwischen Ernte und Verzehr. (BZfE)

Weitere Informationen:

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