Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

Imkerei

Haltung und Züchtung von Honigbienen (Apis mellifera) zur Gewinnung von Honig und Wachs oder zur Produktion von Zuchtköniginnen zum Verkauf. Man unterscheidet gewerbliche Imkerei, Liebhaberimkerei und bäuerliche Bienenhaltung, die durch die Bestäubungsarbeit der Bienen zur Ertragssteigerung bestimmter Kulturpflanzen beiträgt (Raps, Sonnenblumen, Klee, Luzerne, Obstbäume u.a.).

87 von 115 weltweit führenden Nahrungspflanzen sind auf die tierische Bestäubung angewiesen. Durch die Insektenbestäubung werden sowohl die Anzahl der Früchte und Samen als auch deren Qualität verbessert. Dies ist insbesondere im Obst- und Gemüsebau, aber
auch in der Saatguterzeugung von Bedeutung.

Dem Imkereisektor kommt speziell wegen der Honigbienenbestäubung im bestäubungsabhängigen Pflanzenbau eine hohe volkswirtschaftliche Bedeutung zu. Für Deutschland wird die Wertschöpfung der Honigbienenbestäubung im Nahrungspflanzenanbau mit maximal 1,6 Milliarden Euro auf das bis zu 13-fache der berechneten Wertschöpfung für Honig und Wachs (ca. 0,12 Milliarden Euro) geschätzt.

Die Honigbiene ist, bezogen auf den volkswirtschaftlichen Nutzen, nach Rind und Schwein vermutlich das drittwichtigste Nutztier in Deutschland. Während die Anzahl der von Imkern gehaltenen Bienenvölker weltweit steigt, sind in einigen europäischen Ländern gegenläufige Entwicklungen zu beobachten. So sank in Deutschland die Bienenvölkerzahl in den letzten Jahren vorübergehend. Während in den 1990er Jahren noch etwa eine Million Bienenvölker gehalten wurden, waren es im Jahr 2014 nur noch 700.000 Völker, die von etwa 100.000 Imkern betreut wurden. Im Jahr 2020 waren die Zahlen wieder auf 160.000 Imker mit insgesamt etwa 1.100.000 Bienenvölkern gestiegen.

Produkte und Nutzen der Bienenhaltung
Produkt Kurzbeschreibung
Honig

Über Jahrtausende einziges Süßungsmittel, erfährt Honig schon in der Antike hohe Wertschätzung. Honig ist dem Gesetz nach ein Lebensmittel. Darüber hinaus versucht man auf dem Gebiet der Apitherapie die medizinische Bedeutung von Honig und weiteren Bienenprodukten zu erforschen. Honig besitzt antibakterielle Eigenschaften aufgrund seiner Zusammensetzung als gesättigte Zuckerlösung, seines sauren pH-Wertes und Inhibinen (die Entwicklung von Bakterien hemmende Stoffe, z.B. Flavenoide). Um den Erhalt der Naturbelassenheit des Honigs zu überprüfen, wird bei Honiguntersuchungen die Enzymaktivität, speziell Invertase, als Qualitätskriterium verwendet.

Medizinischer Honig auf der Basis von Manukahonig wird erfolgreich bei der Wundheilung eingesetzt. Dieser ist dafür allerdings speziell aufgereinigt und hat auch die notwendige Apothekenzulassung.

Wachs

Wachs wird in den Wachsdrüsen von Arbeitsbienen produziert und ist das Material des Wabenbaues. Hauptbestandteil dieses Gemisches verschiedener Substanzen ist ein Palmitinsäureester des Myrizilalkohols. Das spezifische Gewicht beträgt 0,96, der Schmelzpunkt liegt bei 64 °C. Es ist unverdaulich, außer für die Larven der Wachsmotten. Chemisch wenig angreifbar, ist es in Benzin und Terpentinöl löslich. Wachs wird durch Ausschmelzen von Waben gewonnen. Von den Bienen frisch produziertes Wachs ist weiß, durch die Einlagerung von Pollen und die Entwicklung der Bienenlarven in den Zellen ist ausgeschmolzenes Wachs gelb bis braun .

Wachs wurde schon im Altertum intensiv genutzt. So wurden in Wachs- oder in wachsüberzogene Holztafeln Schriftzeichen geritzt. Wachs diente zum Versiegeln von Briefen und Flaschen. Sehr hohen Bedarf an Kerzen hatten Kirchen und Klöster, so dass die Imker zu Wachsabgaben verpflichtet waren. Bis in die heutige Zeit ist Bienenwachs gefragt für wertvolle, duftende Kerzen sowie für Figuren, die in vielfältige Formen gegossen werden. Trotz zahlreicher Ersatzstoffe findet Bienenwachs nach wie vor in verschiedenen Industriezweigen, z. B. der Pharmazie, Lebensmittelindustrie und Kosmetik Verwendung.

Bienengift Es wird in der Giftdrüse der Biene erzeugt und ist eine wasserklare Flüssigkeit. Hauptwirkstoffe sind Proteine. Es wird auf elektrischem Wege mit Hilfe von Geräten gewonnen, durch welche die Bienen zum Stechen veranlasst werden. Bienengift ist ein anerkanntes Arzneimittel und wird u.a. in der Rheumatherapie eingesetzt.
Pollen Blütenstaub wird von den Bienen in Form von kleinen Ballen, den "Höschen" an den Hinterbeinen in den Stock transportiert. Es ist die Eiweißnahrung des Bienenvolkes. Je nach pflanzlicher Herkunft können Pollenhöschen verschiedenartig von hellgrau, gelb, rot, grün, blau bis schwarzgrau gefärbt sein. Die Gewinnung von Pollen wird an den Fluglöchern mit Hilfe von Pollenfallen vorgenommen. Den heimkehrenden Sammlerinnen werden die Pollenladungen dabei abgestreift. 
Weiselfuttersaft (Gelee Royal)

Er ist ein Drüsenprodukt der Ammenbienen und dient der Königin sowie den jüngsten Arbeiterinnenlarven als Nahrung. Der weißliche, cremige, säuerlich schmeckende Weiselfuttersaft wird durch Absaugen aus den Zellen junger Königinnenlarven - in manchen Ländern in industriemäßig großem Umfang - gewonnen. Der Futtersaft von etwa 5 Weiselzellen ergibt 1 Gramm. 

Gelee Royal findet Anwendung in der Apitherapie und wird auch in der Industrie bei kosmetischen Produkten eingesetzt.

Propolis Propolis oder Kittharz ist durch die Bienen von Blütenknospen gesammeltes Baumharz und wie Pollen in den Körbchen der Hinterbeine eingetragen. Es dient im Bienenstock zum Verkitten, Abdichten, Isolieren und Konservieren. Kittharz wirkt wie die meisten Bienenprodukte antimikrobiell und wird ebenfalls in der Apitherapie eingesetzt. Die Gewinnung erfolgt durch Abkratzen von Rähmchen und Beutenteilen, in größerem Umfang auch mit Hilfe von eigens zum Verkitten ins Bienenvolk verbrachten Vorrichtungen.
Bestäubungsleistung

Der indirekte Nutzen der Honigbienen besteht in der Übertragung des Blütenstaubes durch die Nektar- und Pollensammeltätigkeit bei den insektenbestäubten Pflanzen. Dazu gehören nicht nur zahlreiche Nutzpflanzen der Landwirtschaft und des Gartenbaues, z. B. Ölfrucht- und Futterpflanzen sowie Obstgewächse, Zier-, Heil- und Gewürzpflanzen sowie viele Gehölze, sondern ein Großteil von Wildpflanzen in Feld, Wald und Wiese. So tragen die Bienen auch zur Vielfalt der Natur bei. Der indirekte Nutzen der Bienen ist um ein Vielfaches höher als ihre direkten Leistungen.

In Deutschland steckt die professionelle Bestäubungsimkerei noch in den Anfängen. Dabei gilt das Hauptaugenmerk nicht der Honigproduktion, sondern dem Vermieten der Bienenvölker gegen Entgelt für Bestäubungsleistungen. Denn von der Bestäubungsleistung profitiert jeder, der bestäubungsbedürftige Nutzpflanzen anbaut, bezahlt wird sie jedoch nur selten.

Erfreulicherweise steigt seit vielen Jahren die Anzahl der Imkerinnen und Imker – 2019 gab es in Deutschland etwa 150.000 Imkerinnen und Imker – und seit einigen Jahren auch die Anzahl der Bienenvölker. Im Ausland hat sich Bestäubungsimkerei bereits etabliert. So wird die Bestäubungsimkerei beispielsweise in den USA - mit durchschnittlich 140 Dollar Bestäubungsprämie pro Bienenvolk - zur Erzeugung von Mandeln, Obst, Luzerne und in Skandinavien für Rotklee betrieben. Mit dieser indirekten Nutzung der Bienen erwirtschaften manche Imker im Ausland bereits ihr Haupteinkommen. 

Honig-, Wildbienen und andere Insekten sorgen nicht nur für gesicherte Bestäubung und Mehrertrag, sondern auch Qualitätsmerkmale wie Form, Zucker- und Säuregehalt, Keimfähigkeit sowie Lagerfähigkeit der Früchte, werden durch die Bestäubung gesteigert. Der volkswirtschaftliche Nutzen der Bestäubungsleistung ist enorm und übersteigt den Wert der Honigproduktion um ein vielfaches.

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