Spezialisierung
1. Die Reduktion der Produktionsvielfalt in einem Agrarbetrieb bzw. in einer Agrarregion.
2. Die Funktionsausgliederung von Produktions- und Verwaltungsbereichen an Dritte zur Vereinfachung der Betriebsorganisation und zur Kostensenkung. Dazu gehören der Lohnunternehmereinsatz, die Ausgliederung von Verwaltungsaufgaben (Buchführung), die Beteiligung an Erzeugergemeinschaften (Ein- und Verkauf) und die Verkürzung der übernommenen Produktionsabschnitte und Aufteilung der Erzeugung auf mehrere Betriebe (im Gartenbau z.B. Jungpflanzen - Halbfertigpflanzen - Rohware - Treiberei). Häufig erfolgen 1. und 2. gemeinsam.
3. Die innerbetriebliche Spezialisierung der einzelnen Arbeitskräfte auf bestimmte Aufgaben oder Kulturen (nur in Großbetrieben konsequent durchführbar).
Gründe für eine Spezialisierung von Unternehmen:
- Standortvorteile für bestimmte Produktionsverfahren, die eine bessere Konkurrenzfähigkeit für das jeweilige Verfahren garantieren, z.B.
- gute Ackerbaustandorte (Zuckerrüben, Weizen)
- Klimaverhältnisse (Weinbau, Tabak etc.)
- Bezugs- und Absatzmärkte - Verarbeiter (Gemüse etc.)
- Lieferanten für Vorleistungen (Schweinemast)
- örtliche Personalqualifikation - Neigungen, Fähigkeiten - Kostendegressionseffekte, z.B.
- stark sinkende Investitionskosten bei größeren Einheiten führen zu geringerer Festkostenbelastung und konkurrieren mit steigenden Umweltauflagen
- im Ein- und Verkauf helfen große Liefermengen die Dispositions- und Transportkosten senken
- wesentliche Vereinfachung von Management und Verwaltung bei sinkenden Kosten
- möglicher Einsatz leistungsfähiger Technik zur Senkung der Arbeitskosten
- hohe Auslastung von Spezialmaschinen und moderner Technik - Verbesserung der Marktsituation
- größere Angebotsmengen einheitlicher Qualität
- mehr Anbieter für Vorleistungen
- geringere Lagerhaltungskosten bezogen auf den Umsatz - Fachliche Spezialisierung und Qualifikation der Betriebsleitung
- der Weiterbildungsaufwand für die Betriebsleitung sinkt stark und ist im nötigen Umfang realisierbar
- besserer Überblick und Kontrolle durch mehr Nähe des Unternehmers zum Produktionsverfahren
- die Bewältigung der Informationsflut und die Umsetzung neuer Informationen ist eher möglich
- Entscheidungen werden sachgerechter und zeitnäher getroffen - Geringerer Organisations- und Verwaltungsaufwand
- einfachere Betriebsführung durch geringeren Dispositions- und Abstimmungsaufwand
- weniger Reibungsverluste durch Abstimmung und Interessenausgleich zwischen unterschiedlichen Bereichen
- Überblick des Betriebsleiters ohne großen Hilfsmitteleinsatz
- keine konkurrierenden Ziele zwischen mehreren Betriebszweigen im Unternehmen
Mögliche Nachteile einer hohen Spezialisierung
- Arbeitsplatz im Einzelunternehmen mit einseitigeren Anforderungen, Wegfall von abwechselnden Tätigkeiten, Verlust von Lebensqualität bei der Arbeit
- Mögliche Zahlungsunfähigkeit bei schwacher Eigenkapitalbasis im Falle von starken Marktveränderungen und Preisschwankungen
- Zunahme der Abhängigkeit von Lieferanten, Abnehmern und agrarpolitischen Entscheidungen
- Erhöhung der Produktionsausfallrisiken
- verstärkte Ausprägung von Arbeitsspitzen und Fruchtfolgeproblemen
- mögliche Umweltbelastungen bei der Gülleverwertung bei regional hoher Konzentration spezialisierter Viehhaltungsbetriebe
- Trennung von Viehwirtschaft und Ackerbau aus ökologischen Gründen vermutlich das größte Vergehen der modernen Agrarwirtschaft
(s. a. Agrarökosystem, Agrarstruktur, Landwirtschaft, Spezialisierungsgrad)