Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

Seidenbau

Unter Seidenbau oder Serikultur versteht man den gesamten Prozess der Seidenproduktion mit seinen Bestandteilen Seidenraupenzucht, Anbau und Pflege der Maulbeerkulturen und Verarbeiten der Kokons zu Rohseide.

Der Seidenbau ist eine komplexe Form der Landwirtschaft. Um die Raupen des Seidenspinners ( lat. Bombyx mori) zu ernähren, müssen Maulbeerbäume angepflanzt werden, da das hochspezialisierte Nutztier nur diese Pflanze frisst. Ohne menschliche Hilfe könnte der Seidenspinner in der freien Wildbahn nicht überleben. Den frisch geschlüpften Raupen muss man die Blätter des Maulbeerbaums zerschneiden, da die Jungtiere ganze Blätter nicht von alleine fressen können. 100 Seidenraupen fressen um die 180 – 450 kg Maulbeerblätter. Für 250 g Seidenfaden werden etwa 3000 Kokons benötigt, das entspricht im Mittel 1 Kilogramm.

Die Tiere reagieren sensibel auf Klima und Nahrung. Bei nicht tiergemässer Haltung treten rasch Krankheiten auf.

Herkunft und Arten

Der Seidenbau hat seinen Ursprung in China, wo Seide bereits um 2800 v. Chr. produziert worden sein soll. Heute ist China der weltgrößte Produzent von Rohseide. In Europa wird Seidenbau seit der Spätantike betrieben, zunächst in Byzanz, später auch in Westeuropa, vor allem in Italien und Frankreich.

Die größte Bedeutung unter den seidenspinnenden Insekten kommt dem Echten Seidenspinner (Bombyx mori L.) zu. 95 % der Naturseide werden von diesem gewonnen. Als Seide werden die Fasern aus der Mittelschicht des Kokons der Larven von Bombyx mori L. bezeichnet.

Zum Seidenanbau werden heute neben dem Maulbeerseidenspinner auch andere Seidenspinner, zum Beispiel der Atlasspinner und der Eichenspinner, genutzt. Aus den Kokons des Atlasspinners wird die hellbraune, robuste Fagaraseide gewonnen.

Gewinnung der Rohseide

Am Beginn der Seidenproduktion steht zunächst der Anbau der Maulbeerbäume (Morus alba). Für die Seidenraupenproduktion ist es notwendig, die Bäume, die eine Höhe von 20–25 m erreichen können, auf Strauchhöhe zu halten.

Die Gewinnung der Rohseide setzt sich aus verschiedenen Arbeitsgängen, wie dem Ernten der Kokons, Abtöten der Puppen durch Hitze, Trocknen, Entflocken, Sortieren und Kochen der Kokons zum Aufweichen des Serizins und dem Abhaspeln (Aufwickeln der Seidenfäden) zusammen. Es werden jeweils acht bis zehn Kokonfilamente zusammengehaspelt, die anschließend einen einzigen Seidenfaden bilden. Einzelne Kokonfilamente weisen eine Länge von etwa 800 m auf. Für die Produktion von einem Kilo Rohseide werden durchschnittlich 10–11 kg Kokons benötigt.;

Ertrag und Nebenprodukte

Je nach Rasse hat eine Seidenraupe in ihrer Lebenszeit 25–35 g Maulbeerblätter gefressen. Da Seidenraupen monophag sind, ist es möglich, den Kokonertrag auf die Fläche zu beziehen. Dieser ist jedoch abhängig von der Seidenraupenrasse, dem Blattertrag des Maulbeerbaums, der Anzahl der Blatternten, den Aufzuchtszyklen der Seidenraupen je Jahr, der genutzten Eimenge und dem Ertrag je Eibox. Unter günstigen Bedingungen sind in den Tropen bei ganzjährigem Wachstum und Gedeihen der Maulbeerbäume bis zu zehn Aufzuchtszyklen möglich.

Bei der Seidenproduktion entstehen große Mengen an Abfall- und Nebenprodukten mit sehr guten Nährstoffgehalten. Diese können in integrierten Produktionssystemen wie beispielsweise der Tierfütterung genutzt werden.

Die Puppen werden nach dem Abhaspeln der Seide als Speiseinsekten genutzt.

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