Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

Winderosion

Unter Winderosion versteht man den Abtrag, Transport und die Ablagerung von Bodenmaterial durch die Kräfte des Windes.

Tritt Wind mit einer Geschwindigkeit von mehr als 5-6 m/s unmittelbar über gefährdeten Bodenoberflächen auf, werden Bodenteilchen an der Bodenoberfläche bewegt oder treffen auf andere Teilchen. Durch den Aufprall oder durch die »Strahlwirkung« werden Bodenaggregate zerstört. Die Bewegung größerer Teilchen findet in der Regel nur über kurze Distanzen statt. Kleinste Bodenteilchen werden hingegen weiter nach oben in die Luft getragen und über größere Strecken transportiert.

Der Prozess der Winderosion besteht aus der Ablösung der Bodenpartikel, wenn die aerodynamischen Kräfte des Windes die Trägheit der Bodenteilchen sowie die Kohäsion überwinden (kritische Wind- oder Schubspannungsgeschwindigkeit) und dem Transport. Die Partikel werden durch Rollen (Reptation) sowie durch springende Bewegung (Saltation) transportiert. Ein Teil der Partikel, deren Fallgeschwindigkeit kleiner als die turbulenzbedingte Vertikalkomponente des Windes ist kann in der Luft gehalten werden und wird so in Suspension verfrachtet. Der Transport kann über einige Meter, aber auch mehrere Tausend Kilometer erfolgen. Die Transportmechanismen bewirken ein Abschmirgeln verkrusteter oder aggregierter Oberflächen (auch von Gesteinen), die als Abrasion bezeichnet wird. Der größte Teil suspensionsfähigen Materials wird erst durch Abrasion erzeugt. Durch die korngrößenabhängigen Transportarten findet darüber hinaus eine Sortierung des Materials statt. Auch die Ablagerung (Deposition) der Partikel gehört zum Prozess der Winderosion. Die Sedimentation, erfolgt als trockene Deposition oder durch Bindung an Niederschläge als nasse Deposition.
Die Wirkungen von Winderosion werden wesentlich von der Windgeschwindigkeit, den Bodeneigenschaften und der Bodenbedeckung beeinflusst. Im Unterschied zur Wassererosion spielt das Relief der Landschaft eine geringere Rolle. Trockene, feinsandige und schluffige Böden, die eine geringe Vegetationsbedeckung haben, sind am stärksten von Winderosion betroffen. Die größte Bedeutung hat die Winderosion in Wüsten und Halbwüsten sowie in den wechselfeuchten Tropen und den winterfeuchten Subtropen während der Trockenzeiten. In den Eiszeiten führte Winderosion zur Ablagerung von Löß auf dem sich über die Jahrtausende beste Böden entwickelten. Unter humiden Klimabedingungen spielt der Bodenabtrag durch Wind eine nachrangige Rolle.

Im Rahmen der Landbewirtschaftung wird der Prozess vor allem durch den menschlichen Eingriff in die Vegetation über das natürliche Ausmaß verstärkt, da der Boden nicht mehr durch eine geschlossene Pflanzendecke geschützt ist. Mittel- bis langfristig führt Winderosion auf Ackerflächen zur Verminderung der Bodenqualität. Die Mächtigkeit, also die Tiefe des Bodens, nimmt ab. Dadurch verringert sich die Wasser- und Nährstoffspeicherfähigkeit. Dies führt zu einem Rückgang der Ernteerträge. Kurzfristig kommt es durch Windabrasion zur Schädigung der Kulturpflanzen. Schäden entstehen aber auch auf benachbarten Flächen. Die transportierte Erde wird abgelagert und überdeckt Pflanzen, Straßen und Gebäude gleichermaßen. Beim Winderosionsereignis selbst kann die Sichtweite kurzfristig stark abnehmen. Das führt unter Umständen zu massiven Behinderungen im Straßenverkehr.

Alle Schäden, die direkt vor Ort durch Winderosion entstehen, nennt man On-Site-Effekte:

Außerhalb der durch Bodenabtrag betroffenen Agrarflächen treten indirekte Effekte der Winderosion in benachbarten Gebieten auf (Off-Site-Effekte):

Weitere Informationen:

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