Winderosion
Unter Winderosion versteht man den Abtrag, Transport und die Ablagerung von Bodenmaterial durch die Kräfte des Windes. Tritt Wind mit einer Geschwindigkeit von mehr als 5-6 m/s unmittelbar über gefährdeten Bodenoberflächen auf, werden Bodenteilchen an der Bodenoberfläche bewegt oder treffen auf andere Teilchen.
Der Prozess der Winderosion besteht aus der Ablösung der Bodenpartikel, wenn die aerodynamischen Kräfte des Windes die Trägheit der Bodenteilchen sowie die Kohäsion überwinden (kritische Wind- oder Schubspannungsgeschwindigkeit) und dem Transport. Die Partikel werden durch Rollen oder Kriechen (Reptation) sowie durch springende Bewegung (Saltation) transportiert.
Die Saltation ist ein entscheidender Prozess für den Energietransfer aus der Strömung an die Bodenoberfläche. Die Partikel werden in höheren Luftschichten stärker beschleunigt und geben diesen Energieüberschuss beim Auftreffen an die Bodenoberfläche ab, dadurch können neue Partikel in Bewegung gesetzt werden (lawinenartiges Anwachsen des Transportes=Avalanching-Effekt) oder Strukturelemente des Bodens zerschlagen werden (Windabrasion). Der größte Teil suspensionsfähigen Materials wird erst durch Abrasion erzeugt.
An Saltation sind vorwiegend Partikel der Fraktionen 0,6 - 0,06 mm beteiligt. Der Transport endet auf dem Feld im Windschatten von Hindernissen (Furchen, Kluten, Pflanzen) oder spätestens am Feldrand (Graben, Furche, Rain).
Ein Teil der Partikel, deren Fallgeschwindigkeit kleiner als die turbulenzbedingte Vertikalkomponente des Windes ist, kann in der Luft gehalten werden und wird so in Suspension verfrachtet. Der Transport kann über einige Meter, aber auch mehrere Tausend Kilometer erfolgen. Durch die korngrößenabhängigen Transportarten findet darüber hinaus eine Sortierung des Materials statt.
Die offenen Agrarflächen Norddeutschlands sind besonders von Winderosion bedroht.
Sie mindert Bodenqualität und langfristig die Ernte.
Quelle: Bodenatlas 2024
Auch die Ablagerung (Deposition) der Partikel gehört zum Prozess der Winderosion. Die Sedimentation, erfolgt als trockene Deposition oder durch Bindung an Niederschläge als nasse Deposition.
Die Wirkungen von Winderosion werden wesentlich von der Windgeschwindigkeit, den Bodeneigenschaften und der Bodenbedeckung beeinflusst. Im Unterschied zur Wassererosion spielt das Relief der Landschaft eine geringere Rolle. Trockene, feinsandige und schluffige Böden, die eine geringe Vegetationsbedeckung haben, sind am stärksten von Winderosion betroffen. Die größte Bedeutung hat die Winderosion in Wüsten und Halbwüsten sowie in den wechselfeuchten Tropen und den winterfeuchten Subtropen während der Trockenzeiten. In den Eiszeiten führte Winderosion zur Ablagerung von Löß auf dem sich über die Jahrtausende beste Böden entwickelten. Unter humiden Klimabedingungen spielt der Bodenabtrag durch Wind eine nachrangige Rolle.
Im Rahmen der Landbewirtschaftung wird der Prozess vor allem durch den menschlichen Eingriff in die Vegetation über das natürliche Ausmaß verstärkt, da der Boden nicht mehr durch eine geschlossene Pflanzendecke geschützt ist. Mittel- bis langfristig führt Winderosion auf Ackerflächen zur Verminderung der Bodenqualität. Die Mächtigkeit, also die Tiefe des Bodens, nimmt ab. Dadurch verringert sich die Wasser- und Nährstoffspeicherfähigkeit. Dies führt zu einem Rückgang der Ernteerträge. Kurzfristig kommt es durch Windabrasion zur Schädigung der Kulturpflanzen. Schäden entstehen aber auch auf benachbarten Flächen. Die transportierte Erde wird abgelagert und überdeckt Pflanzen, Straßen und Gebäude gleichermaßen. Beim Winderosionsereignis selbst kann die Sichtweite kurzfristig stark abnehmen. Das führt unter Umständen zu massiven Behinderungen im Straßenverkehr.
Alle Schäden, die direkt vor Ort durch Winderosion entstehen, nennt man On-Site-Effekte:
- Verkürzung der Bodenprofile
- Verarmung an Humus und Feinbodenteilchen
- Beeinträchtigung der Bodenfunktionen (z.B. Filter-, Puffer- und Speicherfunktion für Nährstoffe und Niederschlagswasser)
- Verletzung, Entwurzelung und Vernichtung von Kulturpflanzen z.B. durch die Schleifwirkung umherfliegender Sandkörner oder die Überdeckung von jungen Pflanzen mit angewehtem Sand
- Verlagerung bzw. Verfrachtung von Saatgut, Düngemitteln und Pflanzenschutzmitteln
Außerhalb der durch Bodenabtrag betroffenen Agrarflächen treten indirekte Effekte der Winderosion in benachbarten Gebieten auf (Off-Site-Effekte):
- Konzentration von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln
- Überdeckung von Pflanzen
- Verschmutzung von Verkehrswegen, Siedlungsflächen und Gräben. Beispielsweise kann ein Sandsturm die Sichtweite auf Autobahnen stark einschränken oder angewehter Staub kann sich in technischen Anlagen festsetzen.
- Regelmäßiger Eintrag von organischem Material kann Grund- und Oberflächengewässer schädigen.
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