Kulturpflanze
Eine Kulturpflanze ist eine Pflanze im systematischen Anbau. Sie wird demnach planmäßig gesät bzw. gepflanzt, gepflegt, geerntet und liefert Rohstoffe oder Nahrung. Ihre Leistungsfähigkeit ist gegenüber der Wildform durch Auslese und züchterische Bearbeitung oder genetische Eingriffe ständig gewachsen. Der Begriff sollte strikt unterschieden werden von dem der Nutzpflanze, die keinen systematischen Anbau aufweist (z.B. Beeren und Pilze als Sammelgüter). Meist erfolgt ein Massenanbau einer einzigen Kulturart, lediglich das Grünland besteht als Pflanzengesellschaft, allerdings mit einem gezielt zusammengesetzten Bestand.
Zeitraum | Pflanze |
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vor 7.000 v. Chr. | Gerste, Emmer, Einkorn, Mais, Erbsen, Linsen, Kichererbsen |
vor 6.000 v. Chr. | Lein, Hirse (Setaria, Panicum), Phasaeolus-Bohnen, Kürbis, Dattel |
vor 5.000 v. Chr. | Saatweizen, Wicken, Reis, Sorghum, Rüben, Sonnenblumen, Erdbeeren, Feigen, Hasel |
vor 4.000 v. Chr. | Raps, Rübsen, Hafer, Faba-Bohnen, Wein, Oliven |
vor 3.000 v.Chr. | Roggen, Kartoffel, Süßkartoffel, Aprikose, Mango, Zwiebel, Knoblauch, Porree, Tee |
vor 2.000 v. Chr. | Sesam, Maniok, Hirse (Pennisetum), Rizinus, Yams, Wassermelone, Birne |
vor 1.000 v. Chr. | Zuckerrohr, Soja, Kohl, Gurke, Orange, Pfirsich |
vor 0 v. Chr. | Pflaume, Artischocke, Tomate, Erdnuss |
bis 1.000 n. Chr. | Möhre, Kopfkohl |
12. Jh. | Blumenkohl |
13./14. Jh. | Rosenkohl |
15./16. Jh. | Johannisbeere, Stachelbeere, Himbeere, Brombeere, Kopfsalat, Sellerie, Schwarzwurzel |
18. Jh. | Zuckerrübe |
20. Jh. | Kulturheidelbeere |
Quelle: Keller 1997
Die Menschheit hat in den 10.000 Jahren, für die eine gezielte Landwirtschaft belegt sind, 200 - 300 Pflanzenarten kultiviert (Mengenangaben schwanken). Dieser Prozeß verteilte sich über viele Gebiete und erstreckte sich über Jahrtausende. Zudem verfügen wir heute bei den wichtigsten Kulturpflanzen über tausende Rassen und Sorten. Die Ursprungszentren vieler Kulturpflanzen lassen sich auch heute noch nachweisen und sind fast immer identisch mit den alten Kulturzentren der Menschheit.
Deutscher Name | Wissenschaftlicher Name | Genutzter Pflanzenteil | Hauptverwendungszweck |
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Weizen | Triticum aestivum | Korn | Nahrung, Futter |
Reis | Oryza sativa | Korn | Nahrung |
Mais | Zea mays | Korn | Futter |
Gerste | Hordeum vulgare | Korn | Futter, Nahrung, Malz |
Rispenhirse | Panicum miliaceum | Korn | Nahrung, Futter |
Mohrenhirse | Sorghum spp. | Korn | Nahrung, Futter |
Sojabohne | Glycine max | Hülsenfrucht | Futter, Nahrung, Öl |
Baumwolle | Gossypium spp. | Samen | Fasern, Futter, Öl |
Hafer | Avena sativa | Korn | Futter, Nahrung |
Gartenbohne | Phaseolus spp. | Hülsenfrucht | Futter, Nahrung |
Kartoffel | Solanum tuberosum | Knolle | Nahrung |
Erdnuss | Arachis hypogaea | Hülsenfrucht | Öl, Futter, Nahrung |
Roggen | Secale cereale | Korn | Nahrung, Futter |
Süßkartoffel | Ipomoea batatas | Wurzel | Nahrung |
Zuckerrohr | Saccharum officinarum | Stengel | Nahrung, Futter |
Maniok | Manihot spp. | Knolle | Nahrung |
Erbse | Pisum sativum | Hülsenfrucht | Nahrung, Futter |
Kichererbse | Cicer arietinum | Hülsenfrucht | Nahrung, Futter |
Weinrebe | Vitis vinifera | Frucht | Nahrung, Getränk |
Raps | Brassica napus | Samen | Öl, Futter |
1 Anbauflächenanteil [%]: Getreide 71,0; Ölfrüchte 7,2; Hackfrüchte 5,0; Hülsenfrüchte 4,9; Fasern 4,7; Obst und Gemüse 3,7; Zucker 1,5; Getränke 1,0; Kautschuk 0,4; Tabak 0,4
Quelle: Tivy 1993
Spezielle Formen der Nutzung dienen der Erzeugung von Duftstoffen, Farbstoffen, Gerbstoffen, Harzen, Insektiziden, Kautschuk, Saponin, Wachsen, Drogen, Vogelfutter und Treibstoff. Vereinzelt wird eine Kulturpflanzenart auch als Bienenweide angebaut. (u.a. Phazelie, Buchweizen).
Ein Großteil der heute in Mitteleuropa für die Ernährung wichtigen Fruchtarten wurde (gemeinsam mit den koadaptierten Beikrautarten) eingeführt. Ein Teil dieser Arten kam bereits als kultivierte Formen in der Frühzeit mit der Ausbreitung der bäuerlichen Wirtschaftsform vom Orient her nach Mitteleuropa. Roggen und Hafer waren vermutlich zunächst Ackerunkräuter und erlangten erst in der Bronzezeit Bedeutung als Kulturpflanzen. Im Altertum brachten die Römer die Weinrebe und einige kultivierte Obstarten. In der Neuzeit wurden nach den großen Entdeckungsreisen insbesondere aus Amerika weitere heute bedeutende Kulturpflanzen eingeführt. (Kulturpflanzen, Ursprungsgebiete der)
Der Wert einer Kulturpflanze hängt davon ab, daß sie mehr nutzbares Material produzieren kann als ihr freilebender Vorfahr und leichter zu kultivieren ist. Ihr “Gigantismus“ ist einer der auffälligsten und beständigsten Unterschiede zur Wildpflanze. Er zeigt sich insbesondere an demjenigen Pflanzenteil der geerntet wird. Die Samenverbreitung der Kulturpflanzen hat sich als Folge gezielter Selektion verringert (z.B. nichtaufspringende Hülsen bei Erbse, Bohne, Pfeffer usw.). Die Form und die Zusammensetzung der zur Ernte bestimmten Organe hat sich verändert. Toxische Inhaltsstoffe und Bitterstoffe wurden abgeschwächt oder ganz eliminiert. Die relativen Anteile nützlicher Inhaltsstoffe wie Proteine, Öl, Zucker sowie Substanzen, die als Arzneimittel oder Aromastoffe Verwendung finden, wurden deutlich erhöht.
In Wechselwirkung mit den unterschiedlichen Standortbedingungen bildeten sich im Laufe der agrarhistorischen Entwicklung bei allen Fruchtarten regional adaptierte Landsorten heraus. Gemeinsam mit bewußt eingeführtem Genmaterial bildeten sie die Grundlage einer intensiven Pflanzenzüchtung wie sie in den vergangenen 150 Jahren entstanden ist.
In Anpassung an die Forderungen moderner Landwirtschaft führte die systematische Züchtung zu einer Verringerung der Zahl angebauter Nutzpflanzenarten und -sorten und zu einer Reduktion ihrer genetischen Vielfalt. Von den geschätzten 3.000 Pflanzenarten, die im Verlaufe der Geschichte den Menschen zur Ernährung dienten, werden heute nur durchschnittlich 30 verwendet. Mehr als 90 % des menschlichen Nahrungsangebots stammt von weniger als einem Dutzend Kulturpflanzen.
Von den weltweit ca. 6.000 bekannten Kulturpflanzen (ohne Zierpflanzen) sind in Deutschland etwa 2.000 Arten anbaubar. Davon werden heute ca. 200 Arten von Landwirtschaft und Gartenbau besonders genutzt. Während die Pflanzengesellschaften des Grünlandes überwiegend aus heimischen und sehr früh eingewanderten Arten zusammengesetzt sind, stammt ein Großteil der in Deutschland angebauten Fruchtarten aus anderen geographischen und klimatischen Regionen der Welt.
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