Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

Kunststofffolien im Gartenbau

Kunststofffolien erfüllen im Gartenbau verschiedene Zwecke. Schwarze Mulchfolien zum Beispiel mindern den Unkrautwuchs und die Erosion auf dem Acker und schützen das Erntegut vor übermäßiger Verschmutzung. Außerdem erwärmt sich der Boden unter der Folie schneller, sodass früher mit dem Anbau begonnen werden kann. Ebenso geeignet für das Verfrühen sind durchsichtige Thermo- oder Lochfolien. Sie werden meist bis zum Abklingen der ersten Fröste direkt auf die Pflanzen gelegt oder in Form von mobilen, teils begehbaren Tunneln über dem Bestand aufgestellt.

Weiße Folien strahlen im Gegensatz zu schwarzen die Sonnenwärme ab und verringern damit die Temperatur im Bestand. Dies wird gezielt genutzt, um das Pflanzenwachstum zu bremsen und die Erntezeit zu verlängern. Im Spargelbau verwendet man sogenannte Wendefolien – mit einer schwarzen und einer weißen Seite – um das Wachstum der Spargelstangen zu steuern.

Nicht zuletzt wirken alle Formen von Folien als mechanische Barrieren und schützen damit die Pflanzen vor Schadinsekten. Auch übermäßige Nässe und daraus resultierender Pilzbefall werden vermindert. Speziell im Spargelanbau haben die lichtundurchlässigen Folien überdies die Funktion, die Spargelstangen auch bei nur einem Erntegang pro Tag zuverlässig vor Sonne abzuschirmen. Auf diese Weise wird verhindert, dass sich die Spitzen verfärben.

Einsatz von Folien in Deutschland nach Flächen und Kulturen

Die Folien-, Gewebe- und Netzfläche von Gemüse, Strauchbeeren, Kern- und Steinobst sowie den Sonderkulturen Spargel und Erdbeeren beträgt zusammen knapp 100.000 Hektar. Das entspricht rund 50 Prozent der Anbaufläche dieser Kulturen.

Auffallend hoch ist laut Studie die Flächenbelegung mit Folie bei Spargel und Erdbeeren. Hier findet der Anbau nahezu vollständig unter Einsatz von Folien statt. Teilweise wird in dieser Anbausparte sogar mit Mehrfachabdeckung gearbeitet. Das heißt, es werden Mulchfolien mit Folientunneln oder Vliesen kombiniert.

Bei Strauchbeeren und Gemüse (vor allem Gurke, Kürbis, Zucchini, Zuckermais, Rhabarber und Salat) ist der Grad der Flächenbelegung laut einer Studie von Fraunhofer/Ökopol dagegen noch deutlich niedriger. Die Forschenden erwarten aber auch in diesem Erzeugungsbereich eine Ausweitung des Folieneinsatzes. (Fraunhofer/Ökopol 2021)

Einsatzmengen von Folien

Die Menge an Kunststoff, die in Folien, Vliesen und Netzen im Pflanzenbau zum Einsatz kommt, liegt in Deutschland laut Fraunhofer/Ökopol bei rund 16.000 Tonnen pro Jahr und hat damit einen Anteil von elf Prozent am gesamten Kunststoffverbrauch der Landwirtschaft.

Spargel und Erdbeeren verursachen dabei den größten Kunststoffverbrauch. Da im Spargelanbau vor allem dicke Folien (100 bis 150 µm) eingesetzt werden, ist hier die Gesamtmasse besonders hoch. Dafür ist die Lebensdauer dieser Spargelfolien mit durchschnittlich sechs bis acht Jahren allerdings auch deutlich höher als zum Beispiel die gewöhnlicher PE-Mulchfolien (25 bis 50 µm), wie sie im Erdbeer- oder Gemüseanbau zum Einsatz kommen.

Vorteile des Einsatzes von Folien

Zum einem kann unter Folie nicht nur mehr, sondern auch qualitativ höherwertiges und besser haltbares Obst und Gemüse erzeugt werden. Zum anderen lässt sich durch den Folieneinsatz der Angebotszeitraum zahlreicher Kulturen bedeutend verlängern. So ist es zum Beispiel möglich, den ersten deutschen Spargel schon ab Ende März zu ernten, erste deutsche Erdbeeren sind durch Folien bereits ab April verfügbar.

Über den Folieneinsatz lassen sich zudem die Kosten erheblich senken, bei Spargel laut Verband Süddeutscher Spargel- und Erdbeeranbauer e.V. (VSSE) um etwa 40 Prozent. Damit können die Erzeugerinnen und Erzeuger nicht nur dem Wunsch der Verbraucherinnen und Verbraucher nach möglichst frühen, sondern auch nach möglichst günstigen Produkten nachkommen.

Der hiesige Anbau unter Folie hat nachgewiesenermaßen auch ökologische Vorteile. So sinkt zum Beispiel der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln: Denn Unkraut kann unter den Folien nicht wachsen und auch vor Pilzsporen im Boden werden die Pflanzen und ihre Früchte durch die Folien geschützt. In Folientunneln können statt Pflanzenschutzmitteln Nützlinge zur Regulierung von Schadinsekten und -milben eingesetzt werden. Ein weiterer Pluspunkt: Auf folienbedeckten Flächen kommt es weniger zu Erosion. Außerdem sinkt der Wasserbedarf, weil es unter den Folien gleichmäßig feucht bleibt.

Ohne den Folieneinsatz hierzulande müssten Verbraucherinnen und Verbraucher für früheren Erdbeer- und Spargelgenuss verstärkt auf Importware zurückgreifen. Ökologisch gesehen ein Nachteil, denn die langen Transportwege wirken sich klima- und umweltschädlich aus. Außerdem werden auch in anderen Erzeugerländern Folien eingesetzt.

Bewertung von Kunststofffolien

Der überwiegende Teil der im Pflanzenbau verwendeten Folien besteht aus Polyethylen, kurz PE, das aus Erdöl hergestellt wird. Erdölbasierte Kunststoffe sind bekanntermaßen problematisch: Zum einen, weil der Rohstoff Erdöl nur begrenzt verfügbar ist, zum anderen, weil sie in Form von Mikroplastik zunehmend unsere Ökosysteme belasten.

Ferner beanstanden Erholungssuchende, dass die Folien auf den Äckern das Landschaftsbild beeinträchtigen. Und Umweltschützerinnen und -schützer beanstanden, die folienbedeckten Flächen stünden Vögeln, Insekten und anderen Tieren nicht mehr als Lebensraum zur Verfügung.

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