Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

Folientunnel

(1) Im Gartenbau und in der Landwirtschaft Bezeichnung für Konstruktionen, die als kostengünstige Gewächshäuser benutzt werden. Die runden Bögen aus Stahl werden mit einer speziellen Gewächshausfolie bespannt. Im Erdbeeranbau wird diese Methode zur Verfrühung auch mit sogenannten Wandertunneln benutzt. Sie sind relativ schnell auf- und wieder abgebaut.

Die amtliche Statistik bezeichnet Folientunnel und Gewächshäuser als hohe begehbare Schutzabdeckungen und zählt damit die zugehörigen Anbauflächen zu den Kulturen, die für die ganze oder den überwiegenden Teil der Anbauzeit unter festen oder beweglichen Gewächshäusern oder anderen hohen Schutzeinrichtungen (Glas, fester Kunststoff ) angebaut werden.

Flächen unter Hagelschutznetzen und/oder Foliendächern zählen nicht zu den Anlagen unter hohen begehbaren Schutzabdeckungen.

Folientunnel dienen in Gärtnereien, aber auch bei Gemüsebauern zum Schutz empfindlicher Pflanzen vor Kälte und Witterungseinflüssen. In der kommerziellen Gemüseerzeugung, und in Gärtnereien dienen Folientunnel häufig dazu, den Schock für die Pflanzen beim Umpflanzen aus dem warmen Gewächshaus ins Freiland zu bewältigen. Der Folientunnel ist an den Stirnseiten geschlossen, in ihm entsteht ein Wärmestau, der gewollt ist, ähnlich wie bei einer passiven Solarheizung. Empfindliche Pflanzen werden vor Regen geschützt, doch um für die Bewässerung der Pflanzen zu sorgen, kann ein Bewässerungssystem verwendet werden. Um ein feuchtwarmes Klima zu schaffen, wird häufig eine Sprühbewässerung verwendet. Folientunnel sind in unterschiedlicher Größe zu finden. Für die kommerzielle Gemüseerzeugung kommen große Folientunnel zum Einsatz; häufig handelt es sich dabei um Hochtunnel mit mehreren Abteilungen, die auf einer Metallkonstruktion montiert und an den Seiten offen sind. Für Hobbygärtner sind kleinere Folientunnel erhältlich. Neben den großen, begehbaren Folientunneln sind auch kleine Pflanztunnel aus Folie anzutreffen, mit denen Beete überdacht werden. Diese kleinen Pflanztunnel sind für flach wachsende Pflanzen wie Gurken oder Salat geeignet.

Im Folientunnel können Jungpflanzen gepflanzt werden, die vor Kälte geschützt werden müssen, beispielsweise Porree, Kohl, Gurken oder Bohnen. Auch Gemüsesorten, die kälteempfindlich sind und keinen Regen vertragen, wie Gurken oder Tomaten, können im Folientunnel angebaut werden. Wer schon frühzeitig frische Erdbeeren ernten möchte, kann im Folientunnel Erdbeeren pflanzen; die Wärme unter dem Folientunnel kann den Reifeprozess beschleunigen und zur Ernteverfrühung beitragen.

Ein Hotspot des Einsatzes von Folientunneln befindet sich in Südspanien. Um die andalusische Stadt El Ejido hat sich Europas größter agrarindustriell genutzter „Wintergarten“ entwickelt. Die zum Anbau genutzten Treibhäuser bedecken insgesamt rund 36.000 Hektar mit Plastik, was der Region den Beinamen „mar del plástico“ eingebracht hat. Es ist die weltweit größte Anbaufläche unter Folie. Pro Jahr werden etwa 3 Mio. t Treibhausgemüse produziert. Der Anbau erfolgt unter fragwürdigen sozialen und ökologischen Bedingungen.

(2) Bezeichnung für neuartige Hallenbauten, die meist aus einem Gerüst (einfache gebogene Stahlrohre oder Stahlfachwerksysteme) und einer Folienbespannung bestehen.

Derartige Folientunnel werden im Gewerbe beziehungsweise in der Industrie als Lagerhallen, Maschinenhallen oder Mehrzweckhallen verwendet. In der Landwirtschaft finden Sie als Stallungen, Heulager oder Strohlager Einsatz; auch als Reithallen werden sie verwendet. Folientunnel werden oft mit Zeltbauten verwechselt, sie müssen aber anders als diese denselben gesetzlichen Auflagen wie Massivbauten oder Fertigteilbauten entsprechen.

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