Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

Selbstversorgungsgrad

Maß, mit dem angegeben wird, wie viel Prozent der benötigten Agrarerzeugnisse im eigenen Land hergestellt werden. Es zeigt also, in welchem Umfang die Erzeugung der heimischen Landwirtschaft den Bedarf (Gesamtverbrauch) decken kann oder um welchen Prozentsatz die Produktion den inländischen Bedarf übersteigt. Der Selbstversorgungsgrad ist gleich der Inlandserzeugung in Prozent des Gesamtverbrauchs für Nahrung, Futter, industrielle Verwertung, Saatgut, Marktverluste. Bei einer Unterversorgung (unter 100 %) sind Importe notwendig.

Ein Landwirt erzeugte 1900 Nahrungsmittel in einem Umfang, um etwa 4 Personen ernähren zu können. 1950 ernährte ein Landwirt 10 und 2017 140 Personen (ohne Erzeugung aus Auslandsfuttermitteln). Trotz dieser starken Produktivitätssteigerung blieb Deutschland stets ein Nettoimportland an Agrar- und Ernährungsgütern. 1900 lag der Selbstversorgungsgrad bei Nahrungsmitteln bei 87 Prozent. Am Anfang des 21. Jahrhunderts liegt der deutsche Selbstversorgungsgrad bei starken jährlichen Schwankungen weiter deutlich unter 100 Prozent. Angesichts der Arbeitsteilung in einer globalisierten Wirtschaft und der vom Verbraucher gewünschten Vielfalt ist der Selbstversorgungsgrad allerdings kaum noch von gesellschaftspolitischer Relevanz.

Die landwirtschaftliche Erzeugung ist von natürlichen und wirtschaftlichen Bedingungen abhängig. So ist der Selbstversorgungsgrad bei den einzelnen Nahrungsmitteln in Deutschland höchst unterschiedlich.

Der Selbstversorgungsgrad betrug bei

Um von Schwankungen auf dem Weltmarkt unabhängig zu sein und die Versorgung zu angemessenen Preisen zu sichern, wird in der Europäischen Union (EU), verbunden mit den AKP-Staaten, versucht, einen hohen Selbstversorgungsgrad zu erreichen.

Die EU hat bei fast allen landwirtschaftlichen Produkten die Selbstversorgung erreicht bzw. überschritten und leitet daraus die Notwendigkeit zu Agrarexporten ab. Ein hoher Importbedarf besteht dagegen für pflanzliche Öle und Fette, eiweißreiche Futtermittel (Soja) und bestimmte Obstarten. Seit 2010/11 ist die EU zudem auf Zuckerimporte angewiesen, wobei sich der Selbstversorgungsgrad nach einem Zwischenhoch 2011/12 von 99 % 2012/13 wieder deutlich auf 92 % verringerte. Der Selbstversorgungsgrad mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen ist in den einzelnen Mitgliedstaaten der Gemeinschaft sehr unterschiedlich. Traditionelle Überschussländer sind Frankreich, die Niederlande und Dänemark.

Trotz der hohen Selbstversorgungsquoten sind viele Industriestaaten auf Importe ernährungswirtschaftlicher Güter angewiesen. Ein gewisser nationaler Selbstversorgungsgrad der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln gehört aus wirtschaftlichen und politischen Gründen (u.a. Krisenvorsorge) zu den klassischen Anliegen der Agrarpolitik.

Selbstversorgungsgrad von Nahrungs- und Futtermitteln in der EU, in Deutschland
und in Baden-Württemberg
Selbstversorgungsgrad von Nahrungs- und Futtermitteln in der EU, in Deutschland und in Baden-Württemberg

Quelle: EUROSTAT; BLE; BMEL; StaLa BW; Toepfer International; WVZ; AMI; LEL - Stand: 11.02.2021

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