Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

Wölbacker

Engl. ridge-and-furrow; auch Hoch- oder Hügelacker genannter, reliktförmig auftretender Ackerstreifen aus der Frühzeit oder dem Mittelalter. Er ist ein i.d.R. 5 bis 20 Meter breites Beet mit einer Scheitelhöhe bis zu 1 Meter. Üblicherweise gehören mehrere nebeneinander liegende Wölbäcker zu einer Parzelle. Die gewölbte Form ergab sich aus Gründen der besseren Drainage - ihre Scheitel hatten der Gefällsrichtung zu folgen - oder durch die Art des Pflügens, nämlich dann, wenn die Schollen in Richtung der fiktiven Mittellinie des Pflugstreifens zusammengepflügt wurden. Der einzelne Wölbacker braucht weder eine Nutzungs- noch eine Besitzparzelle zu sein. Diese Form der Bodennutzung brachte eine Risikostreuung. In trockenen Jahren waren die Erträge auf den niedrigeren Teilen noch recht günstig, in feuchten Jahren dagegen auf den höheren Teilen.

Varianten des Wölbackers. A: Aufbau eines erhaltenen Wölbackers, B: eingeebneter Wölbacker, C: erodierter Wölbacker, D: kolluvial überdeckter Wölbacker.

Varianten des Wölbackers

 

A: Aufbau eines erhaltenen Wölbackers

B: eingeebneter Wölbacker

C: erodierter Wölbacker

D: kolluvial überdeckter Wölbacker.

Mittelalterliche Wölbäcker sind Zeugnisse einer nicht mehr praktizierten Form der Bodenbewirtschaftung mittels eines Beetpfluges (SCHMOOCK & GEHRT 2017). Mit diesem Pflug wurde auf langgestreckten, 8–32 m breiten Ackerstreifen (Landstreifenflur in einem Gewann) der Boden in der Mitte zusammengepflügt. Die im Vergleich zur Umgebung bis zu einem Meter herausragende typische Oberflächenform ist nur dort erhalten, wo nachfolgend keine moderne Ackernutzung praktiziert wurde.

Quelle: Geoberichte 8 (LBEG)

(s. a. Bifang, Flurwüstung)

Funktion

Die Gründe für die Anlage von Wölbäckern waren vielfältig. Es existieren unterschiedliche Ansichten und Erklärungsversuche. Als möglicher Zweck gelten die Entwässerung feuchter Böden, die Anreicherung von Nährstoffen und Humus, eine sichtbare Grenzziehung sowie die Risikominimierung. In feuchten Jahren wuchs das Getreide in der Ackermitte besser, in trockenen Jahren das Getreide am Rand. Durch die Anlage von Wölbäckern konnten schwere sowie feuchte Böden in Niederungen genutzt werden.

Die Veränderung der Geländemorphologie bzw. des Kleinreliefs der Äcker hatte auf frischen und feuchten Standorten eine Drainagewirkung zur Folge. Das Oberflächenwasser wurde in den entstehenden Furchen zwischen den Aufwölbungen gesammelt und beschleunigt abgeführt. Auf mageren und flachgründigen Böden mit durchlässigem Untergrund führte die Gestalt der Wolbäcker zum gegenteiligen Effekt. Die Wasserspeicherfähigkeit des Bodens wurde durch die angehäufte Ackerkrume im Zentrum des Beetes auf flachgründigen Standorten verbessert. Somit konnten auf landwirtschaftlichen Grenzertragsstandort die Erträge gesteigert werden. Zudem bedingte die Erhöhung der Oberfläche des Feldes eine vergrößerte Anbaufläche.

Ein weiterer Erklärungsversuch geht davon aus, dass Wölbäcker durch den Einsatz des Beetpflugs entstanden sind und dies unweigerlich zur Aufwölbung des Feldes führte. Diesen Vorgang wieder rückgängig zu machen, hätte mehrere zwischengeschaltete Arbeitsgänge bedurft. In Realteilungsgebieten, welche durch schmale Parzellen mit unterschiedlichen Bewirtschaftern gekennzeichnet sind, wollten die Bauern ihren Boden zusammenhalten. Das Pflügen sollte nicht zu einem Wenden der Scholle auf dem angrenzenden Grundstück führen, um Bodenverlusten vorzubeugen. Dies würde erklären, warum trotz der Erfindung des Kehrpfluges noch der Beetpflug eingesetzt wurde. Die Funktion der Grenzmarkierung in kleinparzellierten Realteilungsgebieten verlor durch Flurzusammenlegung an Bedeutung

Verbreitung

Heutzutage lassen sich Reste von Wölbäckerfluren an vielen Stellen im Grünland oder unter Wald an einer wellenförmigen Geländeausformung erkennen. Wölbäcker in Waldflächen zeigen an, dass der Wald auf brachliegendem Kulturland entstand. Dies kann ein Hinweis auf die Felder von Wüstungen sein. Viele Wölbäcker sind unbekannt, da die Kartierung aufwendig ist. Mit Airborne Laserscanning von Flugzeugen aus können Wölbäckerfluren auch im Wald dokumentiert werden. Wölbäcker sind ein anschauliches Beispiel für die Geschichte der Kulturlandschaft und sie stellen historische Kulturlandschaftselemente dar.

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