Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

Karotte

Die Karotte (Daucus carota subsp. sativus) - auch Möhre, Mohrrübe, Gelbrübe, Gelbe Rübe, Rüebli, Riebli oder Wurzel - ist eine nur in Kultur bekannte Form der Möhre (Daucus carota) innerhalb der Familie der Doldenblütler (Apiaceae) mit ca. 20 in Europa, Zentralasien, dem tropischen Afrika und Australien heimischen Arten. Von dieser Gemüsepflanze wird fast ausschließlich die Pfahlwurzel genutzt.

Merkmale

Die Karotte ist eine zweijährige krautige Pflanze, wird aber - außer zur Samengewinnung - nur einjährig kultiviert. Im ersten Jahr bildet sie eine grundständige Blattrosette aus doppelt bis dreifach gefiederten Laubblättern und eine Pfahlwurzel aus.

In der Pfahlwurzel werden Reservestoffe gespeichert. Die Pfahlwurzel besteht aus der Krone (Kopf), der Rinde (Bast), der Korkschicht, dem im Innern gelegenen Mark (dem „Holzteil“) und von ihr gehen Adventivwurzeln aus.

Die Rübe kann je nach Sorte lang, halblang, kurz, zylindrisch, kreisel- oder kegelförmig mit je spitzen oder stumpfen Enden sein. Farbvarianten sind hell- oder dunkelrot, orangefarben, weiß und violett. Die Färbung hängt von der Sorte, den Kulturbedingungen und der Witterung ab. Die Färbung geht auf Carotinoide, Anthocyane und Chlorophyll zurück.

Im zweiten Jahr entwickelt sich der reich verzweigte Stängel, der die Blütenstände trägt und Wuchshöhen von bis zu 150 cm erreicht. Die Blütezeit beginnt im Juni. Im doppeldoldigen Blütenstand befinden sich viele cremefarbene Blüten. Es überwiegt Fremdbestäubung, die durch Insekten erfolgt. Die Bildung der Blütenstände kann auch bereits im ersten Jahr durch einen Kältereiz (Vernalisation) von 1 bis 10 °C nach der Jugendphase ausgelöst werden.

Die Teilfrüchte sind länglich oval. Außen sind sie mit feinen Härchen besetzt. In Mitteleuropa reifen sie zwischen August und September. Das Tausendkorngewicht beträgt 0,8 bis 1,8 g.

Inhaltsstoffe

Die meisten Inhaltsstoffe befinden sich in der Rinde der Pfahlwurzel. In der Züchtung wird daher seit jeher auf einen hohen Rindenanteil und einen kleinen, zarten „Holzteil“ hingearbeitet. Im Mark, dem Zentralzylinder, befindet sich weniger Carotin, weshalb es heller als die Rinde ist, der Saccharose-Gehalt ist niedriger, der Nitrat-Gehalt höher.

Ernährungsphysiologisch hervorzuheben ist der hohe Gehalt von Carotin, Vitamin C, Kalium und Eisen. Bedeutung hat die Karotte besonders in der Ernährung von Kleinst- und Kleinkindern sowie in der Diätküche.

Anbau

Am besten wachsen Karotten in tiefgründigen, steinfreien Sandböden oder sandigen Lehmböden sowie auf Löß mit durchlässigem Untergrund. Der pH-Wert liegt optimalerweise zwischen 6,5 und 7,5. Der Anbau erfolgt von der gemäßigten Zone bis in subtropische Gebiete, die besten Erträge werden allerdings in kühleren Gebieten mit Tagesdurchschnittstemperaturen zwischen 16 und 18 °C erzielt. In der Fruchtfolge ist ein dreijähriger Abstand zu anderen Doldenblütlern zu beachten, bei Befall mit Nematoden auch länger.

Als Vorfrüchte sind solche geeignet, die mit Stallmist gedüngt werden. Grund dafür ist, dass Ertrag wie Ertragssicherheit der Karotte wie auch der Inhaltsstoffgehalt besser sind, je höher der Gehalt an organischer Substanz im Boden ist. Gute Kombinationen in der Fruchtfolge ergeben sich mit Feldfutterpflanzen (mit Ausnahme von Luzerne und Rot-Klee als Wirte für Wurzelgallenälchen), mit Leguminosen und Kohl-Arten. Hinsichtlich des Nitratgehaltes ist Getreide eine gute Vorfrucht.

Der Bedarf der Karotte an Stickstoff ist im Vergleich zu anderen Gemüsen sehr gering. Sie ist allerdings stark Kalium-bedürftig, gegen Kalkgaben ist sie empfindlich. Wichtige Mikronährstoffe sind Magnesium, Bor, Kupfer und Molybdän.

Je nach der Entwicklungsdauer der Karotten und dem Erntetermin wird zwischen mehreren Anbauformen unterschieden:

Bei Frischmöhren überwiegt der Beetanbau. In Gebieten mit hohem Grundwasserstand wie in den Niederlanden werden die Karotten auf Dämmen angebaut.

Nach ihrem Verwendungszweck wird unterschieden zwischen Karotten ohne Laub für den Frischverzehr, zur Lagerung und als Industrieware und Karotten mit Laub, die als Bundware dem Frischverzehr dienen. Übliche Bezeichnungen sind daher auch Industriemöhren, Lagermöhren, Wasch- und Bündelmöhren für den Frischmarkt. Sowohl Industriemöhren wie Möhren für den Frischverzehr werden heute in großflächigem Anbau erzeugt, der einen hohen Grad an Mechanisierung aufweist. Zur mechanisierten Ernte können zum Beispiel Siebkettenroder Verwendung finden, wie sie auch zur Kartoffelernte eingesetzt werden.

Die Karotte wird seit etwa 1900 intensiv züchterisch bearbeitet. Es gibt EU-weit rund 300 Sorten. Mithilfe der Hybridzüchtung konnte ein Heterosis-Effekt genutzt werden, um besonders die Ausgeglichenheit der Wurzelform, -färbung und -größe zu erreichen, das Verhältnis von Mark zu Rinde zu vergrößern sowie den Zucker- und Carotingehalt zu erhöhen. Bauern und Gärtner können solches Hybridsaatgut nicht selbst ernten, sondern müssen es für jede Aussaat von internationalen Saatgutherstellern kaufen.

Möhren werden weltweit in gemäßigten und subtropischen Klimaregionen angebaut. Hauptanbauländer sind China, Russland und die USA. In Europa werden Möhren hauptsächlich in Polen, England, Italien und Deutschland angebaut.

In der EU sind die Karotten nach Tomaten das mengenmäßig bedeutendste Gemüse mit einem Anteil von 8,2 % an der Gemüseproduktion (2006). Auch in der Schweiz sind Karotten das meistkonsumierte Gemüse; 2017 wurden pro Kopf 7,9 Kilo davon gegessen. Die größten Anbauländer in der EU sind Polen, das Vereinigte Königreich, Frankreich, Italien, Deutschland und die Niederlande. Die weltweit wichtigsten Anbauländer sind China (8,4 Mio. Tonnen 2005), Russland (1,7 Mio. Tonnen), die USA (1,6 Mio. Tonnen) und Polen (0,94 Mio. Tonnen). In der Schweiz werden auf rund 1.900 Hektar Karotten angebaut, davon knapp 350 Hektar in ökologischer Landwirtschaft.

Die Masse der geernteten Karotten liegt etwa gleichauf mit der der geernteten Küchenzwiebeln und damit an zweiter Stelle hinter der Masse der geernteten Tomaten.

Nutzung

Die Rübe der Karottenpflanze wird roh, gekocht, als Saft oder konserviert verzehrt, die Konservierung erfolgt dabei als Nass-, Gefrier- oder Sauerkonserve oder als Trockenprodukt. Besonders in den USA wird auch das Carotin extrahiert, das zur Anfärbung von Margarine und zur Gewinnung von Vitamin A dient. Das Laub der Karotte kann auch gegessen werden oder als Futtermittel für Tiere verwertet werden, insbesondere Kaninchen fressen es sehr gerne.

Weitere Informationen:

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