Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

Tomate

Auch Paradeiser (in Teilen Österreichs und Südtirols); die Tomate (Solanum lycopersicum) ist eine Pflanzenart aus der Familie der Nachtschattengewächse (Solanaceae). Ihren heute gebräuchlichen Namen „Tomate“ erhielt sie erst im 19. Jahrhundert. Dieser leitet sich von xītomatl ab, dem Wort für diese Frucht in der Aztekensprache Nahuatl. Umgangssprachlich wird vor allem die als Gemüse verwendete rote Frucht als Tomate bezeichnet.

Beschreibung

Die Tomatenpflanze ist eine krautige, einjährige, zweijährige oder gelegentlich auch ausdauernde Pflanze, die zunächst aufrecht, später aber niederliegend und kriechend wächst. Die einzelnen Äste können dabei bis zu 4 m lang werden. Als Stabtomaten wachsen Tomatenpflanzen hoch oder bleiben als Buschtomaten gedrungen. Alle Sorten sind frostempfindlich und haben auf Stängeln und Blättern Drüsenhaare, die den charakteristischen Geruch verströmen. Tomaten tragen Blüten, die in Trauben am Strauch hängen. Daraus entwickeln sich erst grüne und dann meist rote, gelbe oder orangefarbene Früchte. Es gibt aber auch lilafarbene, schwarze und im reifen Zustand grüne Tomaten. Aufgrund ihres Aufbaus gehören die Früchte botanisch zu den Beeren.
Allen Nachtschattengewächsen gemeinsam ist, dass sie zum Teil giftige Inhaltsstoffe aufweisen. So enthalten unreife, grüne Tomaten, aber auch die Blätter und Stängel der Pflanze, das Alkaloid Solanin, es baut sich während des Reifevorgans ab. Der Stoff kann Übelkeit und Kopfschmerzen hervorrufeSn.

Die Trockensubstanz der Tomate liegt bei lediglich 5-8 %. Ihr physiologischer Wert beruht vor allem auf ihrem Gehalt an Vitaminen, Mineralien und sekundären Pflanzenstoffen. Der Geschmack der Tomate wird durch den Gehalt an ätherischen Ölen und organischen Säuren bestimmt.  Im besonderen Interesse steht das Carotinoid Lycopin, das in reifen Tomaten reichlich vorhanden ist und sich wie andere sekundäre Pflanzenstoffe positiv auf den Organismus auswirkt.

Herkunft

Das Ursprungsgebiet der Tomate ist Mittel- und Südamerika, wobei die Wildformen von Nordchile bis Venezuela verbreitet und beheimatet sind. Die größte Vielfalt der in Kultur befindlichen Formen ist in Mittelamerika zu finden. Dort wurden Tomaten von den Maya und anderen Völkern etwa 200 v. Chr. bis 700 n. Chr. als „Xītomatl“ (Nahuatl für Nabel des dicken Wassers) oder kurz „Tomatl“ (dickes Wasser) kultiviert. Samen wurden bei Ausgrabungen südlich von Mexiko-Stadt in Höhlen im Tehuacán-Tal gefunden.
Die Tomate zählt in Europa aufgrund ihrer Einführung durch den Menschen zu den hemerochoren Pflanzen und aufgrund ihrer Einführung erst in der Neuzeit (vermutlich um 1500 durch Columbus) zu den Neophyten.

Wirtschaftliche Bedeutung

Im Durchschnitt lag der Pro-Kopf-Verbrauch an Tomaten 2021/22 bei 30,5 Kilogramm, enthalten sind darin auch verarbeitete Produkte wie Ketchup. Damit sind Tomaten das beliebteste Gemüse in Deutschland. Sie machen mehr als ein Viertel des gesamten Gemüseverbrauchs aus.

Die Anbauflächen und Erntemengen von Tomaten sind jedoch überschaubar: Auf 383 Hektar ernteten 1.366 Gemüsebaubetriebe 2022 rund 102.200 Tonnen Tomaten. Damit hat die Erntemenge in den vergangenen zehn Jahren zwar um rund zwei Drittel zugenommen, reicht jedoch bei Weitem nicht aus, um den Tomaten-Hunger hierzulande zu stillen. 2021/22 betrug der Selbstversorgungsgrad nur 3,5 Prozent. Fast ein Fünftel dieser Fläche wird ökologisch bewirtschaftet, bei der Erntemenge entfallen rund 11 Prozent auf Biotomaten.Die meisten frischen Tomaten werden aus den Niederlanden und Spanien importiert.

Angebaut werden Tomaten in Deutschland fast ausschließlich unter Schutzabdeckungen oder Glas. Die wichtigsten Anbauländer sind Bayern und Nordrhein-Westfalen mit einem Anteil an der Tomatenfläche von zusammen 41,9 Prozent.

Im Durchschnitt kaufte jeder Privathaushalt in Deutschland 2019 11 Kilogramm frische Tomaten. Rechnet man frische und verarbeitete Tomaten, etwa in Form von Tomatenmark oder Ketchup, zusammen, lag der Pro-Kopf-Verbrauch 2018/19 bei 27,2 Kilogramm.

Etwa ein Drittel entfällt auf frische Tomaten und zwei Drittel auf verarbeitete Produkte wie Tomatenmark, Saft, Tomatenpulver und Ketchup.
Im Erwerbsanbau dominieren heute kleinfrüchtige Tomaten, meist Rispentomaten. Grund ist die veränderte Nachfrage: Die Verbraucher kaufen zunehmend kleinere Tomatentypen. So ist der Anteil von Cherry- und Cocktailtomaten in den vergangenen fünf Jahren von 29 % auf 39 % gestiegen. Kleinere Strauchtomaten sind ebenfalls gefragt, ihr Anteil an den kleineren Tomaten beträgt rund 60 %. Strauchtomaten normaler Größe verlieren dagegen an Bedeutung. Noch stärker rückläufig ist der Anteil runder Tomaten, er sank in den letzten fünf Jahren von 19 auf 12 % der Einkaufsmengen.

Obwohl sich die Menge der in Deutschland geernteten Tomaten allein in den 15 Jahren zwischen 2003 und 2018 mehr als verdoppelt hat, liegt der Selbstversorgungsgrad nur bei knapp 12 Prozent (Stand 2018).

Der Nettoimport von Tomaten belief sich 2018 auf rund 719.000 Tonnen, Hauptlieferland waren die Niederlande, mit Abstand gefolgt von Spanien, Belgien, Marokko, Italien, Polen, Frankreich und der Türkei.

Einheimische Tomaten sind von Mai bis Oktober erhältlich, Hauptsaison ist von Juni bis August.

Methoden in der Tomatenzüchtung

Gezüchtet wird durch einfache Auslese, Hybridzüchtung oder Gentechnik. Bei der Auslese oder Selektion werden Pflanzen mit günstigen Eigenschaften miteinander gekreuzt. In der Hybridzüchtung entstehen besonders einheitliche Sorten mit gutem Wachstumspotential. Aufgrund der hohen Leistungsfähigkeit kultiviert man im Erwerbsanbau heute fast ausschließlich Hybridsorten. Ihr großer Nachteil besteht darin, dass sie nicht durch Saatgutgewinnung vermehrt werden können. Das Saatgut muss stets neu beschafft werden.
Gentechnik spielt in der Tomatenzüchtung in der EU keine Rolle. Die sogenannte Flavr Savr-Tomate („geschmackskonservierende Tomate“), kam 1994 in den USA auf den Markt und wurde drei Jahre später wieder vom Markt genommen, weil sich keine Käufer fanden. Bei dieser gentechnisch veränderten Tomate wurde das Enzym gehemmt, das für den Abbau der Zellwände bei der Reifung verantwortlich ist. Die Tomate konnte so länger reifen und mehr Aromastoffe bilden.

Erwerbsmäßiger Tomatenanbau

Die Freilandkultur von Tomaten spielt im deutschen Erwerbsgartenbau kaum noch eine Rolle. Die Anbauform benötigt höhere Temperaturen und mehr Sonnenschein als in Deutschland zu erwarten ist. Auch in südlichen Ländern stehen die Pflanzen vielfach unter einem transparenten Regendach, um sie vor der gefürchteten Kraut- und Braunfäule zu schützen. Der geschützte Anbau findet unter Schutzabdeckungen oder Glas statt. Eine ganzjährige Kultur ist in Deutschland nur mit einer Heizung möglich. Tomaten bevorzugen tagsüber Temperaturen von 18-22 °C und nachts 14 °C. Dafür gibt es eine computergesteuerte Klimaregelung, die auch Luftfeuchtigkeit, Wasser- und Düngergaben steuert.

Im Erwerbsanbau wurzeln Tomatenpflanzen meist in Containern beziehungsweise Säcken, die mit natürlichen oder künstlichen Substraten gefüllt sind. Dabei handelt es sich zu etwa 90 % um Steinwolle, ansonsten kommen Perlit oder Kokosfaser zum Einsatz.
Unabhängig davon worin die Pflanzen stehen, wichtig ist für die erfolgreiche Tomatenkultur Folgendes: Der Boden beziehungsweise das Substrat sollte den Pflanzen mechanischen Halt geben, gleichmäßig feucht gehalten werden, gut durchlüftet sein und es sollten stets ausreichend Nährstoffe zur Verfügung stehen. Die Bewässerung erfolgt immer von unten direkt an den Fuß der Pflanze, damit das Laub keinesfalls nass wird. Die Bestäubung erfolgt oft durch Hummelvölker, die in den Gewächshäusern freigelassen werden.

Ernte

Tomaten werden im erwerbsmäßigen Tomatenanbau in Deutschland maschinell geerntet. Die Erntemaschine rodet die ganze Pflanze mit den daran befindlichen Tomaten und schüttelt die Früchte ab. Grüne Früchte werden anschließend mittels eines elektronischen Farbsortierers ausgelesen und verbleiben auf dem Feld.

Die reifen Tomaten werden auf Transportfahrzeuge verladen und zu den Verarbeitungsbetrieben gefahren. Dort gelangen sie über ein Transportband in die Sortiermaschine. Hier werden die Früchte nach Farbe, Größe und Güte sortiert und anschließend in Normkisten eingewogen.

Grünliche Tomaten, die noch reifen sollen, benötigen eine Temperatur von 18 bis 21 Grad Celsius, bis 90 Prozent Luftfeuchtigkeit und eine gute Luftzirkulation. Sie werden mit dem Gas Ethylen behandelt, das die Reifung fördert. Reife Tomaten fühlen sich bei einer Lagertemperatur von 12,5 Grad Celsius und einer Luftfeuchtigkeit von etwa 85 Prozent wohl.

Ökologischer Tomatenanbau

Folgende Merkmale zeichnen den ökologischen Tomatenanbau im Gegensatz zum konventionellen Anbau aus:

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