Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

Terra preta

Port. für „schwarze Erde“, auch Terra preta de índio („schwarze Indianererde“); Bezeichnung für einen im Amazonasbecken anzutreffenden, anthropogenen Boden (Hortic Anthrosol). Der Boden besteht aus einer Mischung von Holz- und Pflanzenkohle, menschlichen Fäkalien, Dung und Kompost durchsetzt mit Tonscherben und gelegentlich auch Knochen sowie Fischgräten. Aus bodenkundlicher Sicht ist die Terra preta keine Schwarzerde.

Die Hauptverbreitungsgebiete von Terra preta konzentrieren sich auf die Gebiete der Wanderfeldwirtschaft mit Brandfeldbau in den feuchten Tropen. Nachgewiesen sind sie in Südamerika (Brasilien, Kolumbien, Ecuador, Französisch-Guayana) mit einer Landfläche von ca. 154 km². Dabei finden sie sich häufig in ehemaligen Siedlungsgebieten in unmittelbarer Flussnähe wieder.

Ähnliche Phänomene sind auch in anderen Erdteilen bekannt, wie beispielsweise in Afrika (Ghana, Sierra Leone, Liberia, Guinea), Südostasien (Indonesien) und auch in Europa (Deutschland und Schweden).

Terra preta-Böden wurden in einem jahrhundertelangen Prozess geschaffen und intensiv genutzt. Überdies wird ihre Entdeckung gern als Beispiel für den quantitativen Ansatz der Kulturlandschaftsdebatte genannt, was belegen soll, dass selbst Teile sogenannter Urwälder anthropogen verändert sind.

Nach einer optimistischen Schätzung des Geographen William I. Woods, die auf nachgewiesenen Vorkommen basiert, könnten bis zu 10 % der Oberfläche des Amazonasbeckens von dunkler Erde bedeckt sein. Konservative Schätzungen gehen hingegen nur von 0,1 bis 0,3 % aus. Daraus lässt sich vermuten, dass das Amazonasbecken einst 5 bis 10 Mio. Menschen beherbergt haben könnte. Die meisten dunklen Böden entstanden zwischen 700 und 1000 n. Chr., manche datieren weit vor Beginn unserer Zeitrechnung.

In den feuchten Tropen sind Böden der auswaschenden Wirkung des Niederschlags ausgesetzt und organische Substanzen werden aufgrund der hohen Temperaturen rasch abgebaut und mineralisiert. Es entstehen lateritische Böden (Ferralsole), die hauptsächlich aus Aluminium- und Eisenoxiden bestehen. Diese Böden enthalten fast keine Pflanzennährstoffe mehr und speichern eingebrachte Nährstoffe in einer nur schlecht für Pflanzen verfügbaren Form.

Terra Preta entsteht durch langjährigen Eintrag von Asche, Biomasse, Küchenabfällen, Verkohlungsrückständen, pyrogenem Kohlenstoff, Knochen und menschlichen Fäkalien. Durch Mikroorganismen und Bodentiere wird ein Teil der organischen Substanz abgebaut (Mineralisierung), stabilisiert und in die Tiefe verlagert (Bioturbation). So entstehen bis zu 2 m mächtige Horizonte. Der wichtigste Bestandteil für die Genese der Terra preta ist Pflanzenkohle, die durch ihren langsamen Abbau (ca. 2000 Jahre) zur Stabilität beiträgt; zur Entstehung und Erhaltung werden jedoch auch Nährstoffe und Mikroorganismen benötigt.

Die Terra preta hat zwei wichtige Eigenschaften im Hinblick auf Bodenfruchtbarkeit und ihre Speicherfähigkeit von Kohlenstoff: So ist sie in der Lage, hohe Nährstoffmengen zu speichern. Bei Stickstoff ist dies 17 t/ha und bei Phosphor 13 t/ha; dies ist 2-mal mehr Stickstoff bzw. 4-mal mehr Phosphor als bei umliegenden Ferralsolen. Daneben enthält sie bereits im Durchschnitt 250 t/ha organischen Kohlenstoff und 50 t/ha Pflanzenkohle, entsprechend 3-mal mehr, bzw. 70-mal mehr als umliegende Ferralsole.

Diese Eigenschaften sind hervorragende Voraussetzungen für intensive und nachhaltige Landwirtschaft in den feuchten Tropen.
Neu geschaffene Terra preta könnte die Erträge landwirtschaftlich unproduktiver Böden steigern. Die zur Erzeugung der Pflanzenkohle notwendige Biomasse müsste aus Ernterückständen oder Plantagen gewonnen werden, schon weil die Nutzung primärer Urwälder (neben den verheerenden ökologischen Auswirkungen) aufgrund ihres geringen Nettozuwachses unproduktiv wäre.

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