Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

Terra fusca

Die Terra fusca (von lat. terra = Erde und fuscus = braun) wird auch als Kalksteinbraunlehm (veraltet) bezeichnet. Die Terra fusca weist die Bodenhorizonte Ah/Tv/cC auf. Es ist ein sehr tonreicher, plastischer und dichter Boden mit ≥ 65 Masse-% Ton im Tv-Horizont (T = mineralischer Unterbodenhorizont aus Verwitterungsrückständen von Carbonatgesteinen, die ≥ 75 Masse-% Carbonat enthalten, v von verbraunt, verwittert, verlehmt, c für carbonatisch).

Terra fusca

Terra fusca

Mäßig tief entwickelte humose Terra fusca aus lösslehmhaltiger Fließerde über Rückstandston der Kalksteinverwitterung der Wohlgeschichtete-Kalke-Formation, Oberjura (q33). Standort „Heufeld“ westlich von Burladingen-Salmendingen; Musterprofil 7620.2

Quelle: LGRBwissen

Entstehung

Carbonathaltige Gesteine enthalten je nach Gesteinszusammensetzung einen gewissen Anteil an nicht carbonatischen Bestandteilen in unterschiedlichen Masseanteilen (ca. 1-5 %). Auf festem oder lockerem Carbonatgesteinen mit ≥ 75 Masse-% Ton entwickelt sich über ein Initialstadium (Syrosem mit Ai/mC-Profil oder Lockersyrosem mit Ai/lC-Profil) eine Rendzina mit Ah/cC-Profil. 

Nach sehr langer und intensiver Verwitterung (Carbonatlösung) kann sich der nicht carbonatische Gesteinsanteil so stark anreichern, dass sich zwischen dem Oberboden (Ah-Horizont) und dem anstehenden Carbonatgestein eine tonhaltige (Residualton) Zone von bis zu mehreren Dezimetern Mächtigkeit bildet (T-Horizont).

Der oberste Horizont ist ein mineralischer Bodenhorizont (A) mit einem deutlichen Humusanteil (h), der jedoch unter 30 Masseprozent liegt. Unter dem A-Horizont ist ein mindestens 10 bis 30 Zentimeter mächtiger mineralischer Unterbodenhorizont aus Lösungsrückstand von Carbonatgesteinen ausgebildet (Tv statt üblichem B-Horizont). Dieser Lösungsrückstand besteht zu mehr als 65 Masseprozent aus Ton (Residualton), meist mit den Tonmineralen Illit und Kaolinit als Hauptbestandteilen. Die leuchtend gelbliche bis rotbraune Farbe des T-Horizontes ist in der Regel das Ergebnis eines reliktischen oder rezenten Verbraunungsprozesses (v). Zudem weist er ein ausgeprägtes Polyedergefüge auf. Er ist sauer, besitzt also einen niedrigen pH-Wert, und geht über eine Übergangszone aus aufgelockertem Festgestein in den C-Horizont aus massivem (m) carbonathaltigem (c) unverwittertem (n) Festgestein über (cmCn).

Die Bildung von Terrae fuscae findet unter den heutigen Klimaverhältnissen in Mitteleuropa nicht mehr statt, so dass derartige Böden als Bodenbildungen aus der Zeit des Tertiärs bis Altpleistozäns angesehen werden.

Das leuchtende Ocker der Terra fusca kann die Farbe des Lösungsrückstandes sein. In der Regel wurde aber zusätzlich carbonatisch und silikatisch gebundenes Eisen freigesetzt und oxidiert. Es fand also eine echte Verbraunung statt.

Verbreitung

Die Terra fusca kommt in Mitteleuropa nur auf alten Landoberflächen fern von aktiver Erosion, etwa durch Flüsse, vor (Paläoböden bzw. reliktische Böden angesehen). Solche Verhältnisse finden sich zum Beispiel auf den mesozoischen Kalken des süddeutschen und schweizerischen Jura. Verschiedentlich treten dort in den Bodenbildungen so genannte Bohnerze auf. Dies sind kleine kugelförmige Konkretionen aus Eisen, deren Entstehung noch nicht vollständig geklärt ist. Ebenso ungeklärt ist, ob die Bildung dieser Konkretionen nur auf die lange Zeit der Verwitterung zurückzuführen oder ob das tropische Klima des Tertiärs die Hauptbildungsursache ist.

Eigenschaften und Nutzung

Durch Quellen und Schrumpfen der Tone erfolgte die Ausbildung eines ausgeprägten Polyedergefüges im gelblichen bis rötlichbraunen T-Horizont mit relativ hoher Wasserdurchlässigkeit. Der Unterboden ist frei von Primärcarbonat und kann durch Umlagerung des Residuums eine Lösskomponente enthalten.

Kalksteinbraunlehme sind bei landwirtschaftlicher Nutzung aufgrund des hohen Tongehaltes schwer bearbeitbar, zumal sie oft im Wechsel mit steinreichen, flachgründigen Böden vorkommt. Landwirte bezeichnen Terrae fuscae als „Stundenböden“, weil sie nur „stundenweise“ bearbeitet werden können. Wenn sie nass sind verschmieren sie und im trockenen Zustand sind sie zu hart. Deshalb werden diese Böden meist als Grünland oder Waldstandort genutzt.

Ihr Humusgehalt variiert. Besonders bei schlechter Durchlüftung und unter kühlfeuchtem Klima kann es zu einer starken Humusanreicherung kommen. Die Terra fusca besitzt eine hohe Wasserkapazität, deren durch Pflanzen nutzbarer Anteil jedoch durch den hohen Tongehalt im Tv-Horizont des Bodens eingeschränkt ist. Aufgrund dieser Eigenschaften wird sie vorwiegend als Wald- oder Weideland genutzt.

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