Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

Saumbiotop

Saumbiotope sind linienhafte Kleinstrukturen, die keinen oder nur eingeschränkte Kulturmaßnahmen unterliegen und an landwirtschaftliche Flächen angegrenzen. Hecken, Raine und andere Saumbiotope in der Kulturlandschaft entstanden als Begleit-, Hilfs- oder Folgestrukturen der Landbewirtschaftung. Sie finden sich meist auf Grenzlinien der Agrarfläche untereinander und zwischen Feldern und anderen Strukturen wie Bächen und Straßen. Saumbiotope werden nach ihrem Bewuchs oder nach den begleitenden Strukturen benannt.

Wichtige Typen von Saumbiotopen
Hecken

Ein- bis mehrreihige Gehözpflanzungen aus Sträuchern bzw. einer Kobination aus Bäumen und Sträuchern, die einer mehr oder weniger regelmäßigen Pflege unterliegen. Hecken werden im Idealfall noch von mehrjährigen Gras- und Kratsäumen begleitet.

Waldrand

Bis zu 40 m breite Übergangszone vom Trauf (Bäume erster Ordnung wie Eiche und Buche, Bäume zweiter Ordnung wie Birke, Eberesche und Weide) über den Waldmantel (Sträucher) zum Waldsaum (grasige und krautige Pflanzen). Der Waldrand wird als getrennte waldbauliche Einheit behandelt und in Form einer Dauerbestockung behutsam gepflegt un niemals kahlgeschlagen.

Feld-, Wiesen- und Wegraine

In der Regel schmale, durch Landbewirtschaftung mehr oder weniger beeinflusste (Abdrift von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln), linienhafte Gras- und Krautsäume zwischen den Agrarflächen oder entlang von Wirtschaftswegen, die einem mehr oder weniger regelmäßigen Pflegeschnitt unterliegen. Sie können auch mit Baumreihen kombiniert sein.

Verkehrswegeränder

Linienhafte Gras- und Krautsäume, die einem mehr oder weniger regelmäßigen Pflegeschnitt unterliegen. Je nach Ausbaugrad der Verkehrswege (Straßen und Gleisanlagen) sind sie unterschiedlich breit (2 bis 8 m an zweispurigen Straßen, 4 bis 20 m an Autobahnen). Sie werden einerseits durch den Straßenverkehr (Streusalz, Schwermetalle), andererseits durch die Landbewirtschaftung (Abdrift von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln) beeinflusst. Sind Straßenränder mit Baumreihen ohne Strauchschicht ausgestattet, werden sie als Alleen bezeichnet.

Uferränder

Unterschiedlich breite Uferrandzone, die durch die erhöhte Standortfeuchte geprägt ist (Gräben mit dauerhafter oder periodischer Wasserführung, Bäche, Flüsse, See). Uferränder können mit ufertypischen Gehölzen oder Gras- und Staudensäumen (Feuchtwiesenstauden-Typ) bewachsen sein.

Gräben mit gelegentlicher Wasserführung

Künstlich angelegte oder natürliche Bodenvertiefungen, die nur gelegentlich Wasser führen. Gräben sind mit mehrjährigen Gras- und Krautsäumen bewachsen oder können von Gehölzen begleitet werden.

Lesesteinriegel

Bezeichnung für linienförmige Ansammlungen von Lesesteinen am Rande von Feldern oder ehemaligen Feldern. Sie können je nach Alter mit mehrjährigen Gras- und Krautbeständen oder auch Hecken bewachsen sein. Steinrücken oder Steinwälle werden gezielt zur Bodenbefestigung bzw. als Windschutz aufgeschichtet. Trocken- oder Natursteinmauern stellen eine besondere Form dar. Sie sind unverfugt oder in Spalten mit Boden verfüllt.

Ackerrandstreifen, Ackerschonstreifen Sonderform aus dem Vertragsnaturschutz für Ackerwildkräuter im Acker. Drei bis acht Meter breite Randstreifen innerhalb des Kulturpflanzenbestandes (in der Regel Getreide), auf denen keine Pflanzenschutzmittel angewendet werden sowie teilweise keine Düngung vorgenommen wird, so dass sich Bestände einjähriger Ackerwildkräuter im Getreide entwickeln können.

Quelle: BLE 2018

Die Saumbiotope waren früher weder „unnütze“ noch „ungenutzte“ Flächen. Bis in unsere Zeit wurden die Hecken zur Holzgewinnung genutzt und ihre Wildfrüchte gesammelt. Die Bewirtschaftung der Raine bestand in ihrer Mahd und/oder Beweidung. Auch das Laub der Hecken diente in Notzeiten als „Laubheu“ für das Vieh. Die Wanderschäferei nutzte die Raine als gute und billige Futterquelle.

Holzgewinnung

Einzelne Bäume in Hecken wurden gezielt beim Auf-den-Stock-setzen als „Überhälter“ ausgespart, um wertvolles Bauholz zu gewinnen. Aber auch für das schwächere Holz gab es eine vielfältige Nutzung:

Wildfrüchte

Die Früchte vieler Heckensträucher sind essbar. Insbesondere die Früchte der Wildrosen, Weißdorn, Holunder, Himbeeren und Brombeeren wurden früher systematisch gesammelt und zu Marmeladen und Säften verarbeitet oder getrocknet.
Besonders begehrt war die Haselnuss. Problemlos zu lagern, konnte aus ihr Speiseöl hergestellt werden; gelegentlich wurde sie sogar zu Seife verarbeitet.

Mahd oder Beweidung

Die Raine der Felder und Wege dienten als Weide für das Kleinvieh und zur Futter- und Streugewinnung. Gemäht wurde in der Regel einmal pro Jahr – nach der Heuernte im Juli/August -, bei guter Qualität auch zweimal.
Das Heu diente zumeist als Zusatzfutter, vor allem für Kühe, die ehemals sowohl wichtige Milch- und Fleischlieferanten waren, als auch als Zugtiere eingesetzt wurden. Breitere Raine wurden vom Kleinvieh (Schafe, Ziegen, z.T. auch Gänse) beweidet. Die gemeindeeigenen Raine waren oft die einzige Quelle der Futtergewinnung für ärmere Kleinbauern und/oder Tagelöhner.

Heilpflanzen

Unter den Wildkräutern der Raine gibt es viele Heilpflanzen. Insbesondere Heilpflanzen, die keiner besonderen Weiterverarbeitung bedurften, sondern deren Zubereitung z.B. zu Kräutertees einfach möglich ist, wurden gesammelt, um als Hausapotheke jederzeit zur Verfügung zu stehen. Dieses Heilmittelangebot war besonders wichtig für alle, die sich weder Arzt noch Medikamente leisten konnten.

Weitere Informationen:

Pfeil nach linksSäterwirtschaftHausIndexSavannePfeil nach rechts