Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

Regionalvermarktung

Als „Regionalvermarktung“ ist eine an regionale Merkmale und regional definierte Qualitäten geknüpfte Angebotspolitik zu verstehen für Produkte wie z.B. landwirtschaftliche Erzeugnisse, Holz, Lebensmittel oder auch touristische Leistungen innerhalb einer definierten Region.

Vage Begriffe

Die Begriffe „Region“ oder „von hier“ sind gesetzlich nicht geschützt und werden von Produzenten und Verbrauchern unterschiedlich interpretiert und verwendet. Auch existiert weder in der Praxis noch in der Literatur eine einheitliche Definition der Begriffe.

Regionen können sich geographisch definieren, gleichzeitig aber auch historisch-kulturell oder politisch-administrativ. Hinzu kommen unterschiedliche Vorstellungen von Regionalität. Verbraucherbefragungen zeigen, dass zum Beispiel in kleinstrukturierten Regionen Süddeutschlands regionale Herkunft sehr viel kleinräumiger beschrieben wird als beispielsweise in Norddeutschland.

Die Anbieter können selbst bestimmen, wie groß „ihre“ Region ist, und dürfen mit eigenen Marken oder Siegeln für ihre Produkte werben. Weil es inzwischen eine unüberschaubare Anzahl an regionalen Herkunftskennzeichnungen gibt und die Kriterien für ihre Vergabe zum Teil sehr unterschiedlich sind, sorgen die Siegel häufig für mehr Unsicherheit statt für Transparenz.

Einzelne Unternehmen des Lebensmitteleinzelhandels bestimmen die regionale Herkunft ihrer Produkte dadurch, dass zuliefernde Erzeugerbetriebe in einem bestimmten Radius (meist 30 bis 50 Kilometer) um den jeweiligen Markt lokalisiert sind. Andere Handelsketten weiten die regionale Herkunft auf Deutschland aus, teilweise wird Österreich einbezogen oder gar der gesamte deutschsprachige Raum.

Um dem Fehlen einer belastbaren gesetzlichen Definition und der Heterogenität der Verbraucherdefinitionen gerecht zu werden, bietet sich im digitalen Zeitalter die Blockchain-Technologie an. Mithilfe einer lückenlosen Rückverfolgbarkeit, personalisierten und voreingestellten Präferenzen können Verbraucher QR-Codes auf der Verpackung mithilfe von Smartphone-Apps oder Terminals im Einzelhandel prüfen. Bei weiterverarbeiteten Produkten lässt sich beispielsweise die Länge des Transportwegs nach prozentualer Berechnung der einzelnen Zutaten ermitteln. Es können Synergien mit bestehenden Warenwirtschaftssystemen entlang der Versorgungskette geschaffen werden, wenn etwa Erzeuger, Verarbeiter und Händler ihre Daten digitalisieren und diese wiederum mit Daten aus weiteren Datenbanken mit Produktinformationen ergänzt werden. Um diese Informationen flächendeckend zwischen verschiedenen Herstellern und Zulieferern übertragen zu können, müssen allerdings einheitliche Standards und Schnittstellen geschaffen werden. Damit können der Lebensmitteleinzelhandel und Produzenten das Fehlen der gesetzlichen Vorgaben und Richtlinien als Chance wahrnehmen und dem Verbraucher mit neuen Informations- und Kommunikationstechnologien begegnen.

Weitere Aspekte von Konzepten der Regionalvermarktung

Nähe ist nicht alles. Ein weiterer Faktor, der für die Käufer von regionalen Lebensmitteln eine wichtige Rolle spielt, ist die Art und Weise der Erzeugung: Die Mehrheit der deutschen Verbraucher (72 Prozent) wünscht sich eine sozial und ökologisch verantwortungsvolle Herstellung. Das kann bei einzelnen regionalen Produkten auch bedeuten, dass ihre Umweltbilanz schlechter aussieht als die von importierter Ware. Das spielt vor allem bei saisonalen Produkten eine Rolle, bei denen sich beispielsweise die Treibhausgasemissionen eines langen Transportweges durch große Transportvolumina ausgleichen. Um Transparenz zu schaffen, ist es daher wichtig, nicht nur die Herkunft der Rohstoffe, sondern auch die Verarbeitungsbedingungen und den Sitz des Unternehmens aktiv zu kommunizieren.

Ein zentraler Punkt bei der noch ausbaufähigen Regionalvermarktung sind die fehlenden Vermarktungsstrukturen für Lebensmittel aus der Region. Anders als bei Bio-Produkten gibt es noch kaum Kooperationen oder Partnerschaften zwischen den regionalen Erzeugern und dem Handel, sodass Beschaffungs- und Absatzstrukturen erst geschaffen werden müssten.

Das spricht für regionale Produkte:

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