Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

Lomé-Abkommen

In Lomé, der Hauptstadt der westafrikanischen Republik Togo, ist erstmals 1975 ein Abkommen zur Entwicklungszusammenarbeit zwischen der EG und Ländern Afrikas, der Karibik und des Pazifiks (AKP-Staaten) unterzeichnet worden. Dieses erste Lomé-Abkommen hatte, wie seine Vorgänger und später seine Nachfolger Lomé II und Lomé III, eine Laufzeit von fünf Jahren.

Die Bestandteile des Lomé-I-Abkommens gingen über die früheren Abkommen hinaus. Als wichtigste Neuerung galt das System zur Stabilisierung der Ausfuhrerlöse (STABEX). Dieses sollte den Entwicklungsländern helfen, ihre Exporterlöse für eine Reihe von agrarischen Rohstoffen zu sichern. Weitere Elemente waren die Bereitstellung von Mitteln für regionale Projekte, die Förderung von kleinen Projekten und Kleinbetrieben sowie die Langzeithilfe für die ländliche Entwicklung.

Das Lomé-II-Abkommen fügte dem entwicklungspolitischen Instrumentarium eine weitere Neuerung zu: SYSMIN ("besondere Bergbau-Finanzierungsfazilität"). Analog zum STABEX-System für Agrarprodukte hatte SYSMIN die Aufgabe, die Rohstoffpreise für Erze aus den AKP-Staaten zu stabilisieren. STABEX und SYSMIN konnten jedoch den Preisverfall für Rohstoffe nicht aufhalten. Die daraus resultierende Verschuldungskrise drängte viele AKP-Staaten an den Rand des Überlebens.

Vor dem Hintergrund dieser Erfahrungen legte die Europäische Kommission für das Lomé-III-Abkommen ein neues Konzept vor. Die Schlüsselworte lauteten unter anderem entwicklungspolitischer Dialog sowie Förderung ausgewählter sektoraler Programme.

Das vierte Abkommen, das am 15. Dezember 1989 abgeschlossen wurde, hat eine Laufzeit von zehn Jahren bis zum 28. Februar 2000. In dem Vertragswerk gilt als Grundprinzip unter anderem die Anerkennung der Souveränität der AKP-Staaten und ihrer wirtschaftlichen und politischen Optionen. Ziel bleibt es „die wirtschaftliche, kulturelle und soziale Entwicklung der AKP-Staaten zu fördern und zu beschleunigen und die Beziehungen zwischen EG und AKP im Geiste der Solidarität im beiderseitigen Interesse auszubauen und zu diversifizieren“. Der Umweltschutz erhält künftig Priorität unter den Zielen des Abkommens, beispielsweise über ein Checklistenverfahren und Umweltverträglichkeitsprüfungen bei Projekten. Mehr Aufmerksamkeit wird dem Aufbau des Privatsektors geschenkt.

Die Effekte des Lomé-Abkommens werden z. T. sehr kritisch bewertet: So wurde u. a. kritisiert, dass sich zwischen der EG-Kommission und den Eliten in den AKP-Staaten geradezu Klientelstrukturen herausgebildet und die Eliten die Gelder aus Europa häufig zweckentfremdet hätten. Ein anderer Vorwurf lautete, dass das System von gesicherten Ausgleichszahlungen bei Preisschwankungen und Preisgarantien für Produkte (STABEX) dazu geführt habe, dass die AKP-Staaten nur unverarbeitete Güter (Agrarprodukte und -rohstoffe) exportiert und andere Produktionsgüter (z. B. Textil) vernachlässigt und damit ihre Abhängigkeit gefestigt hätten. Als widersprüchlich an der AKP-Zusammenarbeit wird auch kritisiert, dass den AKP-Staaten bei den Produkten, bei denen sie tatsächlich konkurrenzfähig sind (z. B. Bananen und Rindfleisch), der freie Zugang zum europ. Markt verwehrt wurde. Da die Bestimmungen des Lomé-Abkommens (v. a. das Präferenzsystem) mit den Prinzipien und Regelungen eines freien Welthandels, wie sie mit der 1993 gegründeten Welthandelsorganisation (WTO) beschlossen wurden, nicht in Einklang standen, wurde das Lomé-Abkommen 2000 durch das sog. Cotonou-Abkommen abgelöst.

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