Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

landwirtschaftliche Gesamtrechnung (LGR)

Die Landwirtschaftliche Gesamtrechnung (LGR) ist ein Satellitenkonto des Europäischen Systems Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen (ESVG), das ergänzende Informationen enthält und dessen Konzepte an die besonderen Gegebenheiten des landwirtschaftlichen Wirtschaftsbereichs angepasst sind. Im Rahmen der LGR wird der Beitrag des Agrarsektors zur gesamten Wirtschaftsleistung der Volkswirtschaft ermittelt.

Die LGR für Deutschland ist Teil der Landwirtschaftlichen Gesamtrechnung der Europäischen Union, zu der alle Mitgliedsstaaten nach einheitlichen Kriterien jährlich Sektor Daten dem Statistischen Amt der EU (EUROSTAT) übermitteln.

In der Landwirtschaftlichen Gesamtrechnung (LGR) werden die Produktions-, Güter- und Einkommensströme der Landwirtschaft (ohne Forstwirtschaft und Fischerei) erfasst. Dafür werden Produktionswert, Vorleistungen und Wertschöpfung berechnet und um die Daten über Anlageinvestitionen und Löhne ergänzt. Die jährliche Veränderung der Nettowertschöpfung je Arbeitskraft ist ein wichtiger makroökonomischer Indikator für die Darstellung der Einkommensentwicklung des Sektors Landwirtschaft.

Landwirtschaftliche Gesamtrechnung (LGR) - Schematische Darstellung
Landwirtschaftliche Gesamtrechnung (LGR) - Schematische Darstellung

Quelle: BMEL 2023

Die Daten der LGR werden unter anderem für die Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung (VGR) benötigt, die wiederum die Leistung einer Volkswirtschaft erfasst. Das Maß der wirtschaftlichen Leistung ist das Bruttoinlandsprodukt (BIP). Das BIP wird in den Medien häufig verwendet, um Aussagen über die Wirtschaftskraft von Ländern zu treffen oder Regionen zu vergleichen. Die Grundlage für diese Aussagen bietet im landwirtschaftlichen Bereich die LGR.

Darüberhinaus werden die Daten der LGR verwendet um politische und wirtschaftliche Entscheidungen zu treffen, sowie um die Höhe der Leistungen von und an die EU zu berechnen.

Der Wirtschaftsbereich Landwirtschaft gilt als Zusammenfassung aller örtlichen fachlichen Einheiten (landwirtschaftliche Betriebe), die folgende Tätigkeiten ausüben: Pflanzenbau, Tierhaltung, gemischte Landwirtschaft, landwirtschaftliche Dienstleistungen, gewerbliche Jagd. Ebenfalls Bestandteil der Landwirtschaftlichen Gesamtrechnung (LGR) sind nach dem Europäischen System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen (ESVG) nichtlandwirtschaftliche Tätigkeiten in landwirtschaftlichen Unternehmen, die buchmäßig nicht getrennt erfasst werden können, wie z.B. Landschaftspflege oder Urlaub auf dem Bauernhof. Die landwirtschaftliche Produktion von Haushalten sowie die Tierhaltung von Nichtlandwirten sind dagegen nicht Bestandteil der LGR.

Entwicklung der Wertschöpfung der Landwirtschaft in Mio. Euro in jeweiligen Preisen

Entwicklung der Wertschöpfung der Landwirtschaft in Mio. Euro in jeweiligen Preisen

In der sektoralen Gesamtrechnung für den Bereich Landwirtschaft (einschließlich Garten- und Weinbau, ohne Forstwirtschaft und Fischerei) werden die gesamtwirtschaftlichen Einkommens- und Güterströme für diesen Wirtschaftsbereich erfasst. Die Aggregate der Entstehungsrechnung (Produktionswert, Vorleistungen und Wertschöpfung) werden ergänzt um Daten über Anlageinvestitionen und Löhne. Die Landwirtschaftliche Gesamtrechnung (LGR) ist nach den Regeln des Europäischen Systems Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen (ESVG 2010) aufgestellt. Die jährliche Veränderung der Nettowertschöpfung je Arbeitskraft ist ein wichtiger makroökonomischer Indikator für die Einkommensentwicklung des Sektors Landwirtschaft.

Quelle: BMEL

Im Produktionswert der Landwirtschaft sind neben Verkäufen pflanzlicher und tierischer Produkte an andere Wirtschaftsbereiche und an andere landwirtschaftliche Einheiten auch der betriebliche Eigenverbrauch, die Vorratsveränderungen, die selbst erstellten Anlagen (Vieh) sowie die auf der landwirtschaftlichen Erzeugerstufe erbrachten Dienstleistungen (z. B. Neuanpflanzungen von Dauerkulturen) enthalten. Nach den Bestimmungen des ESVG beinhaltet der Produktionswert auch den innerbetrieblichen Verbrauch von Futtermitteln (Futtergetreide, Silage, Heu) in landwirtschaftlichen Betrieben. Ebenfalls erfasst werden landwirtschaftliche Lohnarbeiten (auch von gewerblichen Lohnunternehmen durchgeführt) sowie nichttrennbare nichtlandwirtschaftliche Nebentätigkeiten (z. B. Ferien auf dem Bauernhof).

Aus der mit durchschnittlichen Erzeugerpreisen ohne Mehrwertsteuer bewerteten Produktion – differenziert nach einzelnen Erzeugnissen – ergibt sich der Produktionswert zu Erzeugerpreisen. Im Produktionswert zu Herstellungspreisen sind darüber hinaus die Gütersubventionen abzüglich der Gütersteuern berücksichtigt. Bis 2004 zählten hierzu vor allem die Flächenzahlungen für Ackerkulturen und Tierprämien. Ab 2005 wurden diese EU-Zahlungen von der Produktion entkoppelt und als einzelbetriebliche Prämien ausbezahlt. Nach den Regeln des ESVG werden diese Betriebsprämien in der LGR als sonstige Subventionen verbucht. Der Produktionswert zu Herstellungspreisen fällt daher 2005 deutlich niedriger aus als in den Jahren zuvor.

Bruttoproduktionswert der pflanzlichen und tierischen Erzeugung nach der Landwirtschaftlichen Gesamtrechnung für das Jahr 2019* in Milliarden Euro
Landwirtschaftlich genutzte Fläche der Erde

Quelle: BLE 2019

In den Vorleistungen sind der ertragssteigernde Aufwand (Futtermittel, Handelsdünger, Pflanzenschutzmittel, Saatgut und Pflanzgut), die Aufwendungen für die Unterhaltung der Wirtschaftsgebäude und des Inventars, die Ausgaben für Energie, für Tierarzt und Medikamente sowie für andere Güter und Dienstleistungen zusammengefasst. Analog zum Produktionswert werden hier auch der innerbetriebliche Verbrauch an Futtermitteln und die in Anspruch genommenen landwirtschaftlichen Dienstleistungen berücksichtigt.

Die Bruttowertschöpfung (BWS) ist ein Maß für die in einer Region erbrachte wirtschaftliche Leistung. Die BWS der Landwirtschaft ergibt sich als Differenz von Produktionswert (Wert aller produzierter Waren und Dienstleistungen) und Vorleistungen. Die Bewertung der BWS erfolgt zu Herstellungspreisen. Da die BWS nur die produktspezifischen Subventionen berücksichtigt, ergibt sich durch die »Entkoppelung« dieser Zahlungen von der Produktion ab 2005 ein Bruch in der Zeitreihe.

Im Gegensatz zur BWS sind in der Nettowertschöpfung sämtliche an die Landwirtschaft gezahlten Subventionen, einschließlich der Betriebsprämie berücksichtigt. Die Nettowertschöpfung ergibt sich aus der BWS nach Abzug der verbrauchsbedingten, zu Wiederbeschaffungspreisen bewerteten Abschreibungen sowie dem Saldo der sonstigen Produktionsabgaben und der sonstigen Subventionen (einschließlich eventuellem Überausgleich Mehrwertsteuer). Die Nettowertschöpfung steht zur Entlohnung der Produktionsfaktoren Boden, Arbeit und Kapital zur Verfügung.

Die Produktion des landwirtschaftlichen Wirtschaftsbereichs umfasst die Summe der Produktion an landwirtschaftlichen Erzeugnissen und die im Rahmen nicht trennbarer nichtlandwirtschaftlicher Nebentätigkeiten produzierten Waren und Dienstleistungen.

Gemäß den EU-Verordnungen sind nationale statistische Institute oder Landwirtschaftsministerien für die Datenerfassung und die Erstellung der nationalen LGR zuständig. Eurostat produziert die aggregierten Daten für die Europäische Union (EU).

Weitere Informationen:

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