Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

Rispenhirse

Auch Echte Hirse (Panicum miliaceum), engl. ugs. Proso millet u. w.; eine Pflanzenart aus der Gattung Rispenhirsen (Panicum). Diese Hirsenart ist eine alte Getreidepflanze. In Europa von Kartoffel und Mais verdrängt wird sie heute noch in weiten Teilen Asiens angebaut.

Merkmale

Die Rispenhirse ist eine einjährige krautige Pflanze und erreicht Wuchshöhen von 30 bis 100, selten bis 150 Zentimetern. Der rispige Blütenstand ist 10 bis 30 Zentimeter lang, aufrecht bis überhängend, locker bis dicht. Die Blütezeit reicht von Juni bis September. Es erfolgt Selbstbestäubung. Die Rispenhirse gehört zu den C4-Pflanzen.

Das Tausendkorngewicht liegt zwischen 4 und 8 Gramm. Der Eiweißgehalt beträgt bis zu 10 (selten sogar bis 18) Prozent, der Fettgehalt rund 4 Prozent. Manche Sorten sind sogar Kleber-haltig und liefern somit backfähiges Mehl.

Anbau und Nutzung

Die Rispenhirse wird vor allem in Zentralasien, nördlichen China, Japan und Indien angebaut. Die Vegetationszeit beträgt je nach Standort und Sorte 60 bis 90 Tage, der Wasseranspruch ist relativ gering. Die nördliche Anbaugrenze ist die 20 °C-Juli-Isotherme. Im Himalaja wird die Rispenhirse bis in Höhenlagen von 3000 Metern angebaut. Die Körner reifen in den Rispen nicht gleichzeitig, durch hohe Ausfallgefahr erfolgt die Ernte vor der Vollreife. Die Erträge liegen meist bei rund 1 Tonne pro Hektar und können unter günstigen Bedingungen bis 5 Tonnen betragen.

Die Früchte werden als Korn, Brei und Brot verzehrt oder auch zu Hirsebier verarbeitet. In Nordchina wird es auch für die Herstellung von Hirsewein (ähnlich dem Reiswein Huang Jiu 黄酒) verwendet. Das Stroh ist als Futter für Wiederkäuer gut geeignet.

Herkunft und Geschichte

Die Rispenhirse, im 19. Jahrhundert noch „der Hirse“, ist eine der am frühesten domestizierten Getreidearten, ihr Ursprung liegt in Zentralasien. Die ältesten Funde stammen aus dem Alt-Neolithikum.

In Europa ist sie ab der ausgehenden Mittleren Bronzezeit belegt und wird vor allem in Mitteleuropa und Südosteuropa während der Späten Bronzezeit zu einem der Hauptgetreide. In Deutschland kommt sie in vorrömischer Zeit in rund 30 % aller Fundstellen vor. In den ersten drei nachchristlichen Jahrhunderten wurde die Rispenhirse teilweise durch die Gerste verdrängt. Die Römer nannten die Rispenhirse milium und verwendeten sie zu Brot und Brei.

Im Mittelalter war sie in Mitteleuropa ein wichtiges Nahrungsmittel und galt als das „Brot des armen Mannes“. Der Schwerpunkt verlagerte sich jedoch Richtung Osteuropa. Sie wurde nur als Brei gegessen, da es keine kleberhaltigen Sorten gab. Sie wurde in Mitteleuropa später von der Kartoffel weitgehend verdrängt, in Südeuropa vom Mais. Der Anbau wurde in sandigen Gebieten bis Anfang des 20. Jahrhunderts betrieben, so etwa in Pommern, Posen, Thüringen, Brandenburg, in den unteren Donauländern und im südlichen Russland. In Österreich wird sie zur Vogelfutterproduktion angebaut, teilweise auch wieder als Getreide.

In Mitteleuropa wächst sie wild auf Schuttplätzen, Bahnanlagen und in Häfen. In Gärten verwildert sie meist aus Vogelfutter. Sie kommt vor allem auf nährstoffreichen, leichten und sandigen Lehmböden der collinen, seltener auch der montanen Höhenstufe vor.

(s. a. Hirse)

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