Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

Agrarholz

Als Agrarholz werden schnellwachsende Bäume wie Weiden oder Pappeln auf landwirtschaftlichen Flächen bezeichnet. Agrarholzbestände, die in kurzen Umtriebszeiten bewirtschaftet werden, stellen zumeist intensive Produktionssysteme zur Holzerzeugung dar. Die Bäume werden in sehr hohen Pflanzdichten angebaut und in kurzen Abständen zumeist vollautomatisch geerntet. Zielsetzung dieser Art der Bewirtschaftung ist die Optimierung einer hohen Holzproduktion in kurzer Zeit. Die schnellwachsenden Bäume können sowohl in Form von Agrarholz- oder Kurzumtriebsplantagen (KUP) als auch in Agroforstsystemen angebaut werden. Pappeln (Populus spec.) undWeiden (Salix spec.) stellen hierbei die wichtigsten Baumarten dar. Sie zeichnen sich durch eine hohe Zuwachsleistung und ein gutes Stockausschlagvermögen aus, was wesentliche Voraussetzungen für eine wirtschaftlich tragfähige Kurzumtriebswirtschaft sind. Auch Baumarten wie Birken (Betula spec.), Eichen (Quercus spec.), Erlen (Alnus spec.), Esche (Fraxinus excelsior), Robinie (Robinia pseudoacacia) u. a. besitzen diese Eigenschaften in unterschiedlich starken Ausprägungen.

In Regionen mit temperatem Klima und einer guten Wasserversorgung weisen Agrarholzflächen ein hohes Biomassepotenzial auf. Aber auch in mediterranen Regionen und in der kaltgemäßigten (borealen) Klimazone können beachtliche Holzzuwächse erzielt werden. Weltweit am häufigsten werden die verschiedenen Pappel- undWeidenarten in Plantagen angebaut. Zu nennen sind insbesondere Süd-,Mittel- und Nordeuropa, Russland, USA, Kanada, Chile und v. a. China.

Die Anfänge der Agrarholznutzung

Der Holzanbau mit mehr oder weniger kurzen Umtriebszeiten hat eine sehr lange Tradition. Ziel dieser Art der Holzproduktion war die Erzeugung von Brenn-, Kohl-, Pfahl- und Zaunholz, es diente der Gewinnung von Futterlaub, der Herstellung von Fässern, Fassreifen, Werkzeug, Geschirr, Fahrzeugteilen, Flechtware und vielem anderem mehr. Die Urform dieses Holzanbaus mit stockausschlagfähigen Laubhölzern geht aller Wahrscheinlichkeit auf das Neolithikum zurück.

Aktuelle und künftige Nutzung von Agrarholz

Der Anbau von schnellwachsenden Baumarten als im Kurzumtrieb bewirtschaftetes Agrarholz vereint die land- und forstwirtschaftliche Produktion, unterscheidet sich hiervon jedoch in Bezug auf die Produktionszyklen und -techniken und dient vornehmlich der Bereitstellung von Biomasse für die energetische Nutzung. Zukünftig kann Agrarholz für die Produktion von pflanzlichen Rohstoffen auf der Basis von Zellulose und Lignin an Bedeutung gewinnen. Zudem eignet sich der Agrarholzanbau für die Gestaltung nachhaltig genutzter Agrarlandschaften und kann somit für den Erhalt und die Verbesserung der Funktionen des Naturhaushalts ausgesprochen förderlich sein.

Gerade eine vielfältige Kulturlandschaft und deren nachhaltige Nutzung ist die Grundlage für den Erhalt von Bodenfruchtbarkeit, Biodiversität, Grund- und Oberflächenwasserqualität sowie hiermit verbundenen Ökosystemfunktionen und sichert langfristig die Standortproduktivität unter den sich ändernden Umwelt- und Klimabedingungen.

Agrarholz - Bestandteil der Kulturlandschaft

In den europäischen Agrarlandschaften bildeten Gehölze traditionell schon immer eine wichtige Strukturkomponente, wobei sie in sehr vielen Fällen direkt in die landwirtschaftliche Produktion einbezogen wurden. Ab dem 17. Jahrhundert erfolgte in den ländlichen Gebieten verstärkt die Anlage von Hecken, die v. a. in England, Dänemark und Norddeutschland noch heute das Landschaftsbild prägen. Gefördert wurde die Anlage von Gehölzstreifen auf den landwirtschaftlichen Flächen durch die sog. Verkoppelung der Felder. Diese hatte zum Ziel, die Produktion auf den Feldern zu steigern und sicherzustellen, dass das Vieh auf anderen Flächen keinen Schaden anrichtet. Vor allem in Nord- und Nordwestdeutschland dienten diese Hecken (Knicks, Wallhecken) als Umzäunung der Agrarflächen. Insbesondere im Bereich von Jütland, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern spielte auch die Anlage von Windschutzstreifen gegen die fortschreitende Winderosion der sandigen Böden eine wichtige Rolle und wirkte sich positiv auf die Felder aus. Die Anlage dieser großflächigen Feldgehölzstreifen ging v. a. durch staatliche Anweisungen aus. Die Feldgehölze boten zudem ein breites Nutzungsspektrum (s.o.).

Im Lauf der Zeit entstand so ein Mosaik unterschiedlicher Landnutzungen, eine Jahrhunderte alte, vollständig durch den Menschen geprägte Kulturlandschaft. Reste der vor Jahrhunderten entstandenen, allgemein strukturreicheren Kulturlandschaft besitzen heute zumeist einen besonderen Schutzstatus, nicht zuletzt, weil diesen Landschaften, in denen Feldgehölze einen wichtigen Stellenwert einnehmen, ein hoher ökologischer Wert zugesprochen wird.

Während der zurückliegenden 120 Jahre und hier insbesondere während der letzten 70 Jahre fand in den Industriestaaten ein grundlegender Wandel der landwirtschaftlichen Produktionsweise und damit verbunden der Agrarstruktur statt. Die diverse, kleinbäuerliche Landwirtschaft wurde zum größten Teil von einer zunehmend technisierten und industrialisierten Landbewirtschaftung abgelöst.

Zudem führte die historisch und administrativ gewachsene Trennung von forstlicher (Wald, Holzproduktion) und landwirtschaftlicher Landnutzung (Ackerbau, Grünland), aber auch die häufig restriktiv wirkenden Ansprüche des Natur- und Landschaftsschutzes an die Landschaftsgestaltung dazu, dass Feldgehölze heute kaum noch in die landwirtschaftliche Praxis einbezogen werden.

Großbetriebe und Betriebsgemeinschaften wie Agrargenossenschaften gewannen insbesondere in Nord- und Ostdeutschland erheblich an Bedeutung. Auf der Ackerfläche selbst werden nahezu alle Arbeitsabläufe vollmechanisiert durchgeführt, wobei die Dimension der hierfür verwendeten Landtechnik stetig zunimmt.

Um den Einsatz von Großtechnik auf den Agrarflächen möglichst effizient und wirtschaftlich gestalten zu können, werden seitens der industrialisierten Landwirtschaft großflächige Bewirtschaftungseinheiten angestrebt. Durch Flurbereinigungen und umfangreiche Meliorationen wurden kleinere Ackerschläge zusammengelegt, ungünstige Flächengeometrien verändert und Strukturen wie Wege, Feldgehölze oder auch ganze Bachläufe beseitigt oder verändert. Folglich führte die Industrialisierung der Landwirtschaft vielerorts zum Verschwinden der kleinteiligen Bewirtschaftungsstrukturen und so auch von Feldgehölzflächen, die ehemalige Eigentums- bzw. Schlaggrenzen markierten, Wegränder, Feldraine und Wassergräben säumten oder sich auf ungünstig zu bewirtschaftenden Geländeexpositionen befanden.

Durch den neu propagierten Anbau von Agrarholz werden Agrarräume wieder stärker strukturiert. Diese Strukturierung ist umso ausgeprägter je kleinteiliger die entstandenen Agrarholzflächen sind. Im Rahmen agroforstlicher Bewirtschaftungsformen (Abschn. 3.3.2) können auch einzelne Ackerschläge wieder erheblich gegliedert werden. Damit eine solche Restrukturierung der Agrarlandschaft stattfinden kann, darf diese nicht im Widerspruch zu den Anforderungen einer hochtechnisierten Landwirtschaft stehen. Folglich sind die gängigen landwirtschaftlichen Bewirtschaftungspraktiken und die eingesetzte Landtechnik bei der Anlage von Agrarholzflächen zu berücksichtigen.

Agrarholzpflanzungen (-plantagen)

Wird Agrarholz flächig auf der gesamten landwirtschaftlich genutzten Bewirtschaftungseinheit (i. d.R. mit einem Ackerschlag gleichzusetzen) oder mehrerer angrenzender Bewirtschaftungseinheiten angebaut, so werden diese als Agrarholzpflanzungen (-plantagen) bzw. aufgrund der vergleichsweise kurzen Umtriebszeiten von maximal 20 Jahren üblicherweise auch als Kurzumtriebsplantagen (KUP) bezeichnet. Typisch für solche Agrarholzanlagen ist die flächige Anpflanzung von schnellwachsenden Baumarten entsprechend eines gleichförmigen Pflanzverbandschemas. Zumeist handelt es sich um einheitlich bewirtschaftete Monokulturen mit homogener Altersstruktur. Bei Flächen mit mehreren Baumarten bzw. Klonen werden diese i. d. R. reihen- oder blockweise angepflanzt. Dies gilt in gleicher Weise für unterschiedliche Altersklassen innerhalb einer zusammenhängenden Agrarholzfläche.

Agroforstsysteme

Bei diesen agrarische Landnutzungssystemen werden Bäume und/oder Sträucher in Kombination mit krautigen Ackerkulturen und/oder Grünland bzw. Viehhaltung auf einer Bewirtschaftungsfläche zusammen angebaut bzw. gehalten und genutzt, um so zielgerichtet Synergien zwischen den Nutzungskomponenten zu erzielen. In der kombinierten Nutzung von Gehölzen und Ackerkulturen bzw. Grünland besteht der entscheidende Unterschied zu den beschriebenen Agrarholzpflanzungen bzw. KUP. Im Gegensatz zu diesen sind Agroforstsysteme in Bezug auf die landwirtschaftliche Bewirtschaftungseinheit (i.d.R. der Ackerschlag) gemäß der agroforstwirtschaftlichen Intention nicht als Rein- bzw. Monokulturen zu betrachten. (Veste/Böhm 2018)

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