Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

Landtechnik

Auch Landmaschinentechnik, Agrartechnik oder Agrotechnik.

1. Bezeichnung für die im Agrarsektor eingesetzten land- und forsttechnischen Geräte, stationären wie mobilen Landmaschinen und die zugehörige Sensorik. Zu den Geräten der Landtechnik gehören die Landmaschinen (landwirtschaftliche Zugfahrzeuge, Mähdrescher, Pflüge, Eggen, Drillmaschinen/Saatmaschinen, Pflanzmaschinen, Düngerstreuer u. w.) sowie die Ausrüstungsgüter der so genannten Hofinnenwirtschaft (Melkmaschinen, Fütterungstechnik, Filteranlagen u. w.).

Entwicklung

Landwirtschaftliche Produktion basierte Jahrtausende lang ausschließlich auf menschlicher Arbeitskraft mit relativ einfachen technischen Werkzeugen. Mit Hacke, Hackstock oder Grabstock konnten und können nur geringe Flächen bearbeitet werden. Eine Erweiterung der agrarischen Fläche war erst mit dem Einsatz von Pflug und tierischer Arbeitskraft möglich. Auch noch heute gibt es tropische Regionen in Afrika, Indien, dem Malaiischen Archipel, sowie in Süd- und Mittelamerika in denen Hackbau mit Hilfe von traditionellen Geräten betrieben wird, da Pflüge oder Zugtiere zu teuer oder aus anderen Gründen nicht einsetzbar sind (Vegetation, Bodenbeschaffenheit, Tsetse-Fliege).

Die Mechanisierung der Landwirtschaft begann in Europa im 18. Jahrhundert mit der Entwicklung der Sämaschine, der Dreschmaschine und der Mähmaschine, sie wurde im frühen 20. Jahrhundert durch die Erfindung des Verbrennungsmotors vorangetrieben. Diese führte zum Mähdrescher, Vollernter und weiteren Maschinentypen.

Heute ist der Grad der Mechanisierung der Landwirtschaft in einem Land auch ein Spiegelbild ihres Entwicklungsstandes. In den führenden Industrieländern und in industriell arbeitenden Großbetrieben in Entwicklungsländern wird zunehmend neueste digitale Technologie eingesetzt. In der Tierhaltung sind Melkroboter und computergesteuerte Futtersysteme schon länger eingeführt. Der Einsatz von fitness trackers zur Kontrolle des Gesundheitszustands von Tieren sowie von Drohnen zur Überwachung von weidenden Rindern wird erprobt. Im Pflanzenbau werden beim sogenannten Precision Farming Maschinen und Geräte mit GPS und Sensoren verwendet, die eine ortsgenaue differenzierte Ausbringung von landwirtschaftlichen Betriebsmitteln wie Saatgut, Agrarchemikalien oder Beregnungswasser ermöglichen. Geoinformationen unterstützen sie dabei. Der Einsatz von Robotern in vielen Einsatzfeldern wird erprobt.

Agrartechnische Systeme - Entwicklungsschritte
Agrartechnische Systeme - Entwicklungsschritte

Quelle: nach Griepentrog

2. Bezeichnung für den Wirtschaftszweig, der sich mit Herstellung, Vertrieb und Wartung der o.g. Geräte befasst. Innerhalb des Agribusiness gehören Herstellung und Reparatur von Landtechnik zu den wichtigsten Input-Bereichen für die Landwirtschaft und verwandte Bereiche.

Der Fachverband Landtechnik im Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e. V. schätzt das weltweite Produktionsvolumen für Landmaschinen und Traktoren auf 100 Milliarden Euro (2014). Die Europäische Union hat daran einen Anteil von 28 Prozent, gefolgt von Nordamerika (NAFTA) mit 22 Prozent und China mit 18 Prozent. Analog zur wachsenden Bedeutung des chinesischen Absatzmarktes hat sich die Produktion hier über die vergangenen Jahre deutlich gesteigert. Dies geschah sowohl seitens der originär chinesischen Unternehmen (als größte sind hier die Shifeng Group sowie die staatliche YTO Group zu nennen) als auch der Unternehmen aus Europa, Amerika und anderen Teilen Asiens, die in China Fabriken aufgebaut haben.

Das mit Abstand größte Landtechnikunternehmen weltweit ist John Deere (Gesamtumsatz 2014: 36 Mrd. US-Dollar, davon 26 Mrd. mit Agrartechnik). Die folgenden umsatzstärksten Unternehmen sind Case New Holland Industrial, AGCO, Kubota und Claas. Zusammen repräsentieren diese fünf Anbieter die Hälfte des globalen Landtechnikumsatzes. Dabei sind AGCO und Claas auf Agrartechnik spezialisiert (Traktoren und Landmaschinen, hauptsächlich Erntemaschinen), während sowohl bei John Deere, aber vor allem bei Case New Holland und Kubota auch die Baumaschinensparte eine wesentliche Rolle spielt. AGCO und Case New Holland setzen für den Vertrieb eine Mehrmarkenstrategie ein.

Handwerk und Handel mit Bezug zur Landtechnik liegen in der Hand von handwerklich geprägten Handels- und Servicebetrieben. Der deutsche Markt teilt sich in etwa zu gleichen Teilen in genossenschaftlich geprägte und private Betriebe. Die größten Händler sind die entsprechenden Geschäftsbereiche der Hauptgenossenschaften (BayWa, Agravis Raiffeisen etc.) mit ihren zahlreichen Filialbetrieben. Daneben bestehen selbständige örtliche landwirtschaftliche Genossenschaften mit eigenem Landtechnik-Geschäft. Neben wenigen großen privaten Betrieben mit mehreren Filialen prägen ansonsten kleine Betriebe mit nur einem Standort das Bild des privaten Landmaschinenhandels.

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