Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

Pflanzenkohle

Laut EBC (European Biochar Certificate) ist Pflanzenkohle eine durch thermochemische Zersetzung organischer Stoffe und unter stark reduziertem Sauerstoffgehalt produziertes Material. Die zulässigen Produktionstemperaturen reichen von 350 °C bis 1000 °C.

Teilweise wird neben „Pflanzenkohle“ auch noch der veraltete Begriff „Biokohle“ verwendet, der sich aus der wörtlichen Übersetzung des englischen „biochar“, eine Wortschöpfung aus „biomass“ (Biomasse) und „charcoal“ (Holzkohle) ergibt. Da es sich jedoch nicht notwendigerweise um ein Produkt aus zertifiziert biologischem Anbau handelt, wird seit 2011 für alle nicht energetisch genutzten Pyrolysekohlen einheitlich der Begriff Pflanzenkohle verwendet. Produkte der hydrothermalen Karbonisierung (HTC-Kohlen) werden nicht zu den Pflanzenkohlen gezählt.

Herstellung

Pflanzenkohle entsteht durch ein Verfahren, das man Pyrolyse nennt. Dabei wird die Biomasse bei hohen Temperaturen, in der Regel zwischen 400 und 750 °C, seltener bis 900 °C, und unter weitgehendem Ausschluss von Sauerstoff thermisch behandelt. In großem Maßstab geschieht das heute in industriellen Großanlagen. Bei der Pyrolyse entstehen zwei Nebenprodukte: das Pyrolyseöl und das Pyrolysegas. Beide werden in den meisten Anlagen durch Verbrennung energetisch verwertet

Ausgangsmaterial

Für den Kohlenstoffgehalt der Pflanzenkohle ist vor allem das Ausgangsmaterial von Bedeutung: Während Pflanzenkohlen aus holzigem Ausgangsmaterial mit 70 bis 90 Prozent eine hohen Kohlenstoffgehalt aufweisen, liegt dieser bei Pflanzenkohlen aus Stroh, Laub oder Getreidespelzen etwas niedriger bei 40 bis 60 Prozent.

Wie die Pflanzenkohle im Weiteren zusammengesetzt ist, hängt sehr stark mit der Pyrolyseintensität zusammen. Je höher die Temperatur und Verweilzeit in der Brennkammer, desto niedriger sind am Ende die Gehalte an Stickstoff und Schwefel. Alle weiteren Mineralstoffe der ursprünglichen Biomasse, einschließlich der Nährstoffe Kalium und Magnesium bleiben jedoch nahezu vollständig in der Pflanzenkohle erhalten. Bei Phosphor sinkt mit steigender Pyrolysetemperatur allerdings die Pflanzenverfügbarkeit.

Enthält die Biomasse organische Schadstoffe oder Verunreinigungen wie Antibiotika, Viren oder Pflanzenschutzmittel, werden diese durch Pyrolyse bei hinreichender Intensität zerstört oder in die Gasphase ausgetrieben, sodass sie in geeigneten Anlagen anschließend verbrannt werden können.

Pflanzenkohle hilft Klima und Boden

Sieht man einmal vom Wasser ab, bestehen Pflanzen etwa zur Hälfte aus Kohlenstoff. Diesen Kohlenstoff nimmt die Pflanze – in Form von CO2 – während ihres Wachstums aus der Atmosphäre auf. Stirbt die Pflanze, wird sie biologisch zersetzt und der aufgenommene Kohlenstoff kehrt in Form von CO2 wieder zurück in die Atmosphäre.

Diesen natürlichen Kreislauf kann man im Sinne des Klimaschutzes unterbrechen, indem man die Biomasse, bevor sie zersetzt wird, in Pflanzenkohle verwandelt. Möglich ist das, indem man sie pyrolysiert, das heißt unter Luftabschluss bei mindestens 400 °C thermisch behandelt. Ein großer Teil des Kohlenstoffs der Pflanze wird durch diese Verkohlung in molekulare Strukturen gebunden, die über viele Jahrhunderte stabil in Böden verbleiben können und nur sehr langsam wieder freigesetzt werden.

Experten zufolge können auf diese Weise rund 30 bis 50 Prozent des in den Pflanzen enthaltenen Kohlenstoffs auf lange Zeit der Atmosphäre entzogen werden. Die Fachwelt spricht in diesem Zusammenhang auch von „negativen Emissionen“. Die Verkohlung pflanzlicher Biomassen ist damit eine wirkungsvolle und vor allem bereits umsetzbare Methode, um den menschgemachten Klimawandel nicht bloß zu mindern, sondern sogar rückgängig zu machen.

Quelle: BLE

Verwendung

Pflanzenkohle ist ein vielfältiges Material, dass in zahlreichen Anwendungen, Produkten und Materialien zur Anwendung kommen kann. In der Landwirtschaft wird sie in den Ländern, wo es rechtlich schon zulässig ist, unter anderem als Zusatz zur Herstellung von hochwertigen Komposten, als Trägerstoff für Düngemittel, zur Güllebehandlung sowie in der Tierhaltung als Futtermittelzusatz und Stalleinstreu verwendet. Daneben ist sie zunehmend Bestandteil von Pflanzsubstraten, zum Beispiel für kommunale Bäume und Grünflächen oder Privatgärten. Um Pflanzenkohle im eigenen Garten einzusetzen sind in Deutschland schon zahlreiche Pflanzenkohleprodukte im Handel verfügbar.

Pflanzenkohle erfüllt ihre Funktion als Kohlenstoff-, Nährstoff- und Wasserspeicher sowie ihr Potenzial zur Förderung der biologischen Aktivität am besten im Wurzelbereich von Pflanzen. Sie sollte daher nach Möglichkeit wurzelnah in den Boden eingearbeitet werden. Würde sie nur oberflächlich ausgebracht und nicht eingearbeitet, könnte sie austrocknen und verweht werden. Dies würde außerdem dazu führen, dass Nährstoffe von der Pflanzenkohle an der Bodenoberfläche gebunden würden und somit nicht direkt pflanzenverfügbar wären.

Die Qualität der Ausgangsmaterialien spielt eine entscheidende Rolle, damit sich keine Schadstoffe im Boden anreichern. Außerdem ist darauf zu achten, dass eingesetzte Pflanzenkohleprodukte zunächst unbedingt mit Nährstoffen „aufgeladen“ werden müssen. Denn wird Pflanzenkohle unbehandelt in den Boden eingebracht, würde sie Nährstoffe und Wasser aus dem Boden aufnehmen und fixieren und könnte somit das Pflanzenwachstum hemmen.

Das Angebot an Pflanzenkohle ist derzeit (2020) noch sehr klein und die Preise recht hoch. Zukünftig wird erwartet, dass durch weitere Technologieentwicklungen und die potenzielle Verwendung alternativer Reststoffströme, die Produktionskosten von Pflanzenkohle weiter sinken und somit die Bilanz weiter verbessert wird.

Kaskadennutzung

Die momentan vielversprechendste Möglichkeit, Pflanzenkohle vor ihrer letztlichen Funktion als Bodenverbesserer wirtschaftlich und ökologisch nutzbringend zu verwenden, ist die Kaskadennutzung über die Tierhaltung. Beginnen könnte ein solcher Kaskaden-Prozess zum Beispiel, indem Pflanzenkohle der Silage beigemischt wird und auf diese Weise die Futterqualität verbessert. Untersuchungen zeigen, dass Pflanzenkohle nicht nur die Futteraufnahme der Tiere verbessert, sondern auch für einen verbesserten Verdauungsprozess sorgt. Über die Ausscheidungen der Tiere gelangt die Pflanzenkohle schließlich als hochwertiger Düngemittelträger und Bodenverbesserer auf den Acker.

Eine weitere Möglichkeit der Kaskadennutzung ist, die Pflanzenkohle der Stalleinstreu zuzusetzen. Dort bindet sie flüssige Nährstoffe und mindert die Bildung von Ammoniak. Auch die Geruchsbelastung im Stall wird dadurch verringert.

Weitere Informationen:

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