Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

Marsch

Landschaftstyp, der an flachen Gezeitenküsten und an gezeitenbeeinflussten Flussmündungen durch den Absatz von anorganischem und organischem Feinmaterial entsteht, wobei der natürliche Sedimentationsvorgang durch Maßnahmen der Landgewinnung gefördert werden kann. Durch Bodenmeliorationen können sehr fruchtbare Marschböden geschaffen werden.

Marschen liegen in etwa auf Höhe des Meeresspiegels landeinwärts des Watts und der Salzwiesen und reichen bis zur Geest, die pleistozänen Ursprungs ist. Entstehungsgeschichtlich gehören sie zu den jüngsten geologischen Formationen: Sie sind holozänen Ursprungs, also nacheiszeitlich. Wenige Dezimeter bis mehrere Meter unter dem Marschboden und flachen Meeresgebieten befinden sich glazial geformte Schichten, die denen entsprechen, die in der Geest zutage liegen.

In der Bodenkunde unterscheidet man verschiedene Bodentypen:

Die Marschen sind nicht völlig eben. Im deichnahen Bereich ist das Land der Jungen Marsch höher aufgespült und weniger gesackt ("Hochland") als weiter binnenwärts im Gebiet der Alten Marsch und der geestnahen Moormarsch, das auch Sietland ("niedrig gelegenes Land") genannt wird. Entsprechend wird auf dem Hochland Ackerbau mit anspruchsvollen Kulturpflanzen (Weizen, Gerste, Raps, Gemüse) betrieben, während in der Alten Marsch und im Sietland trotz Entwässerung das Grünland mit Bullen- und Milchviehweiden vorherrscht. Rohmarschen dienen allenfalls der Schafbeweidung.

Ausgedehnte Marschgebiete gibt es in Deutschland nicht nur direkt an der Nordsee, sondern beispielsweise auch als Flussmarschen im Gezeiten-Einflussgebiet der Tideflüsse, insbesondere der Elbe, Weser, Eider, Oste und Ems. Das Marschland der deutschen Nordseeküste bildet zusammen mit den auf niederländischer und dänischer Seite anschließenden Flächen das größte Marschgebiet weltweit. Die Längsausdehnung des Marschlandes zwischen Den Helder (NL) und Esbjerg (DK) beträgt grob 550 km. Zwar werden auch weiter im Binnenland gelegene Niederungslandschaften umgangssprachlich oft als „Marsch“ bezeichnet (oder Abwandlungen davon, z. B. Leinemasch in Hannover mit dem Maschsee), bodenkundlich und hydrologisch handelt es sich dabei aber um Auen.

Marschen gibt es auch in den Tropen. Dort sind sie unter natürlichen Bedingungen als Mangrovenwälder ausgebildet.

Begriff

Während der Begriff in Deutschland fast ausschließlich auf die besiedelte Kulturlandschaft verweist, werden seine sprachlichen Gegenstücke in anderen europäischen Sprachen eher benutzt, um unbesiedelte Feuchtgebiete mit Sümpfen, Bruchwäldern oder Salzwiesen anzudeuten. Die deutsche Terminologie wurde weitgehend in Skandinavien und Tschechien, jedoch nur teilweise im Baltikum und in Osteuropa übernommen. In den Niederlanden und Belgien werden dagegen Begriffe wie Kleibezirke und Polderland verwendet. Auch die Flussmarschen der Weichsel, Memel und des Rhein-Maas-Deltas sowie das Binnendelta des Oderbruchs werden gelegentlich als Marschland betrachtet. Es wird zwischen Seemarschen, Moormarschen, Flussmarschen, Flussauen, Salzwiesen, Taigawiesen, trockengelegten Seen (Polder) und Lagunen (bzw. Haffs und Limane) unterschieden. Die niedrigen Moormarschen, auch Sietland genannt, werden in den Niederlanden zu den Moorlandschaften gerechnet.

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