Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

gentechnisch veränderte Organismen (GVO)

Gentechnisch veränderte Organismen sind entsprechend der Richtlinie 2001/18/EG des europäischen Parlaments und des Rates vom 12. März 2001 (Freisetzungsrichtlinie) definiert. Danach handelt es sich um biologische Einheiten (Einzeller, Tiere oder Pflanzen) mit Ausnahme des Menschen, deren genetisches Material so verändert wurde, wie es auf natürliche Weise durch Kreuzen und/oder natürliche Rekombination nicht möglich wäre.

Die genetischen Veränderungen kann man mit verschiedenen Techniken herbeiführen: durch gezieltes Abschalten einzelner Gene oder durch den Einbau von arteigenen oder artfremden Genen. Letzteres ist mit DNS-Rekombinationstechniken möglich oder durch direktes Einführen von Erbgut fremder Arten, Zellfusion oder Hybridisierungsverfahren. Der Vorgang der Veränderung wird auch als genetic engineering bezeichnet.

Bei gentechnisch veränderten Organismen, mit denen der Verbraucher in Berührung kommt, handelt es sich ausschließlich um Pflanzen, die genetisch verändert wurden, um sie entweder toleranter gegenüber Pflanzenschutzmitteln oder widerstandsfähiger gegen Schadinsekten zu machen. Lebens- und Futtermittel, die gentechnisch veränderte Organismen enthalten oder aus ihnen hergestellt wurden, sind nach EU-Recht zu kennzeichnen.

Zum Nachweis gentechnisch veränderter Organismen in Lebens- und Futtermitteln gibt es verschiedene zugelassene Methoden, die in der Regel auf dem molekularbiologischen Prinzip der Polymerasekettenreaktion (PCR) beruhen.

Transgene Nutzpflanzen haben seit ihrer Erstzulassung im Jahr 1996 weltweit rapide an Bedeutung gewonnen und wurden 2009 in 25 Ländern auf 134 Millionen Hektar (ca. 9 % der globalen Landwirtschaftsfläche) angebaut. 2017 waren es nach Angaben der ISAA bereits 189,8 Mio ha. Die GV-Pflanzen wurden in diesem Jahr in 24 Ländern (19 EWL, 5 IL) kultiviert. Hinzu kommen 43 weitere Länder, die Ernteprodukte von gv-Pflanzen als Lebens- und Futtermittel importieren.

Dabei handelt es sich insbesondere um Pflanzen, die aufgrund von gentechnischen Veränderungen tolerant gegenüber Pflanzenschutzmitteln oder giftig für bestimmte Schadinsekten sind.

Gentechnisch veränderte Zierpflanzen wie die blaue Rose haben einen geringen Marktanteil.

GV-Pflanzen: Anbauflächen weltweit nach Pflanzen 1996-2017 in Mio. Hektar
GV-Pflanzen: Anbauflächen weltweit 1996-2015 in Mio. Hektar

Quelle: transGEN

Transgene Tiere wurden zunächst für Forschungsarbeiten hergestellt, um die Funktion von Genen zu untersuchen. Hierbei wurden verschiedene Tierarten eingesetzt, die sich für die Analyse biologischer Prozesse besonders eignen. So werden zum Beispiel niedere Organismen wie die Hydra als Modellorganismus eingesetzt, da viele der Gene, die auch im menschlichen Körper für die Entwicklung und auch zur Abwehr von Krankheiten wichtig sind, bei diesem Organismus vorkommen. Transgene Hydren erlauben daher Funktionsuntersuchungen, die in komplizierten Organismen und auch beim Menschen nicht so leicht möglich sind.

Basierend auf diesen Grundlagenforschungen wurden in der Folge auch Genveränderungen an Nutztieren vorgenommen, um deren Eigenschaften für eine bessere Nutzung zu erhöhen.

GV-Pflanzen: Anbauflächen nach Staaten 1996-2017 in Mio. Hektar
GV-Pflanzen 2015: Anbauflächen gehen leicht auf 179 Mio. Hektar zurück

Quelle: transGEN

Der Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen hat 2017 erneut zugenommen. Weltweit sind deren Flächen auf 189,8 Millionen Hektar angestiegen, gegenüber dem Vorjahr ein leichtes Plus von drei Prozent. Die wichtigsten Länder, die gv-Pflanzen landwirtschaftlich nutzen sind USA, Brasilien, Argentinien, Kanada und Indien. Auf sie entfallen etwa 95 Prozent des globalen GVO-Anbaus.

Hinzu komm China, das sich wie Indien bisher jedoch auf eine Kulturart – Baumwolle – beschränkt, sowie zahlreiche Länder mit sehr viel kleineren Flächen. In Europa sind nur noch Spanien und Portugal als Anbauländer übrig geblieben.

Auch die Kulturarten, bei denen gv-Sorten ausgesät werden, sind die gleichen geblieben: Sojabohnen, Mais, Baumwolle und Raps. Inzwischen sind – mit großen Abstand – noch Zuckerrüben und Alfalfa (Luzerne) hinzugekommen. Einige der frühen Entwicklungen wie die berühmte Anti-Matsch-Tomate oder die ersten gv-Kartoffeln sind längst wieder vom Markt verschwunden, fortgeschrittene Entwicklungsprojekte etwa bei Weizen, Weintrauben oder Pflaumen wurden bereits vor einer möglichen Markteinführung eingestellt.

Neben Soja, Mais, Baumwolle und Raps werden inzwischen weitere gv-Pflanzen kommerziell angebaut: In den USA gv-Zuckerrüben (458.000 ha) und die ausschließlich als Tierfutter verwendete gv-Alfalfa (Luzerne) (1,23 Mio. ha), dazu nicht-bräunende Innate-Kartoffeln (3.000 ha) und auf jeweils tausend Hektar gv-Apfelbäume, gv-Papaya auf Hawaii und gv-Squash (Zucchini). In Pakistan hat sich der Anbau von Bt-Auberginen (2.400 ha) etabliert. Neu sind gv-Ananas (Pink Pinapple) auf 25 Hektar in Costa Rica.

Bei den gentechnisch neu eingeführten Eigenschaften ist es im Wesentlichen bei zwei Merkmalen geblieben: Resistenz gegen Schadinsekten (Bt-Pflanzen) sowie Toleranz gegenüber Herbiziden, wenn auch in verschiedenen Varianten und Kombinationen. Nachgefragt wurden zunehmend gv-Pflanzen mit kombinierten Merkmalen, die sowohl gegenüber unterschiedlichen Herbizid-Wirkstoffen resistent sind, als auch Abwehrstoffe gegen verschiedene Schadinsekten (Bt-Protein) bilden. Auf solche Stacked Genes-Sorten entfielen 41 Prozent aller weltweit angebauten gv-Pflanzen, ein Plus von drei Prozent.

Andere Merkmale - etwa Gene für Virusresistenzen, Trockentoleranz, veränderte Inhaltsstoffe und Produkteigenschaften – sind inzwischen zwar auch erfolgreich übertragen worden, doch die Flächen mit diesen gv-Pflanzen fallen bisher im Vergleich zu denen der großen Cash Crops kaum ins Gewicht. (transGEN)

Seit 1996 in den USA die weltweit ersten gv-Nutzpflanzen zugelassen wurden, blieb es auch das das Land mit der größten Anbaufläche für solche Pflanzen.

Die Landwirte in den USA haben durch gentechnisch veränderte Nutzpflanzen wirtschaftlich profitiert, obwohl sie deutlich mehr für das Saatgut zahlen müssen als zu Beginn der 2000er Jahre. Der Verbrauch von Insektiziden vor allem bei Mais und Baumwolle ist seitdem stark zurück gegangen. Dagegen nimmt der Einsatz von Herbiziden wieder zu, weil viele Unkräuter inzwischen resistent geworden sind. Das geht aus einem 2014 veröffentlichten Bericht des US-Landwirtschaftsministeriums (USDA) hervor, für den die Erfahrungen mit gv-Pflanzen ausgewertet wurden.

Weltweit konzentriert sich die landwirtschaftliche Nutzung der Gentechnik auf fünf Kulturarten: Sojabohnen, Mais, Baumwolle, Raps und Zuckerrüben. Darüber hinaus gibt es in geringerem Umfang z. B. den Anbau von Kartoffeln, Papaya, Kürbissen und Luzerne. Die wichtigsten Erzeuger sind die USA, Argentinien, Brasilien, Indien, China und Kanada.

In der EU dürfen gentechnisch veränderte Lebens- und Futtermittel nicht ohne Zulassung in Verkehr gebracht werden. Deshalb ist die Einfuhr aus Drittstaaten in die EU nur für die gentechnisch veränderten Nutzpflanzen erlaubt, für die es eine der derzeit rund 50 Zulassungen gibt. Dabei handelt es sich um verschiedene Mais-, Baumwolle-, Soja- und Rapssorten sowie eine Zuckerrübensorte. Teilweise erfolgt die Zulassung mit Einschränkungen im Hinblick auf die Verwendung, einige der Pflanzen dürfen zum Beispiel nur in Form von Öl, Stärke oder Glukose in Verkehr gebracht werden.

Globale Situation
der kommerziell genutzten Biotech/GV-Pflanzen 2017
Globale Situation der kommerziell genutzten Biotech/GV-Pflanzen 2017

Quelle: ISAAA

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