Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

gentechnisches Freilandexperiment

Der (erste) Anbau einer genetisch gezielt veränderten Kulturpflanze außerhalb von Labors und Gewächshäusern unter landwirtschaftlichen Bedingungen. Gentechnische Freilandexperimente und das Inverkehrbringen gentechnisch veränderter Organismen müssen seit Juli 1990 nach dem Gentechnikgesetz vom Robert-Koch-Institut (eine Nachfolgebehörde des Bundesgesundheitsamtes) genehmigt werden. Ebenso wirken die Biologische Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft bzw. die Bundesforschungsanstalt für Viruskrankheiten der Tiere bei den Genehmigungsverfahren mit. Freisetzungsversuche sind stets zeitlich und räumlich begrenzt und mit Auflagen verbunden. Dadurch soll die Verbreitung lebensfähiger, gentechnisch veränderter Organismen weitestgehend eingeschränkt bzw. verhindert werden.

Weltweit sind bis 1996 ca. 6.000 Freilandversuche mit gentechnisch veränderten Organismen durchgeführt worden, davon rd. 2.500 in den USA. In der EU wurden insgesamt rd. 600 Freisetzungen notifiziert, davon 42 in Deutschland. Es handelt sich dabei durchweg um landwirtschaftliche Kulturpflanzen, auf die Krankheits-, Schadinsekten- und Herbizidresistenzen, Veränderungen bezüglich der Zusammensetzung der Inhaltsstoffe sowie männliche Sterilität (bedeutsam für die Erzeugung von Hybridsaatgut) übertragen wurden.

In der EU sind bis Mitte 1995 zwei gentechnisch veränderte Lebendimpfstoffe für Tiere sowie gentechnisch hergestellte herbizidresistente Tabakpflanzen für das Inverkehrbringen zugelassen worden. In den USA haben seit Mitte 1994 eine gentechnisch veränderte Tomatensorte (Flavr-Savr) und 1995 weitere gentechnisch veränderte pflanzliche Produkte (drei weitere Tomatenlinien, Kürbis-, Baumwoll-, Kartoffel- und Sojabohnensorten) die Marktzulassung erreicht. Für das Jahr 1998 rechnet man mit einem 40 %-igen Anteil von Sojabohnen aus gentechnischem Saatgut an der gesamten US-amerikanischen Sojabohnenernte.

Freisetzungen gentechnisch veränderter Pflanzen in Deutschland
Freisetzungen gentechnisch veränderter Pflanzen in Deutschland

Quelle: transGEN

Zwischen 1990 und 2015 wurden etwa 200 Freisetzungsanträge vom heutigen Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit genehmigt. Die Antragsteller waren zur Hälfte öffentliche Forschungsinstitutionen und Universitäten. Tatsächlich durchgeführt wurden in den 25 Jahren an die 1200 Freisetzungen. Beantragt und genehmigt wurden noch sehr viel mehr. Es betraf fast 300 verschiedene Standorte. Nur etwa ein Viertel der genehmigten Freisetzungen wurde auch tatsächlich durchgeführt. Das liegt vor allem daran, dass die Unternehmen oft sehr viele Standorte vorsorglich nachgemeldet haben, um gv-Pflanzen unter verschiedenen klimatischen Bedingungen zu testen und die für das Zulassungsverfahren erforderlichen Daten zu ermitteln.

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