Weltnaturerbe
Im Sinne des UNESCO-Übereinkommen zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt von 1972 gelten als "Naturerbe"
- Naturgebilde, die aus physikalischen und biologischen Erscheinungsformen oder -gruppen bestehen, welche aus ästhetischen oder wissenschaftlichen Gründen von außergewöhnlichem universellem Wert sind;
- geologische und physiographische Erscheinungsformen und genau abgegrenzte Gebiete, die den Lebensraum für bedrohte Pflanzen- und Tierarten bilden, welche aus wissenschaftlichen Gründen oder ihrer Erhaltung wegen von außergewöhnlichem universellem Wert sind;
- Naturstätten oder genau abgegrenzte Naturgebiete, die aus wissenschaftlichen Gründen oder ihrer Erhaltung oder natürlichen Schönheit wegen von außergewöhnlichem universellem Wert sind.
Bedeutung von Kultur- und Naturerbe in der Landwirtschaft
Landwirtschaft hat über Jahrhunderte die Entstehung vielfältiger Kulturlandschaften ermöglicht, indem durch Ackerbau und Weidewirtschaft offene Flächen geschaffen wurden, die Lebensräume für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten bieten. Viele dieser Flächen sind heute nur noch in dieser Form dank gezielter Bewirtschaftung erhalten.
Kulturerbe umfasst die materiellen und immateriellen Zeugnisse menschlicher Aktivitäten, die über Generationen weitergegeben werden. Dazu gehören traditionelle landwirtschaftliche Praktiken, landwirtschaftlich geprägte Landschaften, historische Gebäude wie Bauernhöfe und Mühlen, sowie Bräuche, Feste und kulinarische Traditionen, die mit der Landwirtschaft verbunden sind.
Naturerbe bezieht sich auf die biologische Vielfalt, Ökosysteme, geologische und geomorphologische Formationen und Landschaften, die einen hohen Naturwert haben. Landwirtschaft beeinflusst dieses Erbe direkt durch die Bewirtschaftung des Landes.
Schnittstellen zwischen Landwirtschaft und Erbe
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Landwirtschaftlich geprägte Landschaften: Viele Kulturlandschaften, die heute als wertvolles Erbe gelten, sind das Ergebnis jahrhundertelanger landwirtschaftlicher Tätigkeit. Dazu gehören Terrassenfelder, Heckenlandschaften oder Streuobstwiesen. Sie sind nicht nur landschaftlich schön, sondern auch Lebensraum für viele Tier- und Pflanzenarten.
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Biodiversität: Traditionelle Landwirtschaftsmethoden, wie der Anbau alter Getreidesorten oder die Haltung seltener Nutztierrassen, tragen zum Erhalt der genetischen Vielfalt bei. Diese Arten sind oft besser an lokale Bedingungen angepasst und widerstandsfähiger gegen Krankheiten.
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Traditionelles Wissen: Das Wissen über Anbauzyklen, Bodenbearbeitung oder Wetterprognosen, das über Generationen von Landwirten gesammelt wurde, ist ein wichtiger Teil des immateriellen Kulturerbes. Der Verlust dieser Praktiken würde auch den Verlust dieses Wissens bedeuten.
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Kulinarisches Erbe: Regionale Spezialitäten und Gerichte sind untrennbar mit den Produkten der lokalen Landwirtschaft verbunden. Die Bewahrung dieser Produkte, wie bestimmte Käsesorten, Weine oder Brote, ist ein wichtiger Aspekt des Kulturerbes.
Herausforderungen und Chancen
Die moderne, industrialisierte Landwirtschaft kann das Kultur- und Naturerbe bedrohen, indem sie Monokulturen fördert, die Biodiversität verringert und traditionelle Landschaften verändert. Gleichzeitig gibt es jedoch auch Chancen:
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Nachhaltige Landwirtschaft: Ansätze wie die ökologische Landwirtschaft oder Agroforstwirtschaft können dazu beitragen, das Naturerbe zu schützen und gleichzeitig die Landwirtschaft produktiver zu gestalten.
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Agrotourismus: Landwirtschaftliche Betriebe können durch ländlichen Tourismus Einnahmen generieren und gleichzeitig das kulturelle Erbe erlebbar machen. Besucher können traditionelle Praktiken kennenlernen und lokale Produkte probieren.
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Schutzprogramme: Viele Länder haben Programme, die den Erhalt von Kulturlandschaften, alten Nutztierrassen und traditionellen Anbaumethoden finanziell unterstützen.
Die Landwirtschaft ist also nicht nur ein Wirtschaftszweig, sondern ein integraler Bestandteil unseres kulturellen und natürlichen Erbes, dessen Schutz für die Bewahrung unserer Identität und unserer Umwelt von entscheidender Bedeutung ist.
Kulturerbe und Landwirtschaft: Beispiele
- Alpwirtschaft im Allgäu: Die hochalpine Alpwirtschaft ist ein lebendiges Beispiel für Kulturerbe, das traditionelles Wissen und Bewirtschaftungstechniken mit Artenvielfalt und charakteristischem Landschaftsbild verbindet.
- Traditionelle Wiesenbewässerung: Diese Technik, bei der Felder durch Fluss- und Kanalwasser bewässert werden, ist von der UNESCO als immaterielles Kulturerbe anerkannt und trägt zur Biodiversität bei.
- Heumilchwirtschaft: In Österreich wurde die traditionelle Heumilchwirtschaft als Weltkulturerbe ausgezeichnet, da sie die komplexen Beziehungen zwischen Mensch und Natur und den Erhalt artenreicher Wiesen demonstriert.
Wechselwirkungen und Herausforderungen
- Biologische Vielfalt und Kulturlandschaft sind Ergebnisse traditioneller Nutzung, aber die Intensivierung der Landwirtschaft gefährdet diese Werte zunehmend durch Vereinheitlichung und Rückgang von Arten.
- Schutzkonzepte wie Natura 2000 und regionale Landschaftspflegeverbände helfen, Kulturlandschaften und Naturerbe mit nachhaltiger Landwirtschaft zu verbinden.
- Kulturlandschaften sind selten ursprüngliche Natur, sondern anthropogen geprägte Räume, deren Schutz auch Kultur- und Wissenstransfer umfasst.
Weitere Informationen:
- Weltkulturerbe, Weltnaturerbe (ARL)
- UNESCO-Kultur- und -Naturerbe (Wikipedia)
- Globally Important Agricultural Heritage Systems (GIAHS)