Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

Pseudogley

Der Pseudogley gehört zusammen mit dem Stagnogley zur Klasse der Stauwasserböden (bzw. Stagnosole). Im Gegensatz zu dem vom Grundwasser beeinflussten Gley handelt es sich beim Pseudogley um einen durch Staunässe (S) geprägten Boden mit einem jahreszeitlich bedingten Wechsel von Vernässung und Austrocknung. Typische Pseudogleye weisen unter dem Ah- einen gebleichten durchlässigen Sw-Horizont auf, auf den ein dichter Sd-Horizont folgt.

Eigenschaften

Im Pseudogley kann Niederschlagswasser wegen eines verdichteten Untergrundes (Sd-Horizont, d von dicht) nicht oder nur unvollständig versickern. So staut sich im darüber befindlichen Wasser leitenden Bodenbereich, dem Sw-Horizont (w von Wasser leitend) das Niederschlagswasser.

Das Stauwasser führt im Oberboden zur Reduktion und Bleichung. Während der trockenen Jahreszeit verschwindet die Staunässe und die gelösten Fe- und Mn-Verbindungen fallen als Flecken oder Konkretionen aus. Entlang von Trockenrissen kann Luft tief in den Unterboden vordringen. Die so möglichen Oxidationen führen zu streifenförmigen Bleichungen, die insgesamt ein geflecktes, marmoriertes Profil ergeben.

Pseudogleye bilden sich über verschiedenste Ausgangsgesteine aus anderen Bodentypen, besonders häufig aus Parabraunerden, die durch fortgesetzte Toneinwaschung im Unterboden zur Staunässe übergehen.

Eine Besonderheit des Alpenraums und anderer Hochgebirge sind Alpine Weidepseudogleye und Alpine Pseudogleye. Durch die Trittbelastung im Bereich von Viehgangeln (Viehtreppen) wird der Boden bei feuchter Witterung durch das Weidevieh zerknetet, also völlig homogenisiert, gewissermaßen in einen strukturlosen Brei verwandelt, sodass die Trittspur als Wasserstauer fungiert. Daher kommt es zu einer Nassbleichung im Oberboden (Reduzierung und Lösung der Eisenoxide des Bodens) mit Rostbelägen in Luft führenden Wurmgängen und Wurzelkanälen.

Pseudogley in Schwabach

Pseudogley in Schwabach (By)

Der Pseudogley in Schwabach hat sich aus 230 Mio. Jahre alten Flussablagerungen durch Verwitterung gebildet. Bei starken Regenfällen transportierten die Flüsse damals riesige Mengen Sand; in ruhigeren Zeiten sanken auch die feinsten Schwebstoffe als Ton oder Schlick zu Boden. So entstand im Laufe der Zeit eine Wechselfolge von Sand und wasserundurchlässigen Tonlagen. Für die Bodenbildung ist das Material – Sand, Lehm, Ton – wichtig. Das Alter des Materials spielt keine Rolle.

Pseudogleye sind oft wie eine Torte geschichtet. Dabei sind einzelne Schichten so dicht, dass das Regenwasser nicht durchdringt und sich darüber staut. Die Pflanzenwurzeln stehen dann im Nass. Umgekehrt können die Schichten bei Trockenheit das Wasser nicht lange speichern, der Boden bekommt schnell Risse, die Wurzeln fallen trocken. Dieser extreme Feuchtewechsel führt zur Umverteilung von Eisen und Mangan und ist für viele Pflanzen sehr ungünstig. Es entsteht eine typische Marmorierung.

Quelle: LfU Bayern

Verbreitung

Pseudogleye sind weit (häufig aber kleinflächig) verbreitete Böden humider Klimate und treten sowohl in den kalt- und gemäßigt-humiden Klimagebieten als auch in den wechselfeuchten Tropen und Subtropen auf.

In Deutschland findet man sie einmal in Löss- und Geschiebemergellandschaften mit Jahresniederschlägen über 700 mm, wobei sie bevorzugt die ebenen Lagen einnehmen, neben Parabraunerden an Hängen und Gleyen in Senken. In trockeneren Gebieten haben sie sich nur auf bzw. über älteren pleistozänen, stärker verlehmten und verdichteten Sedimenten entwickelt, außerdem auf Ton. In den Mittelgebirgen nehmen sie nur die tieferen Lagen ein und werden in höheren, feuchteren Positionen durch Stagnogleye vertreten.

Stauwasserboden (Pseudogley) - Vorkommen in Deutschland

Stauwasserboden (Pseudogley) - Vorkommen in Deutschland

Nach der deutschen Bodenklassifikation bezeichnet man die meisten Stauwasserböden als Pseudogleye, solche mit lang anhaltender Vernässung auch als Stagnogleye. Etwa 10 Prozent der Böden in Deutschland - das entspricht etwa der Fläche der Niederlande - sind Stauwasserböden. 

Stauwasserböden sind einzigartige Naturkörper und oft Standorte von Waldgesellschaften, die Wechselfeuchte bevorzugen, z.B. der Stieleichen-Hainbuchenwald.

Quelle: © BGR Hannover

Nutzung

Grünlandwirtschaft ist weit verbreitet, auch sind Pseudogleye gute Waldstandorte. Allerdings wurzeln z. B. Fichten bei länger andauernder Staunässe im Unterboden recht flach. Bei Sturm bietet der aufgeweichte Boden schlechten Halt. Daher sind diese Standorte zumeist stärker durch Windwurf gefährdet.

Ackernutzung ist wegen anhaltender Frühjahrsvernässung, die O2-Mangel hervorruft und frühe Bearbeitung nicht zulässt, oft erschwert.

Durch Meliorationsmaßnahmen (Drainage, Kalkung und Humuszufuhr) lässt sich die Qualität dieser Böden deutlich verbessern. Allerdings schafft Röhren- oder Grabendränung wegen starker Bindung des Wassers im Boden oft keine Abhilfe und ist im Grunde auch nicht erwünscht, weil das abgeführte Wasser in sommerlichen Trockenperioden fehlt. Empfehlenswerter ist eine Tiefenbearbeitung (Lockern oder Pflügen), weil hierbei luftführende Grobporen nicht auf Kosten des Wassers geschaffen werden. Schwierigkeiten bereitet hier allerdings das Bewahren der lockeren Lagerung, die oft durch Sackung innerhalb weniger Jahre wieder verloren geht. Die Melioration sollte daher durch den Anbau von Tiefwurzlern und bei sauren, nährstoffarmen Pseudogleyen durch Tiefenkalkung ergänzt werden, um eine erneute Verdichtung zu mindern.

Weitere Informationen:

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