Lexikon des Agrarraums

Kurt G. Baldenhofer

Zuckerrohrplantage in Australien

Honigbiene

Die Honigbienen (Apis) sind eine Gattung aus der Familie der Echten Bienen (Apidae). Haltung, Vermehrung und Züchtung von Honigbienen sowie die Produktion von Honig und weiterer Bienenprodukte ist das Betätigungsfeld der Imker.

Für die weltweite Imkerei (Bienenhaltung) hat die Westliche Honigbiene (Apis mellifera) die größte Bedeutung. Ihr ursprüngliches Verbreitungsgebiet war nur Europa, Afrika und der Nahe Osten. Da sie für die Imkerei aber große Bedeutung hat, ist sie weltweit verbreitet worden, so beispielsweise bereits im Zuge der Eroberung anderer Kontinente durch die Europäer.

In vielen asiatischen Ländern wird auch die dort ursprünglich vorkommende Östliche Honigbiene in einfachen Klotzbeuten oder Höhlungen von Mauern gehalten. Diese beiden Arten brüten im Schutz von Höhlen und konnten sich dadurch sehr weit aus den tropischen Regionen heraus in gemäßigtere Klimazonen ausbreiten, wodurch sich insbesondere bei der Westlichen Honigbiene regional verschiedene Unterarten herausgebildet haben. Eine natürliche Grenze der Besiedelung wird oft durch Gebirge oder Inseln gebildet.

Geschichte

Bienenprodukte waren bereits in der Steinzeit begehrt. Die älteste bekannte Zeichnung eines Menschen der einen Bienenstock räubert ist über 9.000 Jahre alt. Diese Form der Honignutzung ist älter als der Ackerbau. In Entwicklungsländern und bei vielen Urvölkern wird Honiggewinnung, auf deutsch "zeideln", auch heute noch in dieser Form betrieben. Schon vor ca.7.000 Jahren begann die gezielte Haltung von Bienen in Zentralanatolien. Seit 1000 v. Chr. wurden in Ägypten, wo Honig als Speise der Götter galt, Bienenkörbe benutzt. Um 800 befahl Karl der Große, Imkereien auf seinen Gütern einzurichten. Im 14. Jahrhundert entstand in Bayern die erste Imkerorganisation in Form der Zunft der Zeidler. In der Lüneburger Heide mit ihren ausgedehnten Heideflächen gab es schon im 16. Jahrhundert eine berufsmäßige Imkerei. Bis zum Beginn der Neuzeit war Imker bzw. Zeidler einer der angesehensten Berufe. Auch viele Bauern hielten sich Bienen. In den meisten deutschen Ländern gab es für einige Berufsstände (z. B. Dorfschullehrer) die Auflage Bienen zu halten, denn Wachs und Honig waren unentbehrlich. Erst mit der Entwicklung der modernden Chemie und Physik und der Kolonialwirtschaft (Rohrzucker) wurden die Bienenprodukte zurückgedrängt.

Mitte des 19. Jahrhunderts erfuhr die Imkerei durch mehrere Neuerungen eine revolutionäre Veränderung. Das war zunächst die Erfindung von beweglichen Wabenrähmchen 1853. 1858 wurde die Mittelwand aus Bienenwachs eingeführt, was den Bau von Bienenwaben beschleunigte. Die 1865 vorgestellte Honigschleuder erleichterte die Gewinnung des Honigs.

Bedeutung

Die Biene erzeugt viele hochwertige Produkte: Honig, Wachs, Propolis, Gele Royale, Bienengift. Wirtschaftlich relevanter als diese Produkte ist heute die Bestäubungsleistung der Honigbienen in der Landwirtschaft als Nebenprodukt der Imkerei. Wegen ihrer Bestäubungsleistung ist die Honigbiene nach Rind und Schwein weltweit das drittwichtigste Nutztier in der Landwirtschaft. Für die Bestäubungsleistung erhält der Imker heute in den meisten Regionen der deutschsprachigen Länder (im Gegensatz zum Beispiel zu den USA) noch keinen Gegenwert.

Durch die Bestäubung erhöhen sich sowohl der Ertrag als auch die Qualität unserer Kulturpflanzen. Etwa ein Drittel der landwirtschaftlichen Pflanzenproduktion in der Welt hängt von der Bestäubung ab. Zwischen 800 und 900 Euro beträgt der Bestäubungswert eines Bienenvolkes. Nach Schätzungen der Universität Hohenheim beträgt der ökonomische Wert der Bestäubung weltweit 70 bis 100 Milliarden Euro und in Deutschland etwa 2,5 Milliarden Euro.

Neben den klassischen Bestäubungspflanzen wie Obstbäumen und Beeren muss zusätzlich die Bestäubung von Wildpflanzen, die wiederum Nahrung zahlreicher wildlebender Tiere sind, berücksichtigt werden. So tragen die Bienen auch zur Vielfalt der Natur bei.

Noch in den Anfängen steckt bei uns die professionelle Bestäubungsimkerei. Dabei gilt das Hauptaugenmerk nicht der Honigproduktion, sondern dem Vermieten der Bienenvölker gegen Entgelt für Bestäubungsleistungen. Obwohl von der Bestäubungsleistung jeder profitiert, wird diese Leistung noch nicht entsprechend anerkannt und nur selten bezahlt. Gerade vor dem Hintergrund rückläufiger Bienenvölker wird die Bestäubungsleistung aber immer wichtiger. Anzustreben ist, den Einsatz der Bienenvölker zur Blütenbestäubung als Dienstleistung vertraglich zu regeln.

Im Ausland hat sich dieser Zweig der Imkerei bereits als "Bestäubungsindustrie" etabliert. So wird die Bestäubungsimkerei beispielsweise in den USA – mit etwa 50 Dollar Bestäubungsprämie pro Bienenvolk – zur Erzeugung von Luzerne und in Skandinavien für Rotklee betrieben. Mit dieser indirekten Nutzung der Bienen erwirtschaften manche Imker im Ausland bereits ihr Haupteinkommen. Laut deutschem Imkerbund hängen rund 85 Prozent der landwirtschaftlichen Erträge in Deutschland von der Bestäubung der Honigbienen ab. Aber nicht nur die Quantität, sondern auch die Qualität wie Form, Zucker- und Säuregehalt, Keimfähigkeit sowie Lagerfähigkeit der Früchte, wird durch die Bestäubung gesteigert. Der volkswirtschaftliche Nutzen der Bestäubungsleistung ist enorm und übersteigt den Wert der Honigproduktion um das 10- bis 15-fache.

Zu den wichtigsten insektenbestäubten Nutzpflanzen gehören Obstbäume, Raps, Sonnenblumen, Erbsen, Bohnen, Paprika, Tomaten, Gewürzkräuter, Wein und Getreide. Forschungsergebnisse an der Universität Wien brachten eine Ertragssteigerung von 50 Prozent bei einer Aufstellung von Bienenstöcken in der Nähe eines Rapsfeldes.

Neonicotinoide

Verschiedene Studien belegen, dass auch kleine Mengen von Neonicotinoiden – also solche, die die Tiere nicht direkt töten – den Bienen schaden: Diese systemischen Pflanzenschutzmittel können zu einer Beeinträchtigung der Gehirnprozesse der Bienen führen und damit ihre Kommunikation und Orientierungsfähigkeit einschränken. Mit dem Resultat, dass die Tiere weniger Pollen sammeln und länger für die Rückkehr zum Bienenstock benötigen.

Der zuständige EU-Ausschuss sprach sich Ende April 2018 für den Vorschlag der Europäischen Kommission aus, den Einsatz von Neonicotinoiden auf Äckern zu verbieten und auf Gewächshäuser zu beschränken.

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